Die Nernstsche Gleichung aufstellen

Ein­lei­tung

Die­ser Arti­kel dient auch als klei­nes Expe­ri­ment, um die Mög­lich­kei­ten des LaTeX-Plug­ins Quick­La­TeX aus­zu­lo­ten. Ich bin recht beein­druckt von den Satz­mög­lich­kei­ten, die ich hier nur zu 90% opti­miert habe… Da kön­nen jetzt also noch wei­te­re Arti­kel aus der Serie „Wie man leicht sieht…“ fol­gen. Dort habe ich für die For­meln einen Web­dienst bemüht, der aus TeX-Syn­tax Vek­tor­gra­fi­ken erstellt – das sieht natür­lich dann hüb­scher aus, tippt sich aber nicht so fluffig.

Zur Sache

Die Nernst­sche Glei­chung ist einer der fun­da­men­ta­len Lern­in­hal­te im Bereich der Elek­tro­che­mie und prin­zi­pi­ell eigent­lich nichts wei­ter als ein arg ver­klau­sur­lier­tes che­mi­sche Gleich­ge­wicht, also ein ande­rer Aus­druck für K – im Prin­zip natür­lich. In Schul­bü­chern läuft einem das Ding eigent­lich fast nur in die­ser Form über den Weg:

    \[ (1) \; U_{H(Ox/Red)} = U_{H(Ox/Red)}^0 + \frac{0,059V}{z}\cdot lg \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \]

oder auch:

    \[ (2) \; U_{H(Ox/Red)} = U_{H(Ox/Red)}^0 + \frac{0,059V}{z}\cdot lg (K) \]

Wie erhält man nun die Nernst­sche Glei­chung für belie­bi­ge che­mi­sche Gleichgewichte?

Für das Chlor­sys­tem gilt:

    \[ (3)\; Cl_{2(g)} + 2e^- \rightleftharpoons 2Cl_{(aq)}^- \]

Für die­ses Gleich­ge­wicht stellt die Nernst­sche Glei­chung qua­si eine Umrech­nungs­vor­schrift dar. So kann ich z.B. aus einem gemes­se­nen Poten­ti­al eine tat­säch­lich vor­han­de­ne Chlo­rid­io­nen­kon­zen­tra­ti­on in einem Gleich­ge­wicht berech­nen. Dazu bestim­me ich zunächst auf bei­den Sei­ten der Glei­chung (2) die zuge­hö­ri­gen Oxidationszahlen:

    \[ (4)\; \overset{\text{0}}{Cl_2(g)} + 2e^- \rightleftharpoons 2\overset{\text{-I}}{Cl_{(aq)}^-} \]

Das Chlo­rid­ion besitzt mit ‑I die nied­ri­ge­re Oxi­da­ti­on­zahl und ist damit die redu­zier­te Form (Red). Das Chlor­mo­le­kül ist die oxi­dier­te Form (Ox). Jetzt muss ich dem Term für K so auf­stel­len, dass die oxi­dier­te Form oben steht:

    \[ (5) K = \frac{c(Ox)}{c(Red)} = \frac{c(Cl_2)\cdot c(e^-)^2}{c(Cl^-)^2} \]

Elek­tro­nen und das Chlor­gas besit­zen in einer Lösung kei­ne Kon­zen­tra­ti­on bzw. die­se kann als kon­stant ange­nom­men und gleich 1 gesetzt wer­den. Damit lau­tet die Gleichung:

    \[ (6) \; U_{H\;(Cl_2/Cl^-)} = U_{H\;(Cl_2/Cl^-)}^0 + \frac{0,059V}{2}\cdot lg \left( \frac{1}{c(Cl^-)^2}\right) \]

Freund­li­cher­wei­se gilt außerdem:

    \[ (7) \; lg(a)^b = b \cdot lg(a) \]

d.h., ich kann die Potenz aus dem Nen­ner des letz­ten Fak­tors vor den Aus­druck zie­hen, weil der Zäh­ler net­ter­wei­se gleich 1 ist:

    \[ (8) \; U_{H\;(Cl_2/Cl^-)} = U_{H\;(Cl_2/Cl^-)}^0 + \frac{0,059V}{2}\cdot 2 \cdot lg \left(\frac{1}{c(Cl^-)}\right) \]

und dann kürzen:

    \[ (9) \; U_{H\;(Cl_2/Cl^-)} = U_{H\;(Cl_2/Cl^-)}^0 + 0,059V \cdot lg\left(\frac{1}{c(Cl^-)}\right) \]

Che­mie­bü­cher schrei­ben die Nernst­sche Glei­chung ger­ne anders auf, wenn die redu­zier­te Form die lös­li­che ist, indem sie meist still­schwei­gend vor­aus­set­zen, dass gilt:

    \[ (10) \; lg\left(\frac{a}{b}\right) = -lg\left(\frac{b}{a}\right) \]

also hier konkret:

    \[ (11) \; U_{H\;(Cl_2/Cl^-)} = U_{H\;(Cl_2/Cl^-)}^0 + \frac{0,059V}{1}\cdot - lg\left(\frac{c(Cl^-)}{1}\right) \]

bzw. mit vor­ge­hol­tem Minus­zei­chen und ande­rer Bruchschreibweise:

    \[ (12) \; U_{H\;(Cl_2/Cl^-)} = U_{H\;(Cl_2/Cl^-)}^0 - 0,059V \cdot lg \left(c(Cl^-)\right) \]

Ich fin­de die­se Unter­schei­dung nicht beson­ders sinn­voll. Natür­lich sieht die Glei­chung so für SuS erst­mal ein­fa­cher aus, aber es bleibt eben das Pro­blem, wann ein Minus­zei­chen und wann ein Plus­zei­chen in der Nernst­schen Glei­chung ver­wen­det wer­den soll/muss. Ich lege mich im Unter­richt immer auf die Vari­an­te mit dem Plus­zei­chen fest. So bekommt man jedes Redox­sys­tem durch eine ein­fa­che Schritt­fol­ge in den Griff.

Ein schwe­res Beispiel

Das Per­man­ga­nat­sys­tem ist schon nicht ganz einfach.

    \[ (13)\; MnO_{4(aq)}^- + 8H^+ + 5e^- \rightleftharpoons Mn_{(aq)}^{2+} + 4H_2 O_{(l)} \]

Schritt 1: Oxi­da­ti­ons­zah­len bestim­men – Wo ist die redu­zier­te Form?

Dafür schau­en wir uns die Per­man­ga­nat- und Man­gan­io­nen an:

    \[ (14)\; \overset{\text{+VII}}{Mn}O_{4(aq)}^- + 8H^+ + 5e^- \rightleftharpoons \overset{\text{+II}}{Mn_{(aq)}^{2+}} + 4H_2 O_{(l)} \]

 

Das Man­gan­ion besitzt die nied­ri­ge­re Oxi­da­ti­ons­zahl, ist also die redu­zier­te Form. Dem­nach muss die rech­te Sei­te der Glei­chung im Term für K nach unten.

Schritt 2: Aus­druck für K bestimmen

Die Kon­zen­tra­ti­on des Lösungs­mit­tels Was­ser kann als kon­stant ange­nom­men und gleich 1 gesetzt wer­den, taucht im Nen­ner also nicht mehr auf:

    \[ (15)\; K=\frac{c(MnO_{4(aq)})^- \cdot c(H^+)^8}{c(Mn_{(aq)}^{2+})} \]

Schritt 3: Aus­druck in die Nernst­sche Glei­chung einsetzen

    \[ (16) \; U_{H\;(MnO_{4(aq)}/Mn_{(aq)}^{2+})} = U_{(MnO_{4(aq)}/Mn_{(aq)}^{2+})}^0\right) \]

    \[ + \frac{0,059V}{5}\cdot lg \left( \frac{c(MnO_{4(aq)})^- \cdot c(H^+)^8}{c(Mn_{(aq)}^{2+})} \right) \]