Schöne neue dokumentierte Schülerwelt

Haus­auf­ga­ben? Samm­le ich oft mit pseud­ony­mi­sier­ten und nicht öffent­li­chen Blogs ein. Das hat ent­schei­den­de Vorteile:

  • Ich weiß schon am Abend vor­her, wel­che Feh­ler­schwer­punk­te in der Lern­grup­pe auf­tre­ten und kann für die Stun­de gezielt Übungs­ma­te­ri­al zusammenstellen.
  • Durch das Blog bin ich nicht an Datei­for­ma­te gebun­den und kann quer­le­sen – end­lich kein x‑faches Gekli­cke mehr in der Hoff­nung, dass mei­ne Text­ver­ar­bei­tung das aktu­el­le Micro­soft­for­mat frisst.
  • Durch den Bei­trags­zäh­ler bei den Autoren­na­men weiß ich ganz genau, wer in wel­chem Umfang gear­bei­tet, bzw. die Haus­auf­ga­be über­haupt erle­digt hat.
  • Gera­de für stil­le­re SuS ist von Vor­teil, dass ihre Leis­tun­gen doku­men­tiert sind und für die Beno­tung der „sons­ti­gen Leis­tung“ mit her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen. So wird nie­mand dafür „bestraft“ im Unter­richt still zu sein.
  • Durch die Sor­tie­rung nach Autoren ent­ste­hen nach und nach Port­fo­li­os, die auch dabei hel­fen, SuS Ent­wick­lun­gen in ihren Schreib­fer­tig­kei­ten aufzuzeigen.

Herr Riecken, zu Ihrer Blog­ge­rei mit uns, muss ich Ihnen mal ein paar Din­ge sagen. Immer wenn ich eine Haus­auf­ga­be inner­halb des Blogs erle­di­ge, füh­le ich mich genö­tigt, das beson­ders zeit­auf­wen­dig und gut zu machen, weil es eben für immer und ewig dort ste­hen­bleibt. Das kos­tet mich Zeit und ist im Ver­gleich zum nor­ma­len Heft ein­fach unglaub­lich auf­wän­dig. Außer­dem wer­de ich ja immer „erwischt“, wenn ich etwas nicht erle­digt habe. In einer nor­ma­len Unter­richts­stun­de kann ich hof­fen, ein­fach nicht dran­zu­kom­men – es gibt neben den gan­zen Haus­auf­ga­ben schließ­lich immer noch sowas wie ein Leben – gera­de in Zei­ten von G8. Zu die­ser gan­zen Port­fo­lio- und „Sons­ti­ge Leistungen“-Geschichte: Machen Sie das mit allen Ihren SuS? Um Klau­su­ren zu kor­ri­gie­ren, brau­che Sie doch jetzt schon eher Wochen als Tage. Sie schau­en sich ernst­haft für alle Ihre Schü­lern­nen und Schü­ler die „Schreib­ent­wick­lung“ an? Hal­lo? Wachen Sie mal auf und kom­men Sie in der Rea­li­tät an. Krie­gen Sie mal Ihre täg­li­che Ver­wal­tungs­ar­beit in den Griff, bevor Sie hier Ihr Traum­tän­zer­zeug mit uns machen!

Hin­weis: Die­se Äuße­rung ist fik­tiv und erdacht!

Also die­se Lern­platt­for­men – ein­fach Klas­se. Was da alles mit mög­lich wird! Wenn man ein rich­ti­ges Kon­zept besitzt, dann…

  • kön­nen wir von der Grund­schu­le an für die wei­te­re Schul­lauf­bahn doku­men­tie­ren, wel­che Inhal­te schon behan­delt wor­den sind.
  • erhal­te ich durch stan­dar­di­sier­te Test­auf­ga­ben indi­vi­dua­lier­te Rück­mel­dun­gen zu den Stär­ken und Schwä­chen der ein­zel­nen Schü­le­rin­nen und Schüler
  • kann ich explo­ra­ti­ves Ver­hal­ten im Netz (Chat, Blog, Wiki usw.) in einem Schutz­raum ent­wi­ckeln, das ist gera­de für jün­ge­re SuS wichtig.
  • ent­steht struk­tu­riert über die Jah­re ein Port­fo­lio, wel­ches mir hilft, auf indi­vi­du­el­le Ent­wick­lun­gen einzugehen
  • wer­den durch die Arbeit in der Platt­form alle Mit­glie­der einer Lern­grup­pe glei­cher­ma­ßen akti­viert, da ja alle arbei­ten und nie­mand sich ent­zie­hen kann.

Herr Riecken – haben Sie sich eigent­lich schon­mal gefragt, ob ich stän­dig „akti­viert“ sein will? Also wenn alle LuL mit Ihrem Ansatz arbei­ten, bin ich nach 90 Minu­ten echt durch mit der Welt. Soviel „Akti­vie­rung“ hält doch nie­mand über einen Schul­tag aus. Kann ich bei der Arbeit mit einer Lern­platt­form aus dem Fens­ter schau­en? Kann ich auch mal „abschal­ten“, ohne dass das gleich „doku­men­tiert“ wird, weil mein Text viel­leicht im Ver­gleich zu ande­ren viel zu kurz ist? Außer­dem schä­me ich mich manch­mal auch mei­ner Pro­duk­te: Ich kann es ein­fach nicht bes­ser und es hilft mir dann nicht, dass ich zum xten-Mal sehe, dass Jose­phi­ne schon wie­der den Vogel mit ihrem Pro­dukt abge­schos­sen hat. Mei­nen Wer­de­gang in einer Lern­platt­form doku­men­tie­ren, damit Sie wis­sen, was ich schon alles gemacht habe? Ich will nicht, dass Sie das wis­sen. Und wis­sen Sie auch war­um? Nur weil da steht, dass schon etwas behan­delt wor­den ist, ist es doch noch lan­ge nicht von mir ver­stan­den wor­den. Ich will, dass Sie es mir noch ein­mal erklä­ren – nicht weil Sie lesen, dass z.B. mei­ne Berich­te schon immer gro­ßer Mist waren, son­dern weil Sie mein ehr­lich fra­gen­des Gesicht im Unter­richt sehen. Ich will, dass Sie mich sehen und nicht mei­ne „Sta­tis­ti­ken“ und „Klick­ra­ten“ und „Besuchs- und Bear­bei­tungs­zei­ten. Auf die­ses E‑Learningzeug habe ich oft genau­so wenig Bock wie auf die­se blö­den Lek­tü­ren. Bei­des ist halt Schu­le – nur eben ein­mal Schu­le auf dem Com­pu­ter. Mei­nen Sie, dass ich das nicht sehr bald raffe?

Hin­weis: Die­se Äuße­rung ist fik­tiv und erdacht!

Und raus aus der lite­ra­ri­sche Auf­ar­bei­tung des Themas:

  • Wie vie­le Stim­men von Ler­nen­den höre wir, wenn wir über Blogs, Wikis und Lern­platt­for­men in z.B. Fach­fo­ren diskutieren?
  • Wel­che Inter­es­sen haben wir und wel­che Inter­es­sen haben die Lernenden?
  • Wie bewäl­ti­gen wir unse­ren Anspruch, z.B. den Auf­bau, die Beglei­tung und die Bewer­tung von Portfolios?
  • Wie kön­nen wir unse­ren Ansprü­chen, die wir im Kon­text von Blog‑, Wiki- und Lern­platt­form­ar­beit im Kon­text des bestehen­den Sys­tems genügen?
  • Mit wel­chem Ein­druck ver­las­sen Ler­nen­de unse­re Lern­grup­pen nach der Web2.0‑Arbeit?
  • Wie bekom­men wir den „Mehr­wert“ auch für die meis­ten Ler­nen­den transportiert?
  • Wel­che Inter­es­sen und Moti­va­ti­on lei­ten uns neben dem Wil­len nach qua­li­ta­ti­ver Ver­bes­se­rung von Unterricht?
  • Wel­che „heim­li­chen“ Hoff­nun­gen gibt es bei uns in die­sem Kontext?

iOS, Android oder Windows8?

Ich habe ein Luxus­pro­blem. Wir als Schu­le und ich als Bera­ter ste­hen jetzt all­mäh­lich vor der Fra­ge der End­ge­rä­te. Tablets wür­den z.B. bei uns in der Schu­le nicht in einen luft­lee­ren Raum fal­len, son­dern sich in ein vor­han­de­nes Netz inte­grie­ren müs­sen. Das ist ein wesent­li­cher Unter­schied zu ande­ren Schu­len, die so etwas gar nicht oder nur sehr rudi­men­tär besit­zen und daher zwin­gend auf das Netz der Net­ze ange­wie­sen (UMTS/LTE) sind oder sich inner­halb von Klas­sen­räu­men eige­ne, meist App­lenet­ze bau­en müs­sen. Unser Netz ist schul­weit ange­legt und ver­füg­bar. Jeder an der Schu­le bei uns besitzt:

  1. Einen eige­nen Ord­ner, der aus dem Schul­netz oder auch über das Inter­net über eine Viel­zahl von Pro­to­kol­len lesend und schrei­bend zugäng­lich ist
  2. Zugriff auf gemein­sa­me Verzeichnisse
  3. Eine voll­wer­ti­ge E‑Mailadresse
  4. Zugriff auf meh­re­re Netz­dru­cker (Man kann sogar von zu Hau­se aus drucken…)
  5. Zugriff auf ein flä­chen­de­cken­des WLAN in der Schu­le (bald mit Captiveportal)
  6. Bald Zugriff auf einen Strea­ming­ser­ver (Fil­me und Audio­da­tei­en aus dem Mer­lin­pro­jekt aufs End­ge­rät streamen)
  7. […]

Es gibt Berei­che, die sind für die aller­meis­ten Lehr­kräf­te Magie – dazu gehört das gera­de ent­ste­hen­de Cap­tiv­e­por­tal zur WLAN-Nut­zung oder die WLAN-Rou­ter mit bald WPA2-Enter­pri­se und DD-WRT mit ihrer zen­tra­len Steue­rung (das könn­te man aber auch „bedien­bar“ für fast jeden für teu­res Geld ein­kau­fen). Der größ­te Bereich ist nicht „magic“, son­dern wür­de auch noch lau­fen, wenn „Maik mor­gen vom Bus über­fah­ren wird“ – wie ein Kol­le­ge immer ger­ne argu­men­ta­tiv in Feld führt. Das liegt dar­an, dass wesent­li­che Dienst­leis­tun­gen hier extern ein­ge­kaut werden.

Das Netz wird genutzt und die Nut­zung steigt kräf­tig – wie das Moni­to­ring zeigt. Aber auch Art und Umfang der an mich gerich­te­ten Anfra­gen geben einen guten Ein­blick dar­in, was tat­säch­lich alles schon gemacht wird – vie­les wäre noch vor einem hal­ben Jahr völ­lig undenk­bar gewesen.

Kurz gefasst: Das Fun­da­ment steht – vie­le Schu­len fan­gen ja eher mit dem Dach an (End­ge­rä­te). Die Ent­schei­dung für End­ge­rä­te steht bei uns aber jetzt defi­ni­tiv an. Das ist ein gro­ßes Pro­blem für mich, weil End­ge­rä­te sehr teu­er im Ver­gleich zu Netz­werk­ge­rä­ten sind. Unse­re Netz­kom­po­nen­ten kos­ten umge­rech­net auf die Schü­ler­zahl lächer­lich wenig.

1:1 Aus­stat­tung ist bei uns zur­zeit kein The­ma. Dazu muss noch sehr viel in Fort­bil­dung und Akzep­tanz inves­tiert werden.

Ich „ver­mark­te“ unser Netz bewusst nicht, indem ich über sozia­le Netz­wer­ke jede Neue­rung bekannt­ge­be. Ich möch­te dafür erst noch mehr Res­sour­cen in die Qua­li­fi­ka­ti­on aller Betei­lig­ten ste­cken. Oft kommt sonst nur her­aus, dass bis­her Ana­lo­ges jetzt ein­fach digi­ta­li­siert wird. Das ist für mich(!) z.B. dann der Fall, wenn Arbeits­blät­ter ohne kol­la­bo­ra­ti­ve Funk­tio­nen ein­fach 1:1 auf einem Tablet abge­bil­det sind und der Mehr­wert eigent­lich nur dar­in besteht, dass das Ergeb­nis pro­je­zier­bar ist – das geht auch mit Foli­en und Doku­men­ten­ka­me­ras. Wei­ter­hin ist unse­re Schu­le mit ihrem Netz in Nie­der­sach­sen gar nicht so etwas Beson­de­res – da gibt es eini­ge mehr, die da sogar noch wei­ter sind. Die Mehr­heit der Schu­len hat aber auch deut­lich(!) weniger.

Die Lage

Die Edu­sze­ne ist sich nahe­zu welt­weit einig, dass iOS-Gerä­te (iPad, iPho­ne) der didak­ti­sche Befrei­ungs­schlag schlecht­hin sind. Leich­te Bedien­bar­keit, her­vor­ra­gen­de Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät, brei­te App-Aus­wahl, vie­le Expe­ri­men­te und Erfah­run­gen im Unter­richt sind Plus­punk­te, die App­le­pro­duk­te aus­zeich­nen. Stolz sieht man Klas­se um Klas­se iPads auf Pres­se­fo­tos  in die Höhe hal­ten. Für Schu­len, die noch kein eige­nes Netz besit­zen, ist die App­le­welt nach mei­ner Mei­nung das Mit­tel der Wahl – zumin­dest momen­tan. Aber einer gewis­sen Grö­ße und je nach Anfor­de­run­gen kann es aber auch hier pro­ble­ma­tisch werden.

Weit im All­tag ver­brei­tet sind Andro­id­ge­rä­te. Mitt­ler­wei­le ist das Bedien­kon­zept eigent­lich ganz brauch­bar, es gibt ver­nünf­ti­ge Gerä­te am Markt und auch die App-Aus­wahl kann sich mehr und mehr sehen las­sen. Aus dem Bil­dungs­be­reich liest man wenig über Android. Andro­ids bewe­gen sich sehr sicher im Netz, da sie sehr gut mit den dort übli­chen Stan­dards (CSS, Flash, HTML5) zurecht­kom­men – kein Wun­der, bestimmt doch Tan­te Goog­le als größ­ter Play­er auf die­sen Ter­rain kräf­tig mit. Mich als Tech­ni­ker nervt die Update­po­li­tik bei Android – u.U. ist man gezwun­gen mit einem Gerät zu arbei­ten, was nach weni­gen Mona­ten vol­ler Sicher­heits­lü­cken ist – in gro­ßen Net­zen möch­te man sowas als Admi­nis­tra­tor eher nicht sehen – das dürf­te auch der Grund dafür sein, dass Android bis­her nur im Con­su­mer­be­reich nen­nens­wert Fuß fas­sen konnte.

Mit Windows8 gibt es hin­ge­gen im Edu­be­reich kei­ne Erfah­run­gen – weder mit der Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät von Gerä­ten, noch mit dem zuge­ge­be­ner­ma­ßen sehr gewöh­nungs­be­dürf­ti­gen Bedien­kon­zept, was Fir­men bei Neu­ge­rä­ten mit Windows8 schon zu Down­gra­de­li­zen­zen auf den Vor­gän­ger Windows7 treibt. Haupt­ar­gu­ment: Mit einer Table­tober­flä­che sei kaum pro­duk­ti­ves Arbei­ten mit Spe­zi­al­soft­ware mög­lich. Für Schul­net­ze sehe ich Vor­tei­le: Windows8 lässt sich recht leicht in bestehen­de Infra­struk­tu­ren ein­bin­den (dru­cken, Ein­bin­dung von Netz­lauf­wer­ken usw.). Es gibt in den Pro­fes­sio­nal­va­ri­an­ten von je her Mög­lich­kei­ten, Gerä­te zen­tral zu steu­ern und zu ver­wal­ten. Für ein neu­es Gerät muss ich in unse­rem, Netz etwa 5–10 Minu­ten mei­ner Zeit für eine kom­plet­te Vor­in­stal­la­ti­on auf­wen­den – das dau­ert bei iOS-Gerä­ten ohne zen­tra­le Ver­wal­tung zur Zeit deut­lich län­ger. Es gibt von je her ein Mul­ti­user­ma­nage­ment. Zusätz­lich kann ich zumin­dest zwei Apps neben­ein­an­der betrei­ben. Bei den Nicht-RT-Vari­an­ten ist das Betriebs­sys­tem nicht fest mit dem End­ge­rät ver­bun­den wie bei Android oder iOS – d.h. wenn einer Linux­dis­tri­bu­ti­on der gro­ße Tablet­schlag gelingt, kann man z.B. wechseln.

Die fast schon reli­gi­ös anmu­ten­de Aura, mit der App­le­pro­duk­te kon­no­tiert sind, kön­nen Windows8 und Android nicht trans­por­tie­ren – ich stel­le mir gera­de vor, wie SuS stolz Win8-RT-Tablets in die Höhe hal­ten – der Spott im Netz wür­de zum jet­zi­gen Zeit­punkt wohl kei­ne Gren­zen kennen.

Was tun?

Ich habe kei­ne Ahnung. Für ein so gro­ßes Netz wie das unse­re, das im Prin­zip eine Viel­zahl von Gerä­ten unter­stüt­zen wür­de – mit der Rah­men­be­din­gung, kei­ne Mög­lich­kei­ten zu 1:1 Set­tings zu haben, spre­chen ange­sichts der ver­füg­ba­ren Res­sour­cen zur Pfle­ge der Gerä­te und der Anbin­dung an vor­han­de­ne Arbeits­ab­läu­fe zumin­dest für Schul­ge­rä­te alle Argu­men­te für Windows8.

Nut­zer­ak­zep­tanz wür­de man viel eher mit iOS-Gerä­ten erhal­ten („App­le­au­ra“), schafft sich dann aber eine Rei­he von Her­aus­for­de­run­gen bei Pfle­ge und Ver­wal­tung. Schu­len mit rudi­men­tä­ren Net­zen haben eigent­lich kaum eine sinn­vol­le Alter­na­ti­ve zu iOS (iPad), weil das Netz ja oft des­we­gen zu rudi­men­tär ist, da die Res­sour­cen und das Wis­sen zum Auf­bau vor Ort fehlen.

Ich löse das für mich vor­erst sehr zurück­hal­tend mit zwei Sät­zen an gebrauch­ten Sub­note­books für die Grup­pen- und AG-Arbeit. Wie wird das ein­ge­setzt? Wel­che Pro­ble­me tre­ten auf? Ist die Boot­zeit das ent­schei­den­de Problem?

LMS und die Macht des Ringes

Wir Men­schen wer­den Twit­ter wei­ter­hin auch sinn­ent­leert und ver­ant­wor­tungs­los nut­zen. Wir wer­den wei­ter­hin glau­ben, dass wir mit tech­no­lo­gi­schem Fort­schritt unse­re Pro­ble­me lösen kön­nen. Wir über­se­hen geflis­sent­lich, dass die Tech­nik und Ihr Gebrauch nur der Spie­gel unse­rer Selbst ist. Wor­aus wie­der ein­mal folgt, dass wir selbst unser größ­tes Pro­blem sind. Denn natür­lich wäre es ungleich anstren­gen­der und bedroh­li­cher, uns selbst zu fokus­sie­ren als irgend­ei­ne neue Tech­no­lo­gie. Schließ­lich wür­de sich da doch der eine oder ande­re graus­li­che Abgrund auftun.

Andre­as Zeuch in: http://www.psychophysik.com/integral-blog/?p=2151

Sigi Jakob – eine Mood­le­ve­te­ra­nin und päd­ago­gi­sche Exper­tin, wenn es um die Nut­zung von Lern­platt­for­men im Sin­ne einer neu zu den­ken­den Lern­kul­tur geht, hat im Rah­men ihrer Key­note als Gast­red­ne­rin auf dem 2. Köl­ner Mood­le­tag etwas erlebt, was sie hier ein­drucks­voll auf­schreibt. Sie nennt dort als Ziel des Vortrags:

Die Ziel­set­zung mei­nes Vor­trags war, die Zuhö­rer für die Not­wen­dig­keit einer Ver­än­de­rung in der Lern­kul­tur zu sen­si­bi­li­sie­ren und auf­zu­zei­gen, dass ein Mood­le­kurs allein noch kei­nen ande­ren Unter­richt und ande­res Ler­nen bewirkt.

Sigi Jakob in: http://www.school-networking.de/start/?p=857

Sigi nennt das Erleb­te ein Deba­kel. In dem Text steckt so viel von dem, was über das The­ma „Neue Tech­no­lo­gien“ zu den­ken ist, dass ich gar nicht weiß, womit ich genau anfan­gen soll.

Also fan­ge ich mit mir selbst an. Ich habe mich vor eini­gen Wochen voll­kom­men aus den Mood­le­krei­sen zurück­ge­zo­gen, obwohl ich mich auch mit Fug und Recht als Mood­ler der ers­ten Stun­de bezeich­nen könn­te. Die­se Ent­schei­dung wur­de kata­ly­siert in mei­ner Aus­ein­an­der­set­zung mit Chris­ti­an Gru­ne, der das LMS its­lear­ning in Deutsch­land ver­treibt. Ich habe nie in mei­ner gesam­ten Mood­le­zeit den metho­di­schen Reich­tum einer Sigi Jakob erreicht.

Das hat­te sys­te­mi­sche Grün­de (die Voll­zeit­müh­le), tech­ni­sche Grün­de (ich bin eher tech­nik­ver­liebt – Mensch, Sigi, was hät­te ich für dich als Tech­ni­ker errei­chen kön­nen…), aber natür­lich alle Din­ge, die Sigi im Vor­spann ihrer Refle­xi­on beschreibt. Vor allem aber habe ich erfah­ren, dass ande­re Tools viel bes­ser zu mei­ner Art des Unter­richts pas­sen. Die­se Art des Unter­richt war schon da. Sie wur­de nicht durch die Tools aus­ge­löst. Gleich­wohl ist der umge­kehr­te Weg denk­bar – die inter­ak­ti­ven Tafeln tau­gen oft als tro­ja­ni­sches Pferd, um Leh­ren­de über­haupt in Kon­takt mit neu­en Medi­en zu bringen.

Jedes LMS trägt die „Macht des Rin­ges“ in sich. Ein LMS bie­tet in der Regel die Mög­lich­keit, Schu­le so zu machen, wie sie schon immer war. Das Sys­tem wird auf allen Ebe­nen durch den Ring geknech­tet wer­den. Die Kräf­te, die dabei unter dem enor­men Eva­lua­ti­ons­druck das Gewohn­te 1:1 ins Digi­ta­le über­tra­gen, wer­den sich der Kraft des Rin­ges nicht ent­zie­hen können.

Und dann steht man als idea­lis­ti­scher z.B. Mood­ler da und sieht sich auf ein­mal der gesam­ten Kri­tik­breit­sei­te vom „Bevor­mun­dungs-“ bis zum „Kon­troll­sys­tem“ aus­ge­setzt – nicht weil ich das Sys­tem so nut­ze, son­dern weil die Macht des Rin­ges das Sys­tem ver­führt, ein­fach nur den Abbil­dungs­mo­dus umzu­schal­ten, weil es alte Sicher­hei­ten nicht tan­giert – und da sind wir bei Andre­as Zeuch.

Die Hal­tung bestimmt die Nut­zung digi­ta­ler Tools, nicht die Tools die Hal­tung. Die Tools bil­den aber recht bru­tal die Hal­tung ab. Im Ide­al­fall ist erst die Hal­tung vor­han­den, die für ein neu­es Bil­dungs­sys­tem die Grund­la­ge bietet.

Wenn aber die­se Hal­tung vor­han­den ist, hege ich zur­zeit erns­te Zwei­fel dar­an, dass in der Schu­le die Tool­wahl auf ein LMS fal­len wird. Sei­ne Stär­ken spielt ein LMS m.E. nicht im Lern­pro­zess aus, son­dern im Bereich des Aus­tau­sches, der Eva­lua­ti­on von Lern­pro­zes­sen, der Ver­tei­lung von Best-Prac­ti­se-Set­tings. Ich wage die The­se, dass es ein fun­da­men­ta­ler Unter­schied ist, ob eine Lehr­kraft ein LMS allei­ne für sich und ein Team nutzt oder das eine gan­ze Schu­le tut.

Ein kom­mer­zi­el­ler Anbie­ter lebt übri­gens nicht von der Hal­tung. Er lebt von den Ver­gü­tun­gen für sei­ne Dienst­leis­tun­gen. Des­we­gen wirkt er im Ide­al­fall an Hal­tungs­bil­dung mit, um sein Sys­tem attrak­tiv auf dem Markt zu posi­tio­nie­ren. Er kann aber das eine zur­zeit nicht vom ande­ren tren­nen und muss daher Pro­duk­te vermarkten.Genau wie das Bil­dungs­sys­tem ver­fügt er gar nicht über die Res­sour­cen zur flä­chen­de­cken­den „Hal­tungs­bil­dung“, wohl aber über die eine oder ande­re Kom­pe­tenz in die­sem Bereich.

Was ist der Aus­weg? Ich ken­ne nur Bau­stei­ne. Zum Bei­spiel Speck für die Skep­ti­ker – eine gro­ße Grup­pe inner­halb des Schul­sys­tems. Sie haben wenig per­sön­li­che Vor­be­hal­te, aber eine Men­ge for­ma­le. Mein Speck soll ver­läss­li­che Tech­nik sein. Im Fahr­was­ser ver­läss­li­cher Tech­nik hat die Medi­en­be­ra­tung vom NLQ eine Men­ge anzu­bie­ten. Mal schau­en, ob das so klappt.

RAMBO (Riecken Arbeitet Mit Blogs Online) – Folge 1

… wobei ich hof­fe, dass das wirk­lich eine Serie und kei­ne Ein­tags­flie­ge wird. Da nach einer Klas­sen­ar­beit noch etwas Zeit war und mir durch eine auf­merk­sa­me Per­son ein Fly­er­pa­ket für einen Poet­ryS­lam-Work­shop mit guten, anre­gen­den Arbeits­vor­schlä­gen in die Hand geflat­tert ist, habe ich eine klit­ze­klei­ne Ein­heit für mei­ne 8. Klas­se dazu gebas­telt. Wer Poet­ryS­lam trotz sei­ner momen­ta­nen Buz­zword-Macht (es zieht durch alle Deutsch­di­dak­tik­hef­te – Hören­sa­gen, wirk­lich lesen tue ich so etwas nur zufäl­lig) nicht kennt, sei auf You­Tube-Vide­os wie die­ses ver­wie­sen (köst­lich, für mich nach dem drit­ten Mal Schau­en noch ein Brüller):

Nach­dem wir uns ein paar Bei­spiels­vi­de­os (tovid ist unter Linux das abso­lu­te Tool, um jedes Video in jedem For­mat auf DVD zu ban­nen, die dann jeder Schul­play­er frisst) und die Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen­im Fly­er zu Gemü­te geführt haben, ging es direkt „kalt“ in unser Klas­sen­blog ans Schrei­ben und Dich­ten. Ich habe hier ein­mal vier Ergeb­nis­se zusam­men­ge­stellt, die inner­halb von ca. 40 Minu­ten ent­stan­den sind – es ent­ste­hen immer noch wel­che, obwohl die Akti­on schon meh­re­re Tage her ist:

Wenn die Men­schen mich sehen
dann wei­nen sie meist.

Dann müs­sen sie gehen
und auch noch als Geist.
Ich gebe kein Segen
und habe kein Herz,
Ich been­de das Leben
und brin­ge viel Schmerz.
Einer stirbt an Atemnot,
vie­le auch an Gehirntot.
Vie­le Men­schen sind ertrunken,
die Tita­nic ist gesunken.
Manch einer stirbt an nem Tumor
oder erschla­gen von Marmor.
Wie­der­holt ver­blu­ten Emos
Hip­pies sprit­zen sich bewusstlos.
Mas­sen­haft Autounfälle
Im Alter zig Herzanfälle.
Das sind ver­schie­de­ne Arten
wie man an ver­schie­de­nen Orten
zu Tode kom­men kann.

(eine jun­ge Poetin)

Oder das hier:

Shu­le die ißt gans schon schwehr
Rech­schrei­bung beson­derss ser

Die wör­ter die im dick­tat fallehn
wehr­den risch­tig geschrie­he­ben von allen

Doch ich sizz hin­tehn letzt­te reie
unnd wen ich ver­suchh zuh schreihbe
saggt die lere­rin nuhr ach du meihne
weihl kein reihm entsthet
undd die fier dehn bach runterget.
So jez fält mihr nichs mer ein
mus lang­sham auch mahl genugk seihn
Najaa nochh eei­ne rantnodiz

Rech­schreib­veh­ler­be­riech­ti­ger siind mihs
also lieh­be frauu meierr
zei­genn sieh dochh mahl â€¦
undd geh­ben mir ne trei!

BITTE!

(die­ser jun­ge Poet ist übri­gens ansons­ten extrem sicher in der deut­schen Rechtschreibung)

Oder dies:

Kei­ner will mich essen,

so lang­sam werd ich braun.

Erst schnei­den die mich auf und dann werd ich vergessen.

In einer Dose gam­mel ich jetzt vor mir hin,

lang­sam hab ich kein bock mehr.

Ich leck­res Ding werd nicht geschätzt,

immer werd ich nur verletzt.

Mit dem Mes­ser sta­chen sie hinein,

aua schrie ich, aber nein,

kei­ner hört mein hilfeschrei.

Auf­ein­mal wird es warm,

sie haben mich gefunden.

Ange­wie­dert packen die mich an,

weg damit, bis dann!

Jetzt lieg ich in der Tonne,

hab angst das ich verronne.

Lang­sam werd ich schwach,

trau­rig geh ich ein.

Nun ist mein Leben ende,

es kriegt nicht mehr ´ne Wende.

(eine jun­ge Poetin)

Und zuletzt die­ser Text:

Was willst du man so geht das nicht

du musst mir helfen,

ich kann dass nicht.

Ich muss was machen,

was mache ich bloß,

ich habe Angst,

ich bin ein Kloß.

Ich kann nichts machen

ich muss was schaffen,

gleich werd ich gefressen,

ich muss mich mesen,

habe ich denn auch eine gute Figur,

nein ich bin ein Fett­kolß pur.

So jetzt wer­de ich gegessen,

habe kei­ne Hil­fe ermessen.

Wer­de jetzt zugrun­de gehen,

ohen vor­her fremd zu gehen,

habe mal wie­der mega Schiss

und dabei auch noch einen Riss.

Die Gabel sticht in mich hinein

und ich erleuch­te im hel­lem Schein.

ENDE

(eine jun­ge Poetin)

An die­ser Samm­lung unge­schlif­fe­ner Tex­te lässt sich aller­hand zei­gen: Zur Zeit suche ich mit der Klas­se Stel­len, die „holp­rig“ klin­gen, und wir ver­su­chen, Vor­schlä­ge für metri­sche(!) Ver­bes­se­run­gen zu machen. Auch möch­te ich gemein­sam mit den SuS über­le­gen, wie und war­um die­se Tex­te „funk­tio­nie­ren“ und im Blog vie­le loben­de Kom­men­ta­re aus­ge­löst haben. Ohne Kennt­nis­se über Lyrik geht das natür­lich nicht – beim Schrei­ben selbst braucht man sie nicht, aber beim Über­ar­bei­ten. Und wenn das Ergeb­nis danach noch mehr über­zeugt, sind die SuS viel­leicht beim nächs­ten tro­cke­nen Schil­ler­text mehr beein­druckt oder zumin­dest sensibilisiert.

Die Orga­ni­sa­ti­on der Tex­te in einem Blog ist DER Effek­ti­vi­täts­schub – alle Tex­te ste­hen allen jeder­zeit zur Ver­fü­gung für Kom­men­ta­re o.ä., Ein­bet­tung der eige­nen Lieb­lings­slams für neue Ideen usw.. Gut kom­bi­nie­ren könn­te man die Geschich­te – so im G8 dafür Zeit blie­be – mit ein wenig Vor­trags­tech­nik – mal schauen.

Blogerfahrungen – data consolidation

Auch in die­sem Jahr arbei­te ich mit zwei Klas­sen mit Blogs. Wie ich das bis­her tue und wie ich den Schutz­raum ger­an­tie­re, sieht man hier und hier.

Beob­ach­tun­gen:

  • sie kom­men klar
  • sie schrei­ben län­ge­re Tex­te als im Deutschheft
  • es gibt sehr erns­te Hin­wei­se dar­auf, dass bereits erstell­te Tex­te die sich noch im Erstel­lungs­pro­zess befin­den­den in irgend­ei­ner Art und Wei­se beein­flus­sen, d.h. es gibt anschei­nend eine Art sys­te­mi­sches Feedback
  • es bewährt sich, das Blog als Klas­se und nicht als ein­zel­ner SuS zu gestal­ten, weil ein­fach mehr pas­siert, wenn sich dar­in 25–30 Leu­te tummeln
  • es kommt mei­ner Art und Wei­se, Infor­ma­tio­nen zu erfas­sen (sprung­haft-asso­zia­tiv) sehr ent­ge­gen (Haus­auf­ga­ben­kon­trol­le)

Kon­se­quen­zen:

  • ich möch­te die bei­de Blogs auf Dau­er zu einem „Rieck’schen“ Schul­blog konsolidieren
  • ich möch­te ihnen erklä­ren, wie sie die bis­her durch Mem­bers Access geschütz­ten Inhal­te par­ti­ell öffent­lich frei­ge­ben, ent­we­der aus eige­nem Antrieb, auf mei­ne Emp­feh­lung hin oder aus der durch Kom­men­ta­re ver­ur­sach­ten Ermun­te­rung heraus
  • ich möch­te den dabei ent­ste­hen­den Feed hier im Blog ein­bin­den, um eine exter­ne Grund­re­zep­ti­on zu initiieren

Mal sehen, ob ich mor­gen einen PC-Raum ergattere…

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