RAMBO (Riecken Arbeitet Mit Blogs Online) – Folge 5

Dies­mal wur­de der inhalt­li­che Rah­men durch eine Ein­heit zur Erör­te­rung gebil­det. Wesent­li­che Ele­men­te (Auf­bau eines Argu­ments, Abfol­ge der Argu­men­te bei stei­gern­den bzw. dia­lek­ti­schen Erör­te­run­gen) habe ich klas­sisch im Unter­richt mit Regel­heft­ein­trä­gen und nor­ma­len Schreib- und Bewer­tungs­auf­trä­gen erledigt.

Aber schon für Stoff­samm­lun­gen erschien mir der klas­si­sche Ansatz (Zet­tel neh­men, jeder sucht Argu­men­te und ord­net sie nach Gewich­tig­keit usw.) nicht mehr zeit­ge­mäß – vor Augen geführt wur­de mir das durch eine spon­ta­ne, kri­ti­sche Schü­ler­äu­ße­rung, die sinn­ge­mäß lautete:

Herr Riecken, wie soll man denn aus sich selbst her­aus, nur auf eige­ne Erfah­run­gen Bezug neh­mend, zu wirk­lich inhalt­lich über­zeu­gen­den Argu­men­ten kommen?“

Recht hat er – fand ich. Pas­send zu den Vor­komm­nis­sen in Japan habe ich in einem Goo­g­le­Docs-Doku­ment Argu­men­te pro und con­tra Atom­kraft sam­meln und jeweils aus­for­mu­lie­ren las­sen. Die­se durf­ten dann die SuS je nach Geschmack für eige­ne, stei­gern­de Erör­te­run­gen in unse­rem Blog ver­wen­den. So war ein sol­che Haus­auf­ga­be auch unter der Woche durch die Vor­ent­las­tung eini­ger­ma­ßen zu bewäl­ti­gen. Anhand der Blog­ein­trä­ge konn­te ich dann gezielt noch­mal auf ein­zel­ne Her­aus­for­de­run­gen im Unter­richt ein­ge­hen – ein authen­ti­sches Arbeits­blatt ist schnell zusammenkopiert.

Heu­te bin ich nach eini­gen wei­te­ren klas­si­schen Stun­den dann völ­lig ver­rückt gewor­den. Haus­auf­ga­be war eine dia­lek­ti­sche Erör­te­rung zum The­ma „Sol­len sich SuS in den Pau­sen im Schul­ge­bäu­de auf­hal­te dür­fen?“ (ein authen­ti­sches Pro­blem in die­ser käl­te­emp­find­li­chen Klas­se) in Form eines Brie­fes an unse­re Schul­lei­tung. Im Blog gab es dazu die­se Aufgabe:

  1. Lies dir dei­nen zuge­wie­se­nen Text sorg­fäl­tig durch und ver­fas­se einen Kom­men­tar auf Basis der Kri­te­ri­en aus dem Regelheft!
  2. Wäh­le je ein Pro- und ein Con­tr­a­ar­gu­ment aus, von dem du über­zeugt bist und kopie­re es in die­ses Goo­g­le­Docs-Doku­ment.
  3. Schrei­be gemein­sam mit dei­nen Mit­schü­lern die Gelenk­stel­len in dem Goo­g­le­Docs-Doku­ment – es soll am Schluss der Stun­de ein fer­ti­ger Brief entstehen.

Die kur­siv gedruck­ten Pas­sa­gen ver­link­ten im ers­ten Fall auf eine Goo­g­le­Docs-Tabel­le (nur lesen­der Zugriff), die regel­te, wer wel­chen Text im Blog kom­men­tiert und im zwei­ten Fall auf ein Goo­g­le­Docs-Doku­ment (anonym, schrei­ben­der Zugriff). Die SuS durf­ten in einem Zwi­schen­schritt (von 2 auf 3) noch die ein­zel­nen Argu­men­te durch Hin­zu­fü­gen von Stern­chen bewer­ten – jeder hat­te für pro und con­tra je fünf Stern­chen (*) zu ver­ge­ben.  Das Ergeb­nis haben wir uns ange­schaut und dann Auf­ga­ben verteilt -

  • Wer küm­mert sich um die Sor­tie­rung ent­spre­chend der Sternchenanzahl?
  • Wer for­mu­liert wel­ches Argu­ment inkl. Anschluss an die umge­ben­den genau­er aus?
  • Wer küm­mert sich im die Gelenk­stel­le (Über­gang von Anti­the­se auf These)?
  • Wer küm­mert sich um die Einleitung?
  • Wer küm­mert sich um den Schluss?

Erfah­run­gen

  1. Eine Dop­pel­stun­de reicht für das gesam­te Vor­ha­ben nicht
  2. Es gibt Pha­sen des tota­len Cha­os – z.B. wur­de zwi­schen­zeit­lich die schon durch Stern­chen bewer­te­ten Argu­men­te für die Anti­the­se ver­se­hent­lich(?) gelöscht – lei­der fand Riecken die Ver­sio­nie­rung in der kon­kre­ten Unter­richts­si­tua­ti­on nicht… ( Jetzt weiß ich: Datei => Über­ar­bei­tungs­ver­lauf anzeigen )
  3. Natür­lich haben eini­ge Witz­bol­de im Schutz der Anony­mi­tät auch Blon­di­nen­wit­ze inte­griert oder bereits zuge­wie­se­ne Namen für die Bear­bei­tung von Text­tei­len nach­träg­lich verändert
  4. Nach eini­gem geziel­ten Geschimp­fe kam das Doku­ment dann doch in die Spur
  5. Der Sinn des Ver­fah­rens erschloss sich den SuS in sei­nen Vor­tei­len zur klas­si­schen Heft- oder Zet­tel­kle­be­ar­beit erst prozessual
  6. Ich habe für Mor­gen jetzt genug Mate­ri­al, um den Über­gang zwi­schen Argu­men­ten zu üben (Arbeit am Lexi­kon und der Sprache)

Mir kamen heu­te Zwei­fel, ob gera­de die anony­me Nut­zung von Goo­g­le­Docs auf Dau­er wirk­lich noch Sinn macht, weil das mehr und mehr ein Tool wird, des­sen Nut­zen von den SuS gese­hen und auch ander­wei­tig genutzt wird – hat dazu jemand schon einen Eltern­brief entwickelt?

Gedichtinterpretation mit GoogleDocs & Blogs

Erstel­le mit den drei Mit­schü­lern dei­ner Grup­pe eine kom­plet­te Gedicht­ana­ly­se: Inter­pre­ta­ti­ons­hy­po­the­se, Inhalts­an­ga­be, for­ma­le Ana­ly­se, sprach­li­che Ana­ly­se, inhalt­li­che Ana­ly­se und Rück­be­zug der Ana­ly­sen­tei­le auf dei­ne Hypothese.

Die fin­dest das zu ver­wen­den­de Doku­ment hin­ter die­sem Link unter dei­ner Gruppennummer:

Zu dem Doku­men­ten (Ver­weis auf frei­ge­ge­be­nen GoogleDocs-Ordner)

Even­tu­ell musst du noch auf den Link “öffnen” kli­cken, um das Doku­ment bear­bei­ten zu können.

Kami­ka­ze­stun­de heu­te: Es ist eine gute Klas­se, die offen für Neu­es und Expe­ri­men­te ist. Was mit Goo­g­le­Docs mitt­ler­wei­le geht und was ich damit bereits gemacht habe, ist hier beschrie­ben. Ich woll­te ein­fach mal sehen, ob es mög­lich ist, eine Gedicht­in­ter­pre­ta­ti­on kol­la­bo­ra­tiv in einer Schul­stun­de durch jeweils drei SuS erstel­len zu las­sen. Dazu gab es die oben zitier­te Auf­ga­be im Klassen-Blog.

Dazu habe ich ein neu­es Fea­ture von Goo­g­le­Docs genutzt, wel­ches erlaubt, die Doku­men­te eines gesam­ten Ord­ners zur anony­men Bear­bei­tung durch die SuS frei­zu­ge­ben. Es wur­de so vie­le Doku­men­te erstellt, dass immer drei SuS in einem arbei­ten konnten.

Erfah­run­gen:

  1. Es geht. Es kommt kei­ne fer­ti­ger Text dabei her­aus, aber viel Stoff zum Üben, The­ma­ti­sie­ren und Über­ar­bei­ten. Es wür­de ein sol­cher Text her­aus­kom­men, gäbe es mehr Arbeitszeit.
  2. Man soll­te dem Team vor­her sagen, dass jeder zunächst auf einer eige­nen Sei­te des Doku­ments arbei­ten soll­te. Es ist doch zunächst sehr irri­tie­rend, wenn drei Cur­sor oben auf der Sei­te durch die Gegend hüp­fen und ihre Leer­zei­len set­zen wollen.
  3. SuS nut­zen die neu­en Mög­lich­kei­ten zunächst nicht: „Aber das soll doch ein Text wer­den, in dem die ein­zel­nen Tei­le zuein­an­der pas­sen, Herr Riecken!“ – „Nö. Ihr könnt neben­ein­an­der schrei­ben und hin­ter­her gemein­sam aus­mis­ten und anpas­sen. Das ist schließ­lich kein Schulheft…“
  4. Gehen wir mor­gen zum Über­ar­bei­ten wie­der hier­her?“ – „Grum­mel – mor­gen haben wir nur eine Ein­zel­stun­de… Daher arbei­ten wir exem­pla­risch im Heft.“ (die­se media­len Brü­che gehen mir manch­mal auf den Sen­kel, jetzt dru­cke ich heu­te Abend flei­ßig vor­sor­tier­te Bei­spie­le auf Tot­holz aus – allein die ver­schie­de­nen Hypo­the­sen, die ent­stan­den sind, fül­len schon eine gan­ze Stunde)
  5. Kann man damit eigent­lich auch Refe­ra­te und so vor­be­rei­ten?“ – „War­um nicht?“

Ich sehe bei sol­chen metho­di­schen Kunst­grif­fen immer das Rezep­ti­ons­pro­blem. Es ent­steht eine Men­ge Text und alle SuS sind dar­an betei­ligt. In einer sol­chen  Stil­l­ar­beits­pha­se kann man sich schlech­ter durch­sa­cken las­sen. Weil wesent­lich mehr SuS aktiv gear­bei­tet haben, ist das Ver­lan­gen nach Wahr­neh­mung die­ser Arbeit nach mei­ner Erfah­rung auch größer.

Dem kann ich zur Zeit sys­te­misch nur sehr schlecht gerecht wer­den, weil auf Tot­holz (Papier/Schulheft) eben nur exem­pla­ri­sches Arbei­ten und kei­ne Peer2­Peer-Rezep­ti­on mit den Mög­lich­kei­ten von Online­tools rea­li­sier­bar ist. Das ist viel­leicht im Sin­ne einer didak­ti­schen Reduk­ti­on auch legi­tim, aber nicht unbe­dingt för­der­lich unter moti­va­tio­na­len Gesichts­punk­ten. Also zurück mit dem Text ins Klas­sen­blog und dort kom­men­tie­ren las­sen? Mal sehen…