Suchtprävention „Alkohol“

Im Rah­men des schul­in­ter­nen Prä­ven­ti­ons­kon­zep­tes wur­de in die­ser Schul­wo­che von den Klas­sen­leh­rern der 8. Klas­sen vier Tage lang die ers­ten bei­den Stun­den zum The­ma „Sucht“ mit dem Schwer­punkt auf „Alko­hol“ gestal­tet. Die Mit­glie­der des Prä­ven­ti­ons­teams haben dazu in Koope­ra­ti­on mit einer loka­len Bera­tungs­stel­le metho­di­sche Bau­stei­ne ent­wi­ckelt, die in ihrer Abfol­ge erst­ma­lig zum Ein­satz kamen. Die Bau­stei­ne konn­te man ent­we­der 1:1 umset­zen oder auch etwas Eige­nes machen. Da mir per­sön­lich die­ses The­ma sehr wich­tig ist und ich ja auch schon über zehn Jah­re Erfah­rung in der Jugend­ar­beit habe, koche ich bei sowas immer ger­ne mein eige­nes Süpp­chen. Ich bin dazu fol­gen­der­ma­ßen vor­ge­gan­gen und habe sehr vie­le Ideen aus die­ser Arbeits­hil­fe der Fach­stel­le für Sucht­prä­ven­ti­on (VIVID) aus Öster­reich über­nom­men, die alles Wesent­li­che prä­gnant und pra­xis­ori­en­tiert zusam­men­fasst – habe natür­lich aber auch ideen­mä­ßig sehr viel im vor­be­rei­te­ten Mate­ri­al unse­res Prä­ven­ti­ons­teams gewildert.

Tag 1: Was ist Sucht?

  1. Übung „Sucht­de­cke“: Ver­schie­de­ne Gegen­stän­de (Schwamm, Mode­zeit­schrift, Kata­log, Bier­fla­sche, Kon­dom, Cel­lo­phan­tü­te mit Basi­li­kum, Taschen­tuch, Tablet­ten­pa­ckung, DVD, PC-Maus, CD…) wer­den auf einer Decke aus­ge­brei­tet, die sich in der Mit­te eines Stuhl­krei­ses befin­det. Reih­um nimmt sich jeder Schüler/jede Schü­le­rin einen Gegen­stand und sagt kurz, was ihm/ihr dabei zum The­ma „Sucht“ einfällt.
  2. Grup­pen­auf­ga­be: Gegen­stän­de auf der Decke ord­nen. Vor­ne: ganz schlimm, hin­ten: noch ok. (Meist lie­gen die „ille­ga­len Sucht­mit­tel“ bei „ganz schlimm“). Das Ergeb­nis wird ange­schaut und diskutiert.
  3. Deutschauf­ga­be: Trink­sprü­che fin­den und „über­set­zen“ – z.B. „Ein Gläs­chen in Ehren…“ = wenig Alko­hol ist nicht schlimm – dabei ging es mir um den gesell­schaft­lich aner­kann­ten Ver­harm­lo­sungs­aspekt – gera­de bei Alkohol.
  4. Klein­grup­pen­ar­beit: Eine eige­ne Defi­ni­ti­on von Sucht auf ca. einer Vier­tel­sei­te erar­bei­ten. Anschlie­ßend wird das Ergeb­nis im Ple­num vor­ge­stellt und her­aus­ge­ar­bei­tet, wel­che Grund­ele­men­te (Kon­troll­ver­lust, Selbst­be­trug, Iso­la­ti­on…) immer wie­der vor­kom­men. Ich habe alle Defi­ni­tio­nen in der Nach­be­rei­tung auf far­bi­ges Papier gedruckt, die Grund­ele­men­te haben je ein gan­zes Blatt erhalten.

Tag 2: Wie ent­steht Sucht?

  1. Ein­ge­stie­gen bin ich mit dem Auf­hän­gen der Sucht­de­fi­ni­tio­nen und der Grund­ele­men­te im Klas­sen­raum, um das The­ma wie­der in das Bewusst­sein der SuS zu holen. Ich habe ich kurz als Sach­in­for­ma­ti­on eine Über­sicht über Sucht pro­je­ziert (S. 7 im oben ver­link­ten PDF) und besprochen.
  2. Danach ging es wei­ter mit dem Tank­mo­dell (S. 15 im oben ver­link­ten PDF). Ich habe die „Tanks“ nicht im Ple­num, son­dern in Part­ner­ar­beit bespre­chen las­sen, weil die Übung doch schon recht „dicht“ ist. Danach habe ich im Ple­num offen dis­ku­tiert, wo und wie man „Sucht“ im Tank­mo­dell ein­zeich­nen müss­te. Die SuS fan­den die Erklä­rung „Loch im Tank“ über­zeu­gend, obwohl das Tank­mo­dell da anders funk­tio­niert. Ich habe das ste­hen­las­sen, weil ich auch die­se Lösung nach­voll­zieh­bar fand.
  3. Suchtspi­ra­len gestal­ten (S. 37 im oben ver­link­ten PDF). Die­se Arbeit erfolg­te in Klein­grup­pen. Aus Zeit­man­gel konn­ten die Ergeb­nis­se nicht mehr in der lau­fen­den Dop­pel­stun­de vor­ge­stellt werden.

Tag 3: Wel­che Aus­wir­kun­gen hat Sucht?

  1. Bespre­chung der Suchtspi­ra­len vom Vor­tag. Anschlie­ßend habe ich die „rich­ti­ge Lösung“ (S. 9 im oben ver­link­ten PDF) pro­je­ziert und dis­ku­tiert. Spannend.
  2. Es folg­ten Sach­in­for­ma­tio­nen zum The­ma Alko­hol (S. 18–21 im oben ver­link­ten PDF) und zwar fron­tal. Die SuS haben gele­sen, ich habe kom­men­tiert und ergänzt.
  3. Mir war die Erkennt­nis sehr wich­tig, dass gera­de bei Alko­hol nicht nur der Süch­ti­ge selbst lei­det, son­dern auch sein Umfeld (Co-Abhän­gig­keit). Daher habe ich mir extra für die­se Ein­heit einen Film des Medi­en­pro­jekts Wup­per­tal ange­schafft, in dem Töch­ter alko­hol­kran­ker Väter sich gegen­sei­tig inter­view­en.  Die Sei­te ist übri­gens eine Fund­gru­be für vie­le, vie­le Themen…

Tag 4: Pro­ble­me bei der Abgren­zung von gesell­schaft­li­chen Zwängen

  1. Kur­ze Nach­be­spre­chung des Films vom Vor­tag. Dann Über­lei­tung in a‑Moll, ähm dia­lek­tisch brachial…
  2. Übung: Die Burg.  Damit kann man sehr gut Gefüh­le the­ma­ti­sie­ren, die mit „drin­ne sein“ und „drau­ßen sein“ ver­bun­den sind.
  3. Übung: Eine typi­sche Situa­ti­on ent­wi­ckeln und spie­len, in der man sich gegen­über Men­schen abgren­zen muss, die einem zum Trin­ken auf­for­dern. Dabei waren zwei Vari­an­ten gefragt: Ein­mal soll­te der Auf­ge­for­der­te nach­ge­ben, ein­mal stand­haft blei­ben. Danach Prä­sen­ta­ti­on der Anspie­le (lei­der war unse­re Aula besetzt, ich hät­te es ger­ne auf der Büh­ne machen las­sen). Jedes Stück wur­de bespro­chen und ggf. ande­re Lösungs­vor­schlä­ge für die jewei­li­ge Situa­ti­on erarbeitet.
  4. Feed­back: Was hat mir an den vier Tagen nicht gefal­len? Was hat mir gefal­len? Was neh­me ich mit?

Fazit

Jeder Sozi­al­päd­ago­ge wird über den Ablauf die Hän­de über dem Kopf zusam­men­schla­gen, da die engen Zeit­vor­ga­ben die eigent­lich not­wen­di­ge Inten­si­vie­rung der Lern­schrit­te durch eben meh­re­re Übun­gen zu einem The­men­block kaum zulas­sen. Trotz­dem: Im Feed­back kam her­aus, dass den SuS die Sache im Gro­ßen und Gan­zen gut gefal­len hat und sie auch eini­ges für sich mit­neh­men – also schon­mal bes­ser als gar nichts.

Ein kal­ter Schau­er über­zog mei­nen Rücken bei den Anspie­len am vier­ten Tag, weil die SuS „Vor­gän­ge“ auf z.B. „erwach­se­nen Geburts­ta­gen“ in Mimik, Ges­tik und Arti­ku­la­ti­on täu­schend echt nach­stel­len konn­ten – auch was die Reak­tio­nen der jewei­li­gen „Rol­len“ anging.

Mir wur­de noch ein­mal klar, dass unse­re Gesell­schaft unzäh­li­ge Mythen zum Alko­hol bereit­hält und bestimm­te Aspek­te eben nicht the­ma­ti­siert: Wer spricht schon öffent­lich über Details sei­nes Katers oder über die „Güte“ einer Lie­bes­nacht nach inten­si­vem Alko­hol­ge­nuss? Viel­leicht wäre aber genau das eine viel effek­ti­ve­re „Prä­ven­ti­on“…

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3 Kommentare

  • ö

    Ich habe mal im Rah­men einer FoBi zum The­ma Alko­hol­kon­sum & Jugend­li­che gehört, dass ein Kran­ken­haus den betrun­ken ein­ge­lie­fer­ten Schü­lern Win­deln anzieht. Das mer­ken die meis­ten im Suff nicht, aber wenn sie auf­wa­chen sehr wohl. Und die Win­del bleibt dran, bis sie raus sind…

    Was den Putz- und Hygie­ne­auf­wand für die Schwes­tern gering hält, ist schein­bar auch sehr effek­tiv als Abschre­ckung vor Intensiv-Konsum.
    Wenn auch nicht der Weis­heit letz­ter Schluss…

  • Marcus

    Gibt auch hier­zu­lan­de guten Input, den man für so etwas ver­wen­den kann. Aktu­ell wäre da gera­de die Alko­hol-Kam­pa­gne der BZgA. Was sehr schön ist, ist die soge­nann­te Body­m­ap einer­seits, die einem zeigt, wo der Alko­hol wel­che Schä­den her­vor­ru­fen kann (geschlech­ter­spe­zi­fisch). Außer­dem gibt es noch einen Test anhand des­sen man her­aus­fin­den kann/soll ob man bereits irgend­wie gefähr­det ist.

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