Was müssen wir zukünftig wissen und können?

Es geht hoch her in Bil­dungs­dis­kus­sio­nen. Ein Mathe­ma­tik­pro­fes­sor aus NRW äußert sich kri­tisch zum Stand der aktu­el­len Mathe­ma­tik­di­dak­tik. Bil­dungs­t­wit­ter geht steil nach eher kon­ser­va­ti­ven Äuße­run­gen einer ehe­ma­li­gen Lehr­kraft zu neu­en Prü­fungs­for­ma­ten. Im Kern geht es um die Fra­ge, was ein Indi­vi­du­um in einer Welt der Digi­ta­li­tät indi­vi­du­ell beherr­schen muss und was über Kom­pe­ten­zen in einer digi­ta­li­sier­ten Welt durch digi­ta­le Tech­no­lo­gie (die meist nur ein Por­tal in einen vir­tu­el­len gesell­schaft­li­chen Raum bie­tet) mehr oder min­der mit­tel­bar erschlos­sen wer­den kann.

  • Man muss nicht mehr pro­gram­mie­ren kön­nen. Das wer­den Maschi­nen bald bes­ser und auto­ma­ti­siert machen.“
  • Man muss bestimm­te krea­ti­ve Pro­duk­te bzw. Vor­stu­fen davon nicht selbst erstel­len kön­nen. Nur die wenigs­ten Men­schen kön­nen mit den Leis­tun­gen von KI-Sys­te­men konkurrieren.“
  • Man muss Tech­nol­gie nicht ver­ste­hen. Die kom­pe­ten­te Benut­zung ist ausreichend.“

Vie­le Annah­men über die Zukunft sind Annah­men. Wir wis­sen nichts dar­über, was gesell­schaft­lich und poli­tisch gesche­hen wird, ob sich z.B. Demo­kra­tien mit ihren recht lang­wie­ri­gen poli­ti­schen Pro­zes­sen gegen auto­kra­ti­sche Staat­for­men vor allem wirt­schaft­lich behaup­ten wer­den, die eben durch ihre auto­kra­ti­schen Struk­tu­ren Pro­ble­men wie denen in Kon­text des Kli­ma­wan­dels viel effek­ti­ver ent­ge­gen­tre­ten kön­nen. Wir wis­sen selbst in Demo­kra­tien nicht, wel­che Effek­te durch z.B. Lob­by­is­mus lang­fris­tig die Gesell­schaft bestim­men werden.

Das mit den „Kom­pe­ten­zen von mor­gen“ ist ein wun­der Punkt in plau­si­bel klin­gen­den Model­len wie VUCA, BANI, die sich an Beschrei­bun­gen ver­su­chen, aus deren Buz­zwords sich aber kei­nes­falls kon­kre­te­re Hand­lun­gen ablei­ten lassen.

Damit rei­hen sich die­se Model­le wie vie­le ande­re struk­tu­rell in den Rei­gen von z.B. Sprach­mo­del­len ein, die Gegen­wart repro­du­zie­ren, kei­nes­falls aber dar­über hin­aus­ge­hen (kön­nen).

Weil alles so unbe­stimmt ist, scheint der Griff nach der guten, alten Zeit schlüs­sig: Das hat funk­tio­niert. Das ist die Grund­la­ge unse­rer immer noch sehr star­ken deut­schen Wirt­schaft, Anstren­gungs­be­reit­schaft, Ler­nen, sich mehr oder min­der lie­be­voll lei­ten las­sen. Und bei­de Lager rhe­to­ri­sie­ren unter dem Deck­man­tel der Sach­lich­keit mehr oder min­der pola­ri­sie­rend auf­ein­an­der ein.

Struk­tu­rell erin­nert mich das an sehr alte Kon­zep­te und Per­spek­ti­ven auf die Welt: Die Mate­ria­lis­ten mit ihrem eher kul­tur­pes­si­mis­ti­schen Ansatz und die Idea­lis­ten mit ihrem Glau­ben an die Ent­wick­lungs­fä­hig­keit des Menschen.

Autopoesis des Individuums ist eine (idealistische) Utopie

Eine bestimm­te Art des Ler­nens fin­det bei mir über Sinn­stif­tung statt: Wenn ich ein Ziel habe – etwa für eine Grup­pe Gitar­re spie­len zu kön­nen – dann wer­de ich natür­lich das Gitar­re­spie­len je nach Bega­bung viel schnel­ler ler­nen als wenn ich von mei­nen Eltern dazu gezwun­gen wer­den, Gitar­re zu spie­len. Letz­te­res schließt aber nicht per se aus, dass ich es in mei­nem Leben irgend­wann bereu­en könn­te, nicht doch das Gitar­ren­spie­len erlernt zu haben, weil ich eben noch nicht weiß, wie mein Leben ver­lau­fen wird. Ande­re – wie in dem Bei­spiel mei­ne Eltern – haben auf­grund ihrer Lebens­er­fah­rung eine Vor­stel­lung, wie es ver­lau­fen könn­te – die habe ich selbst zu die­sem Zeit­punkt viel­leicht nicht.

Wohl­wol­lend und bezo­gen auf Schu­le sind nun Cur­ri­cu­la („Lehr­plä­ne“) schlicht nach Vor­stel­lun­gen von dem auf­ge­baut, was ein auch immer gear­te­tes Kol­lek­tiv von Men­schen denkt, was im Leben von jun­gen Men­schen eine Rol­le spie­len könn­te – aber eben nicht muss. Und der Streit dar­über, was das genau ist, fin­det auf meh­re­ren Ebe­nen statt.

  • In wel­chem Maß soll­te Sinn­stif­tung beim Lern­pro­zess die allei­ni­ge Rol­le spielen?
  • In wel­chem Maß sind kom­plett indi­vi­dua­li­sier­te Lern­pro­zes­se mit wel­chem Sys­tem wie abbildbar?
  • In wel­chem Ver­hält­nis ste­hen Meta­kon­zep­te wie z.B. die Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung zu den für ihren Erwerb not­wen­di­gen Vor­aus­set­zun­gen wie Wis­sen oder Kennt­nis­se von Informationen?

Kom­pe­tenz­ler wer­den ant­wor­ten, dass Kom­pe­ten­zen sich ja immer an einem kon­kre­ten Sach­ge­gen­stand ent­wi­ckeln – ich stel­le ver­mehrt fest, dass ich von immer mehr Dumm­heit umge­ben bin – poli­tisch erle­ben wir das gera­de ganz hübsch mit dem Auf­stieg rech­ter Par­tei­en – über­all auf der Welt. Die loka­le Wirt­schaft klagt, dass Aus­zu­bil­den­de immer weni­ger wis­sen und kön­nen, was für den jewei­li­gen Beruf rele­vant ist. In mei­nem Stu­di­um neh­me ich gar nicht so wenig Men­schen wahr, die Ler­nen als sehr kon­sum­ori­en­tiert wahr­neh­men – es muss ihnen „gemacht wer­den“. Das Netz quillt über von Inhal­ten, die aus einer huma­nis­ti­schen Per­spek­ti­ve zumin­dest bemer­kens­wert sind: Por­no­gra­fie, Selbst­dar­stel­lung, Beau­ty­wahn, die x‑te durch­aus gesund­heits­ge­fähr­den­de Tik­Tok-Chall­enge, Kom­mu­ni­ka­ti­on auf opti­mier­ba­rem Niveau. Rein quan­ti­ta­tiv schei­nen mir die Schät­ze und Sup­port­sys­te­me dage­gen „leicht“ unter­re­prä­sen­tiert zu sein.

Trotz­dem wer­den vie­le Ver­fech­ter „neu­er Lern- und Schul­kon­zep­te“ nicht müde, die Vor­tei­le und Mög­lich­kei­ten, die das Inter­net bie­tet, immer wie­der ins Feld zu füh­ren. Kri­tik dar­an wird gar nicht so sel­ten als Kul­tur­pes­sim­i­mus abgetan.

Auto­poe­sis im Sin­ne einer huma­nis­ti­schen Denk­wei­se benö­tigt Vor­aus­set­zun­gen, die es im Rah­men von Bil­dungs­pro­zes­sen oft erst zu ent­wi­ckeln gilt. Die Vor­aus­set­zun­gen dafür sind in einer Gesell­schaft, die mate­ri­ell im Gro­ßen und Gan­zen sehr gut ver­sorgt ist, gar nicht immer „von sich aus“ gege­ben. Ich hal­te die­ses Kon­zept daher zuneh­mend für ein äußerst optimistisches.

Das Modalverb aus dem Titel dieses Artikels

Der Titel die­ses Arti­kels ent­hält das Modal­verb „müs­sen“. Dem Wesen nach ist das schon ziem­lich auto­kra­tisch. Es könn­te sein, dass etwas gemusst wird, was u.U. im ers­ten Moment gar kei­ne Freu­de macht und des­sen Sinn sich dem Indi­vi­du­um auch nicht sofort erschließt. Klar kann ich Kon­ver­sa­ti­on n einer Fremd­spra­che mitt­ler­wei­le ohne Fremd­spra­chen­kennt­nis­se betrei­ben. Und klar wird sich die­se Tech­no­lo­gie bald sehr weit ent­wi­ckelt haben – viel weni­ger Mühe und wesent­lich spaß­be­ton­ter als z.B. Voka­beln zu ler­nen. Das mit den Fremd­spra­chen ist nur ein Bei­spiel. Als ange­hen­der Infor­ma­tik­leh­rer den­ke ich da an Kon­zep­te wie das Binär­sys­tem oder Sor­tier­al­go­rith­men – braucht man nicht, nur wird man sein Leben lang von Tech­no­lo­gie umge­ben sein, die dar­auf auf­bau­en­de Kon­zep­te nutzt. Das Nicht­wis­sen kann gut gehen, muss es aber nicht.

Mein Plä­doy­er ist daher eines für mehr Sanft­mut mit Men­schen, die das „Müs­sen“ in den Mit­tel­punkt ihres Han­delns als z.B. Lehr­per­son stel­len. Auch sie könn­ten selbst in einer stark ver­än­der­ten Welt in Tei­len immer nicht rich­tig liegen.

 

Schulkritik und Komfortzone

Ich habe ges­tern die Doku­men­ta­ti­on „Jugend ohne Abschluss“ aus der Rei­he „45 Minu­ten“ des NDR gesehen:

Akti­vie­ren Sie Java­Script um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=tYOJ0nllvC4

Mir wird bei sowas immer wie­der klar, dass sich Schu­le nicht durch Ver­stel­len eini­ger Schrau­ben ver­än­dern lässt.

Selbst wenn wir Din­ge wie ver­än­der­te Prü­fungs­kul­tur, sinn­stif­ten­des Ler­nen und Pro­jekt­ler­nen umset­zen, wür­de sich ohne wei­te­re gesell­schaft­li­che Para­me­ter wahr­schein­lich wenig ändern – vor­aus­ge­setzt, wie bekä­men ohne das Schrau­ben an ande­ren gesell­schaft­li­chen Para­me­tern das über­haupt hin.

Das hat für mich damit zu tun, dass Auf­wach­sen in einer Gesell­schaft dem Auf­wach­sen in einer Her­de gleicht und Päd­ago­gik für mich eigent­lich eine Auf­ga­be der Her­de ist, bzw. dass in der Rea­li­tät die „Her­de“ das impli­zit immer tut und übernimmt.

Die Schüler:innen in der Doku­men­ta­ti­on sind für mich geprägt von ihrer per­sön­li­chen Ent­wick­lung in einer Gesell­schaft, zu der das Schul­sys­tem sach­lo­gisch ganz gut passt und die Erfah­run­gen des Ver­sa­gens ver­stärkt. Aber Schu­le ist eben ein Lern­ort von vie­len, ver­än­der­te Prü­fungs­kul­tur, sinn­stif­ten­des Ler­nen und Pro­jekt­ler­nen kann nicht vor­aus­set­zungs­los statt­fin­den und voll­zieht sich immer auf der Basis der gesell­schaft­li­chen Pro­zes­se, in die Schu­le nun­mal ein­ge­bun­den ist.

Sorgt z.B. gen­der­ge­rech­te Spra­che dafür, dass die Benach­tei­li­gung von Frau­en in einer Gesell­schaft mit kapi­ta­lis­ti­schem Betriebs­sys­tem abge­baut wird? Wür­de eine Gesell­schaft, in der Frau­en nicht mehr benach­tei­ligt sind, eine ande­re Spra­che her­vor­brin­gen? Wür­de eine Gesell­schaft mit einem ande­rem Betriebs­sys­tem eine ande­re Schu­le her­vor­brin­gen oder eine ver­än­der­te Schu­le eine ande­re Gesellschaft?

Was wir seit Jah­ren gut kön­nen, ist zu beschrei­ben, was wir wol­len. Wir suchen uns dafür ein­zel­ne Aspek­te her­aus, die wir beson­ders gut beschrei­ben kön­nen. Digi­ta­li­sie­rung, Prüfungsformate

Gen­der­ge­rech­te Spra­che beschreibt für mich bis­her ledig­lich einen Wunsch. His­to­risch hat Spra­che immer Gesell­schaft abge­bil­det. Hat ver­än­der­te Spra­che allein schon­mal gesell­schaft­li­che Ver­hält­nis­se ver­än­dert? Besteht nicht die Gefahr, dass nach anfäng­li­cher Irri­ta­ti­on über „ver­ge­wal­tig­te“ Spra­che ange­nom­men wird, dass Frau­en jetzt doch schon ganz schön mehr gleich­be­rech­tigt sind? Oder dass durch eine ver­än­der­te Prü­fungs­kul­tur das kapi­ta­lis­ti­sche Betriebs­sys­tem auto­ma­tisch umpro­gram­miert wird?

Übri­gens: Huma­nis­ti­sche Päd­ago­gik ist im Rah­men der Bera­tung von Unter­neh­men durch­aus salon­fä­hig gewor­den, um Gewinn­ma­xi­mie­rung unter dem Deck­man­tel von „Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zes­sen auf Augen­hö­he“ zu betrei­ben. Die Hier­ar­chien sind noch vor­han­den – und viel­leicht bloß ste­alth geor­den hin­ter „akti­vem Zuhö­ren“, „Joi­ning“ und „Socia­li­zing“.

War­um soll­te sich z.B. sinn­stif­ten­des Ler­nen nicht eben­falls nach einer kapi­ta­lis­ti­schen Logik nut­zen lassen?

Lie­be Mitarbeiter:innen, 30% eurer Arbeits­zeit könnt ihr mit euren sinn­stif­ten­den Pro­jek­ten ver­brin­gen, das habt ihr in der Schu­le pri­ma gelernt, aber weil wir so gut zu euch sind und das über­haupt erst ermög­licht, haben wir das Vor­kaufs­recht auf eure Ideen!“.

Ist damit z.B. die For­de­rung nach einer ver­än­der­ten Prü­fungs­kul­tur am Ende ein Fei­gen­blatt? Ist gen­der­ge­rech­te Spra­che am Ende ein Fei­gen­blatt? So qua­si eine Art intel­lek­tu­el­ler Ablass­han­del? „Seht, ich habe es gese­hen und beschrie­ben, lest und ver­steht end­lich! Und macht end­lich, dass es sich ändert!“.

Men­schen, die sich für Gleich­be­rech­ti­gung ein­set­zen, wis­sen, dass Spra­che das dünns­te Brett ist – aber eben am leich­tes­ten zu bear­bei­ten, weil man dann weni­ger mit dem Stech­ei­sen im Hart­holz her­um­wür­gen muss. Gen­der­ge­rech­te Spra­che als intel­lek­tu­el­le Kom­fort­zo­ne. Dar­über lässt sich schrei­ben, strei­ten, dis­ku­tie­ren, ohne dass es all­zu dicht kommt. Weder muss ich als Mann dafür mei­nen Ange­stell­ten mehr zah­len, noch mei­nen gleich­be­rech­tig­ten Teil bei der Haus­ar­beit oder Kin­der­be­treu­ung leis­ten. Ein wenig Gen­öle auf Social­me­dia oder in den Feuil­le­tons ertra­gen, das war es auch schon.

Ich den­ke gera­de viel dar­über in mei­nen Bera­tun­gen über die­se Struk­tu­ren nach – ist ja schon irgend­wie auch eine schrä­ge Ana­lo­gie. Mei­ne Posi­ti­on ist ver­dammt kom­for­ta­bel. Ich muss mei­ne Hal­tung nicht ändern oder mei­ne Arbeits­rou­ti­nen. Das ist oft auch der Grund dafür, dass ich mich manch­mal bewusst in ande­re Posi­tio­nen bege­be und im mei­nem pri­va­ten Umfeld die Viel­falt suche. Ich bin sehr glück­lich, dass ich dabei auch manch­mal unge­fil­tert rück­ge­mel­det bekom­me, „wie das so ankommt in die­ser Realität“.

PS:

Ich ver­wen­de zuneh­mend gen­der­ge­rech­te Spra­che und set­ze mich für ver­än­der­te Rou­ti­nen im Schul­sys­tem ein. Die die­sem Ein­satz ver­bun­de­ne „Leis­tung für gesell­schaft­li­che Ver­hält­nis­se“ hal­te aller­dings in mei­nem Fall nicht für beson­ders rele­vant. Die Magie kommt für mich von woan­ders. Und manch­mal fängt sie ganz banal an, z.B. bei der Unter­stüt­zung bei der Ein­rich­tung von irgend­wel­chem Gerätekrams.

 

 

Die Reise in den Kurort Bad Gateway

Der Titel ist ein­mal mehr ein Nerd­witz. „Bad Gate­way – 502“ ist eine typi­sche Feh­ler­mel­dung bei völ­lig über­las­te­ten Webservern.

Genau das erle­ben wir gera­de im Netz: Anbie­ter stel­len Test­ver­sio­nen ihrer Pro­duk­te zur Ver­fü­gung, freie Tools wer­den ange­prie­sen und bewor­ben. Gera­de die­je­ni­gen, die die­se Diens­te ehren­amt­lich und kos­ten­frei anbie­ten, dürf­ten jetzt erle­ben, dass die Res­sour­cen nicht im Ansatz dem Bedarf ent­spre­chen und sich mit einer Viel­zahl net­ter und weni­ger net­ter Anfra­gen kon­fron­tiert sehen –  zusätz­lich zu der Mehr­ar­beit, die jetzt im Bereich Res­sour­cen­aus­bau und Betrieb entsteht.

Einen schlech­ten Anbie­ter erkennt man mei­ner Mei­nung nach dar­an, dass durch die Öff­nung des Sys­tems für vie­le („kos­ten­freie Nut­zung für x Wochen“) jetzt auch zah­len­de Kun­den in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wer­den. Die neu­en sehen: Das läuft nicht! Die Bestands­kun­den sehen: Das läuft nicht! Schlim­mer geht es nim­mer. Das zeigt, wie wich­tig es ist, sich bei sol­chen Aktio­nen zwi­schen Tech­nik und Mar­ke­ting abzu­stim­men und nicht allein die Dol­lar­zei­chen durch poten­ti­el­le Neu­kun­den zu sehen.

Kos­ten­lo­se Ange­bo­te locken nicht nur inter­es­sier­te Nutzer*innen an. Wer als Schü­ler will schon ger­ne in den „Coro­na­feri­en“ auf z.B. Mebis Auf­ga­ben erle­di­gen – wo doch Bot­net­ze für weni­ge Euro zu mie­ten sind, die ein so wei­ches Ziel wie ein Mood­le­sys­tem län­ge­re Zeit ver­läss­lich lahm­le­gen. Manch­mal ist ein sol­cher Angriff auch schlicht gar nicht von über­mä­ßi­ger Nut­zung zu unter­schei­den. Gera­de Mood­le ist der­ma­ßen res­sour­cen­hung­rig, dass auch schon ver­hält­nis­mä­ßig weni­ge zusätz­li­che simul­ta­ne Nutzer*innen ein schlecht dimen­sio­nier­tes Sys­tem leicht in die Knie zwingen.

Man kann Sys­te­me so bau­en, dass Sie in Spit­zen­zei­ten recht schnell „ska­lie­ren“, d.h. dyna­misch ent­spre­chend mehr Res­sour­cen bereit­ge­stellt wer­den. Das braucht aber viel Know-How auf Sei­ten der Sys­tem­ad­mi­nis­tra­ti­on (z.B. Load­ba­lan­cing) – und es ist teu­er in War­tung und Betrieb.

Die Lösung besteht für mich nicht dar­in „die Gro­ßen“ zu nut­zen, die das alles schon heu­te kön­nen, son­dern zu dezen­tra­li­sie­ren und durch offe­ne Schnitt­stel­len Ver­bin­dun­gen zu schaf­fen. Sol­che Sys­te­me sind wahr­schein­lich deut­lich robuster.

 

 

 

 

Blogparade „Zeitgemäßes Lernen“

Bob Blu­me ruft zu einer Blog­pa­ra­de unter dem Titel „zeit­ge­mä­ßes Ler­nen“ auf. Für mich gibt es kein zeit­ge­mä­ßes Ler­nen. Für mich gibt es kein digi­ta­les Ler­nen. Für mich gibt es kein was auch immer für ein Ler­nen. Es gibt für mich nur Ler­nen. Was bin ich für ein digi­ta­ler Ket­zer! VUCA, 4k, (S)AMR – alles habe ich nicht begrif­fen. Wie kom­me ich dazu, die­sen Ver­rat zu begehen?

Für mich heu­te fun­da­men­tal wich­ti­ge Din­ge in mei­nem Leben habe ich nicht durch insti­tu­tio­nel­le Sys­te­me wie Schu­le oder Uni­ver­si­tät gelernt. Ich wäre jedoch auch nicht da, wo ich jetzt bin, ohne die­se Insti­tu­tio­nen. Und inner­halb die­ser Insti­tu­tio­nen blitz­te hin und wie­der streif­licht­ar­tig etwas auf, was mich tief geprägt hat. Aber das eigent­li­che Ler­nen hat dort für mich in der Sum­me nicht stattgefunden.

Wo habe ich gelernt? Ich war in den aus­ge­hen­den 80er und 90er Jah­ren Teil einer gro­ßen Jugend­grup­pe. Wir haben offe­ne Ange­bo­te für ande­re Jugend­li­che gemacht – z.B. Dis­co­ver­an­stal­tun­gen. Wir haben rie­si­ge Som­mer­frei­zei­ten mit über 300 Per­so­nen orga­ni­siert. Wir hat­ten einen Treff­punkt und ein Zuhau­se, den Ort, an dem Ler­nen statt­fand. Denn man braucht eini­ges an Wis­sen und Fähig­kei­ten, um Kin­dern und Jugend­li­chen eine schö­ne Som­mer­frei­zeit in Zel­ten zu ermög­li­chen. Kochen, Nähen, Ein­kau­fen, Prä­sen­tie­ren, Pla­nen uvm.. Wir waren ca. 80 Per­so­nen. Alko­ho­li­ker, schrä­ge Vögel, Men­schen aus gutem Hau­se, Men­schen im Hand­werk, Milch­bu­bis wie ich damals – ein bun­ter Hau­fen, der unter der Flag­ge „evan­ge­li­sche Jugend“ segel­te. Die evan­ge­li­sche Jugend­ar­beit ist für mich bis heu­te eine der am meis­ten unter­schätz­te Grö­ße bei der Imple­men­ta­ti­on zeit­ge­mä­ßen Lernens.

Huma­nis­ti­sche Päd­ago­gik? Danach wur­de vor 30 Jah­ren in Jugend­lei­ter­schu­lun­gen aus­ge­bil­det. Pro­jekt­ler­nen? Na, wenn eine Pfingst­frei­zeit mit 80 Kin­dern in Zel­ten inklu­si­ve Logis­tik kein Pro­jekt ist, dann weiß ich auch nicht. Und im Übri­gen benö­tigt die selbst­or­ga­ni­sier­te Durch­füh­rung eini­ges an Netz­werk­fä­hig­kei­ten. Es gab ein Fall­back in Form einer Lei­tung. Die­se hat­te auch einen Dunst­kreis um sich her­um. Da irgend­wann dazu­zu­ge­hö­ren – das war für uns das größ­te Ziel.

Ich muss­te kochen für Grup­pen ler­nen und frag­te ein­mal: „Wieb­ke, wie viel muss ich eigent­lich davon neh­men?“ Und Wieb­ke sag­te: „Kei­ne Ahnung, ich habe das immer so im Gefühl und lie­ge auch oft falsch. Mach mal! Ich bin ja da!“ Wir haben den Pud­ding spä­ter gemein­sam im Wald beer­digt – aber ich konn­te danach Pud­ding kochen, habe mich an Neu­es her­an­ge­traut und ver­stan­den, dass mein Vater – ein begna­de­ter uni­ver­sel­ler Hand­wer­ker – das offen­bar auch so gelernt hat. Das Falsch­ma­chen war ein Schlüs­sel und Teil des Lern­wegs. Das über­tra­ge ich heu­te auf alle Kon­tex­te – das zwei­te Bade­zim­mer, was ich bau­en wer­de, sieht bestimmt schon viel bes­ser als das ers­te aus.

Die Geschich­te ging spä­ter noch wei­ter: Es gab auch eine evan­ge­li­sche Schü­le­rin­nen­ar­beit wäh­rend mei­nes Stu­di­ums mit Klas­sen, die sich ihre The­men selbst wähl­ten. Wir muss­ten ver­pflich­tend in der Aus­bil­dung zum Klas­sen­ta­gungs­lei­ter und nach eini­gen durch­ge­führ­ten Tagun­gen an Super­vi­so­nen teil­neh­men. Dort habe ich mich selbst gese­hen – z.B. im Psy­cho­dra­men, in denen ande­re mei­ne Rol­len in schwie­ri­gen Situa­tio­nen über­nah­men. Was dort pas­sier­te, ist bis heu­te dort geblieben.

Die Hal­tun­gen und Erfah­run­gen waren grund­le­gend für mein erfolg­rei­ches Ler­nen in Insti­tu­tio­nen. Ich bin ein Arbei­ter­kind mit einem klas­si­schen Bil­dungs­auf­stei­ger­be­ruf. Mit Schu­le allein hät­te ich das nicht geschafft, obwohl es natür­lich zu mei­ner Zeit die soge­nann­ten 68er-Leh­rer gab, die auch schon in der Schul­zeit ein waches Auge auf mich hat­ten – wie auch an der Uni­ver­si­tät. Aber die ver­hiel­ten sich alle­samt nicht in der Insti­tu­ti­on, sie ver­hiel­ten sich mit Selbst­ver­trau­en in den Lücken der Insti­tu­ti­on und wuss­ten deren Ängs­te zu nut­zen, um Men­schen wie mich ganz per­sön­lich zu fördern.

Ich fin­de nicht, dass sich an mei­nem Ler­nen heu­te viel geän­dert hat. Die Netz­wer­ke wer­den durch Tech­no­lo­gie grö­ßer, ein­fa­cher zu mana­gen, erhal­ten aber durch Tech­no­lo­gie einen oft nicht unpro­ble­ma­ti­schen, aber glei­cher­ma­ßen fas­zi­nie­ren­den Zwi­schen­lay­er. In der Zelt­frei­zeit­kü­che zu Pfings­ten gab es auch ein Netz­werk – sogar mit Ver­bin­dun­gen nach außen – 60kg Hack im Zelt lagern? Das holt man sich doch lie­ber frisch aus der Küh­lung der befreun­de­ten Inter­nats­kü­che und dann sofort in die Pfan­ne damit. Und ob wir uns gestrit­ten und ange­mault haben!

Mei­ne Kin­der haben uns als Eltern, Sport­ver­ei­ne, Freun­de, Schu­le, Kon­fir­man­den­un­ter­richt und ab 12 Jah­ren auch Han­dys (die sie kaum nut­zen). Sie wach­sen hier in einer Her­de art­ge­recht auf. Ich fin­de es gut, wenn auch Frem­de ihnen Gren­zen zei­gen, sie aber auch ermun­tern und for­dern. Im per­sön­li­chen, nicht digi­tal ver­mit­tel­ten Kon­takt. Da und so kann Ler­nen statt­fin­den. Nicht im Her­um­he­li­ko­ptern, Abschir­men und bedin­gungs­lo­sem Ver­ständ­nis oder Erklä­rung für jedes Verhalten.

Für mich bil­den wir uns in Schu­le viel zu viel auf unse­ren Ein­fluss auf Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein. Beim Aus­gleich von sozia­len Unter­schie­den kann Schu­le hel­fen (tut es in Deutsch­land jedoch wohl opti­mier­bar), aber nie Zivil­ge­sell­schaft erset­zen. Zivil­ge­sell­schaft kann ger­ne auch in Schu­le prä­sent sein. Dann wird da viel­leicht sowas wie „zeit­ge­mä­ßes Ler­nen“ draus.

Und noch eine wüs­te Theo­rie: Zivil­ge­sell­schaft wird durch digi­tal ver­mit­tel­te Kom­mu­ni­ka­ti­on und digi­tal ver­mit­tel­te Ver­net­zung viel­leicht nicht in allen Berei­chen stär­ker oder frei­er oder offe­ner. Das kann und muss noch gesche­hen und müh­sam aus­ver­han­delt werden.

Wie Ler­nen funk­tio­niert, wis­sen wir eigent­lich intui­tiv durch Anschau­ung unse­rer selbst oder durch den Spie­gel, denen uns Kin­der vor­hal­ten. Unse­re Treue zum „Gewohn­ten“ steht da manch­mal im Weg. Was sich aber ändert, sind Kom­ple­xi­täts­gra­de und Inhal­te, die das Gewohn­te immer stär­ker infra­ge stellen.

Edit am 8.11.2019:

Typo ver­bes­sert, Link auf Buch „Art­ge­recht“ (Nico­la Schmidt) gesetzt.

Blogparade: Es war einmal die Lernlust | Bob Blume

Bob Blu­me ruft zu einer Blog­pa­ra­de auf. Dabei geht es um Per­sön­li­ches. Dar­über schrei­be ich eigent­lich ja nicht im Netz, obwohl ich auf Ver­an­stal­tun­gen durch­aus viel Per­sön­li­ches erzäh­le. Der der Auf­ga­be besteht also dar­in, distan­ziert zu blei­ben und trotz­dem etwas preiszugeben.

Ich hat­te Angst. Vor jeder Sport­stun­de. Vor jeder Eng­lisch­stun­de. Vor jeder Geschichts­stun­de. Unan­ge­kün­dig­te Voka­bel­test, die nie Voka­beln abfrag­ten, son­dern immer gan­ze, teil­wei­se sehr kom­ple­xe Wen­dun­gen. Die grü­nen Eng­lisch­ar­beits­hef­te unter dem Arm, ohne dass irgend­wann irgend­wie ein Hin­weis fiel, dass an die­sem Tag eine Arbeit geschrie­ben wer­den wür­de.  Aus der Quin­ta kom­mend, gaben mir die Noten die­ses Leh­rers fast den Rest. Ver­set­zung gefähr­det. Nach­hil­fe bei älte­ren Schü­le­rin­nen. In Geschich­te ähn­lich. In Sport: Rie­gen: „Rie­ge 1 spielt gegen Rie­ge 2!“ „Oha, in Rie­ge 1 schafft jetzt jeder einen Auf­schwung. Erzählt mal den ande­ren, was ihr gemacht habt!“ Dop­pel­kopf in einer Jugend­her­ber­ge auf Sylt gelernt. Uns selbst ein Gelän­de­spiel auf der gro­ßen Wan­der­dü­ne aus­de­cken müs­sen. Bei 2 Meter Bran­dung geba­det. Um die Süd­spit­ze von Sylt gelau­fen. „Er kün­digt die Arbei­ten und Tests nicht an, weil er möch­te, dass ihr auf jede Stun­de vor­be­rei­tet seid. Er möch­te nicht, dass Kin­der einen Vor­teil haben, die von zu Hau­se aus Unter­stüt­zung erfah­ren – daher macht er das!“, berich­te­te mei­ne Mut­ter nach dem Eltern­sprech­tag. Ich hat­te Ende der ach­ten Klas­se eine Drei in Eng­lisch. Ich muss­te für die­ses Fach nie wie­der etwas tun und bin nie unter einem Aus­rei­chend nach Hau­se gegangen.

Nach heu­ti­gen Maß­stä­ben hät­te ich mehr­mals tot sein und psy­chi­sche Schä­den davon­tra­gen müs­sen. Uner­bitt­lich her­kunfts­un­ab­hän­gig gerech­te, lei­ten­de, for­dern­de Men­schen wie er ebne­ten mir als ers­tem aus unse­rer Fami­lie den Weg an die Uni. Das Rie­gen­sys­tem: Sprach­lich-mili­tä­risch, im Kern maxi­ma­les koope­ra­ti­ves Ler­nen. Jede Rie­ge war fair zusam­men­ge­setzt aus Men­schen mit sport­li­chen Stär­ken und Schwä­chen. Es ging ums Gewin­nen. Gewin­nen als geschlechts­über­grei­fen­des Mann­schafts­er­leb­nis. Das Gelän­de­spiel als selbst­be­stimm­te, grup­pen­dy­na­mi­sche Übung wür­de heu­te mit kom­plett pro­to­ty­pisch kom­pe­tenz­be­sei­ert ver­zück­ter Spra­che beju­belt. Die­se Drei in Eng­lisch war eigent­lich eine Eins (ein Mäd­chen hat­te eine Zwei bekom­men). Es war emo­tio­nal eine schwie­ri­ge Zeit. Aber wir alle lern­ten das Den­ken bei ihm.

Ich den­ke heu­te mit Lust an sei­ne Stun­den zurück. Die Angst ist nicht mehr die prä­gen­de Erinnerung.

Es gab ein Klau­sur zurück. Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on. Rede von Rob­bes­pierre oder war es Mon­tes­quieu? (Anci­en ©gime). Er tob­te. Inner­lich. Er las uns die Rede vor und ersetz­te in ers­ter Lesung das Wort „Natio­nal­ver­samm­lung“ durch „NSDAP“, in zwei­ter Lesung war es die „Volks­kam­mer der DDR“. Ein­drück­lichs­te Bespre­chung einer Klau­sur. Betrof­fen­heit im Kurs. Es hat­te kaum einer das wah­re Gesicht der Rede erkannt. Angst. Ich viel­leicht auch nicht? „Auf das Schärfs­te zu ver­ur­tei­len“ stand in mei­nem Fazit in der Klau­sur. 12 Punk­te. In der Ober­stu­fe lief es bei mir eigent­lich. Ich muss­te nie etwas tun. In Geschich­te habe ich es nie mehr auf die­se Punkt­zahl gebracht, im Abitur in der münd­li­chen Prü­fung habe ich mich ohne Vor­be­rei­tung auf 7 Punk­te gela­bert. Ich hat­te ein Fun­da­ment – von wem wohl? Der Ober­stu­fen­leh­rer wur­de ein­mal rich­tig aus­fal­lend. Wir frag­ten um Erlaub­nis, auf eine Demons­tra­ti­on gehen zu dür­fen. „Haben Sie sie noch alle? Wenn Sie für Ihre Rech­te auf die Stra­ße gehen, dann tra­gen Sie halt die schu­li­schen Kon­se­quen­zen! Wie naiv muss man denn sein, zu glau­ben, dass der Kampf für Rech­te kon­se­quen­zen­los bleibt!“

Wir sind gegan­gen. Wie begos­se­ne Pudel. Sehr viel Schwei­gen auf der Hinfahrt.

Darf ich mich zu Ihnen set­zen?“ Was mich ich da wohl gerit­ten hat­te. Er war mein Phi­lo­so­phie­pro­fes­sor. Semi­nar zum us-ame­ri­ka­ni­schen Tran­szen­den­ta­lis­mus (Ralph Wal­do Emer­son z.B.). Aber an dem Abend war in der Knei­pe sonst kein Platz mehr frei und ich hat­te Hun­ger und konn­te ja nicht im Ste­hen essen. „Jun­ger Mann, vie­le mei­ner Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen glau­ben, Phi­lo­so­phie sei ein Selbst­zweck, selbst­re­fe­ren­ti­el­le Wis­sen­schaft. Ich sage: Die Phi­lo­so­phie steht in der Ver­ant­wor­tung nach­zu­wei­sen, dass sie der Gesell­schaft, von der sie bezahlt wird, wirk­lich etwas nützt. Ein Phi­lo­soph darf nicht hof­fen, irgend­wie an der Uni­ver­si­tät unter­zu­kom­men. Er muss sich aktiv um eine Stel­lung bemü­hen!“ Man kann sich den­ken, dass er in sei­ner Fakul­tät nicht so vie­le Freun­de hat­te. Aber eine Men­ge kon­kre­ter Umset­zungs­ideen zu sei­ner eige­nen For­de­rung (Heu­te darf man ja auch for­dern ohne eine Idee zur Umset­zung zu haben). Schließ­lich über­nahm er nach fast zwei Stun­den Gespräch mei­ne Rechnung.

Es war ein bis heu­te prä­gen­der Abend.

Alles Erleb­nis­se sind aus heu­ti­ger Sicht streit­bar und inhalt­lich, ver­klärt durch eine zur jewei­li­gen Zeit nicht voll­kom­men durch­re­flek­tier­te Hal­tung. Sie sind zudem nur ein Aus­zug aus allem Erleb­ten. Schu­le und Uni spei­sen mich als Per­sön­lich­keit gegen­über ande­ren Fak­to­ren eigent­lich ver­nach­läs­sig­bar gering. Genau die­se Span­nung, die Schwe­be, die­se Ambi­va­lenz der Emp­fin­dun­gen ist das, was für mich heu­te die Lust am Ler­nen ausmacht.

Wenn ich mich mit LDAP-Pro­to­kol­len her­um­quä­le, zei­gen mir die enga­gier­ten Anwen­der natür­lich kol­lek­tiv den Vogel. Aber genau das (den Vogel gezeigt bekom­men)  macht mir Spaß. „Bei Riecken muss man im Auf­satz min­des­tens ein­mal ‚Ambi­va­lenz‘ schrei­ben und immer Ent­wick­lun­gen auf­zei­gen!“ Ich weh­re mich inner­lich gegen sol­che Ste­reo­ty­pe. Aber eigent­lich stimmt dieser.

Wenn ich mein Schü­ler wäre, näh­me ich mich als Leh­rer total ambi­va­lent wahr. Kon­se­quenz und Gesump­fe eng bei­ein­an­der. Viel Span­nung ent­steht aber dadurch, dass es mir zuneh­mend schwe­rer fällt, Hal­tun­gen und Hand­lun­gen in eine Zahl zu pressen.

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