Blogparade: Schulbuch 2015

Auf Twit­ter ergab sich vor eini­ge Tagen eine inter­es­san­te Dis­kus­si­on zum The­ma Schul­bü­cher – auch immer wie­der ein­mal The­ma im deut­schen #EDCHATDE. Her­aus­ge­kom­men ist die Idee einer Blog­pa­ra­de zum The­ma Schul­buch, an der ich mich mit die­sem Arti­kel beteilige.

Wer mich kennt, weiß, dass ich eigent­lich nie ohne haar­sträu­ben­de Ana­lo­gien und Geschich­ten aus­kom­me – auch dies­mal bleibt das nie­man­dem erspart – aber Geduld: Ich kom­me irgend­wann auf den Punkt.

Die Ana­lo­gie

Letz­te Woche woll­te ich an mei­nen recht betag­ten Fahr­zeug die Stoß­dämp­fer wech­seln – eigent­lich muss­te ich das sogar, weil die unte­re Lager­buch­se des Dämp­fers auf der rech­ten Sei­te schon ziem­lich aus­ge­schla­gen war. Bei mei­nen Auto ( VW T4 )  ist das auch im Prin­zip kein Pro­blem und auf der Auf­fahrt zu machen. Zudem hat man auf die­se Wei­se immer die Legi­ti­ma­ti­on, neu­es Werk­zeug zu kau­fen – immer­hin woll­te die Werk­statt stol­ze 270,- Euro haben – bei einem Mate­ri­al­preis von 100,- Euro für ein Paar Mar­ken­dämp­fer saßen da 50 Euro für Werk­zeug drin. In dem sehr gut gepfleg­ten Wiki zu mei­nem Auto stand zum Dämp­fer­wech­sel nur ein Satz, der mir Sor­gen machte:

Befes­ti­gungs­schrau­be und ‑mut­ter der Dämp­fer­auf­nah­me her­aus­dre­hen (Sechs­kant M12, 100 Nm). Hier­bei kann es pas­sie­ren, dass die Mut­ter sich nicht löst, son­dern statt­des­sen, die Schrau­be, wel­che von oben mit der Karos­se­rie ver­bun­den ist, sich aus der Hal­te­rung löst und mit­dreht. Dann ist es not­wen­dig die Schrau­be von oben von Dreck zu befrei­en und mit einem 18er Maul­schlüs­sel (am bes­ten in fla­cher Aus­füh­rung) zu kontern.

Dazu wird eine zwei­te Per­son benö­tigt, da der Kopf der Schrau­be nur teil­wei­se aus dem Blech raus­steht. (Quel­le)

Wie sich her­aus­stel­len soll­te, konn­te das nicht nur pas­sie­ren, es pas­sier­te auch auf bei­den Sei­ten (zudem wur­de ein Schlüs­sel SW21 benö­tigt und kein SW18).

So ein Schlüs­sel sieht so aus:

standardwerkzeug_a

In so einem Ding steckt eine Men­ge Hirn­schmalz, den man die­sem Stahl­kno­chen erst­mal nicht ansieht. Der Schlüs­sel ist z.B. gewin­kelt (übli­cher­wei­se um 15°):

standardwerkzeug_b

Durch die­se Wink­lung kann man den Schlüs­sel in engen Berei­chen ein­fach umdre­hen und kommt so mit der Schrau­be wei­ter. Die Öff­nung des Schlüs­sels ist genormt: Ein Schlüs­sel SW21 passt zu jeder Schrau­be, deren Kopf 21mm breit ist – Schrau­ben­wei­ten sind genormt, sodass die­ser Schlüs­sel über­all ein­setz­bar ist, wo die glei­che Norm gilt. Da klappt aber nur, wenn der Schlüs­sel ein wenig wei­ter als die Norm­grö­ße 21mm ist – Pro­fi­werk­zeug weist hier weni­ger Tole­ran­zen auf als Bau­markt­wa­re und passt daher grund­sätz­lich bes­ser zur Schraube.

Mei­ne Schrau­be, die es mit dem Schlüs­sel zu lösen galt, war genormt, aber der Schlüs­sel selbst viel zu dick, um in den dar­über­lie­gen­den Zwi­schen­raum zu pas­sen. Ich bekam die eine Schrau­be damit nicht zu packen. Einen fla­chen Schlüs­sel SW21 gab es anschei­nend im gan­zen Inter­net nicht – die sind auch sehr unüb­lich. Wenn es einen sol­chen Schlüs­sel gege­ben hät­te, wäre immer noch eine zwei­te Per­son zum Gegen­hal­ten erfor­der­lich gewe­sen, da ein fla­cher Schlüs­sel schnell „nach oben abrutscht“ – des­we­gen ist der Norm­schlüs­sel ja auch so dick, um genau das zu verhindern.

Der eini­zi­ge ver­füg­ba­re Hel­fer hät­te es kör­per­lich nicht geschafft, eine ange­ros­te­te Schrau­be mit einem Anzugs­dreh­mo­ment von 100Nm zu kon­tern. Was tun?

Wenn bei mir ein Werk­zeug nicht passt, baue ich mir eines.

Die­se Idee kam nicht von mir, son­dern von einem befreun­de­ten Vater, der mich vor dem Auto grü­beln sah. Erst habe ich die­sen Gedan­ken ver­wor­fen, aber schon eine Stun­de spä­ter stand ich mit der Flex und dem Norm­schlüs­sel in der Gara­ge. Her­aus­ge­kom­men ist das hier:

werkzeug_aDie Schlüs­sel­en­den ver­jün­gen sich nach vor­ne. Die­sen Schlüs­sel konn­te ich jetzt mit Kara­cho über den Schrau­ben­kopf prü­geln, das Blech dar­über dien­te als Wider­la­ger und hielt den Schlüs­sel sicher auf dem Schrau­ben­kopf. Mit einem guten Früh­stück und einer lan­gen Knar­re lös­te sich äch­zend und knar­rend die Mut­ter von der Schrau­be – ohne Helfer.

Wie ich Schul­bü­cher verwende

Ich ver­wen­de Schul­bü­cher im Unter­richt fast nie. Es sind für mich genorm­te Werk­zeu­ge, die zu genorm­ten Pro­blem­stel­lun­gen in Form von Cur­ri­cu­la pas­sen. Mehr noch als bei mei­nem Auto­bei­spiel von oben gilt bei Lern­pro­zes­sen im Gegen­satz zu DIN-Schrau­ben für mich oft die „Norm­lo­sig­keit“. Ich unter­rich­te u.U. in zwei Klas­sen par­al­lel, aber die­se Klas­sen mit ihren Indi­vi­du­en ent­spre­chen nicht der Norm – oder jeweils anders. Trotz­dem kann es – bei mir immer sel­te­ne­re – Fäl­le geben, in denen ein genorm­ter Schlüs­sel sehr gut geeig­net ist. Genau wie der Schlüs­sel ist das Schul­buch ja sogar auf meh­re­ren Ebe­nen bis in Details durch­dacht – nur gibt es nicht immer die „Schrau­be“, die zu ihm passt. Daher nut­ze ich ein Schul­buch grund­sätz­lich nur für Anre­gun­gen bei der Vor­be­rei­tung des Unterrichts.

Ein sehr gutes Buch auch nach 15 Jah­ren Lehr­erle­ben und zahl­rei­chen Über­ar­bei­tun­gen ist für mich „Tex­te, The­men und Struk­tu­ren“. Recht zeit­los und erfreu­lich unbe­ein­druckt von schnell­le­bi­gen didak­ti­schen Gra­ben­kämp­fen fin­den sich für mich dar­in immer wie­der inter­es­san­te Tex­te und neue Bli­cke auf Din­ge wie „Schrei­ber­zie­hung“. Es ist für mich ein wenig so wie ein Eng­län­der im Werkzeugbereich.

In mei­nem Regal (ich kom­me für alle mei­ne Schul­bü­cher mit 2m Regal­flä­che aus) ste­hen neben uni­ver­si­tä­ren Lehr­wer­ken auch noch Übungs­blatt­samm­lun­gen, eini­ge Arbeits­hef­te und Ver­suchs­vor­schrif­ten (ich unter­rich­te Che­mie). Das steht da, weil es manch­mal Arbeit spart, wenn es schnell gehen muss. Hin und wie­der ver­irrt sich noch eine unver­langt zuge­schick­tes „Pro­be­ex­em­plar“ dort­hin, wel­ches aber meist nach ein bis zwei Mona­ten sei­nen Weg ins Alt­pa­pier findet.

Wäre ich Fremd­spra­chen­leh­rer, hät­ten Schul­bü­cher für mich aller­dings einen ganz ande­ren Stellenwert.

Die Geschich­te dahin

Als jun­ger Kol­le­ge fehl­te mir oft die Zeit, um mit der Flex in die Gara­ge zu gehen und auf einem zu gro­ßen Schrau­ben­schlüs­sel her­um­zu­schlei­fen. Außer­dem hat­te ich viel zu viel Ehr­furcht vor der Leis­tung der Buch­au­to­ren: Was kann ich klei­nes Licht schon bes­ser machen als ein durch­dach­tes Schul­buch? Damit ist man doch auf jeden Fall auf der siche­ren Sei­te! Es ist auf das Cur­ri­cu­lum abge­stimmt, durch ein Lek­to­rat gelau­fen und bie­tet mir Ori­en­tie­rung. Pfif­fi­ge Ideen wie die 15-Grad­wink­lung beim der Schrau­ben­schlüs­sel­ana­lo­gie wären mir aus mei­ner Unter­richts­pra­xis her­aus gar nicht erst gekom­men. So ist das Dona­tor-Akzep­tor-Prin­zip als fun­da­men­ta­le didak­ti­sche Grö­ße im Che­mie­un­ter­richt wohl ein ech­tes Ver­dienst von Schulbüchern.

Wenn ich dann dar­über­hin­aus noch Ideen habe, ist es Dank der Soli­di­tät in der Lage, den Fun­ken­strahl der ers­ten Flex­ver­su­che anzu­len­ken oder mich wie­der auf den siche­ren Stan­dard­weg zu bringen.

Mit den Jah­ren fiel die­se fast ehr­fürch­ti­ge Bezie­hung mehr und mehr in sich zusam­men – ins­be­son­de­re in der Che­mie: Sie schrei­ben die Nernst­sche Glei­chung ein­mal mit Minus und ein­mal mit Plus­zei­chen – aha. Und hier schrei­ben sie „wie man leicht sieht“ – die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sehen es aber so gar nicht. Und was soll die­ser Begriff schon an die­ser Stel­le? Und dann waren es gera­de die­se Stun­den, in denen Schü­le­rin­nen und Schü­ler das Buch hin­ter­frag­ten, die fach­lich den höchs­ten Ertrag zu brin­gen schie­nen. Ich lern­te in den Jah­ren auch Buch­au­to­ren ken­nen. Die Ehr­furcht wich ganz schnell einer prag­ma­ti­schen Hal­tung je mehr Schrau­ben­schlüs­sel ich selbst zurecht­schliff. Dabei gab es auch ein­mal blu­ti­ge Fin­ger oder einen ver­brann­ten Pul­li. Die Arbeit mit der Flex birgt auch Risi­ken. Aber das nächs­te Werk­zeug wur­de dann eben bes­ser. Der dazu not­wen­di­ge „Arsch in der Hose“ muss sich aber ent­wi­ckeln – er ist nicht von vorn­her­ein da. Genau an die­ser Stel­le hal­te ich Schul­bü­cher für wichtig.

Dazu kamen dann noch die cur­ri­cu­la­ren und didak­ti­schen Stür­me: Wel­cher Ver­lag konn­te oder soll­te da noch hin­ter­her­kom­men? Die Lücke zwi­schen dem sehr dyna­mi­schen Cur­ri­cu­lum und dem ver­hält­nis­mä­ßig sta­ti­schen Schul­buch scheint immer grö­ßer zu werden.

Rand­no­tiz: Ich und die Verlage

Es gibt hier im Blog eine gan­ze Serie zum The­ma „Riecken und die Ver­la­ge“ bzw. mitt­ler­wei­le auch eini­ge Start­ups. Daher nur eine Rand­no­tiz: Eigent­lich weiß ich viel wenig über die inter­nen Struk­tu­ren in Ver­la­gen. Das kommt viel­leicht noch – ansons­ten ist die­se Web­sei­te mitt­ler­wei­le an vie­len neur­al­gi­schen Stel­le ja lehr­buch­ähn­lich. Ich habe in den Jah­re durch zahl­rei­che „Ange­bo­te“ gelernt, Pro­du­zen­ten von Inhal­ten Hoch­ach­tung zu zol­len unter sol­chen Bedin­gun­gen über­haupt noch etwas mit Hand und Fuß zu pro­du­zie­ren. Soll­te es mich wirk­lich noch ein­mal über­kom­men, schrie­be ich ein Lehr­buch online und bäte um Spen­den für mei­ne Arbeit – qua­si das Körb­chen am Aus­gang nach dem Kon­zert. Wahr­schein­lich käme da mehr zusam­men als bei einer Ver­öf­fent­li­chung über die übli­chen Distributionswege.

Fazit

Für mei­ne Fächer bin ich ein ganz schlech­ter Kun­de für Schul­buch­ver­la­ge. Schul­bü­cher set­ze ich kaum im Unter­richt ein. An deren Stel­le tre­ten struk­tu­rier­te Auf­zeich­nun­gen in zuneh­mend auch digi­ta­ler Form, die den Lern­stoff für alle Betei­lig­ten zugäng­lich machen.

Für die Unter­richts­vor­be­rei­tung als Impuls­ge­ber und in Fäl­len, wo ich z.B. ein neu­es Fach unter­rich­ten muss, bie­ten mir Schul­bü­cher zunächst eine siche­re Burg, bis ich die Gegend hin­rei­chend erforscht habe und die jewei­li­ge didak­ti­sche Flex hal­ten kann. Ansons­ten hat zum Pro­zess der Unter­richts­vor­be­rei­tung mein Blog­ger­kol­le­ge Andre­as Kalt eigent­lich alles Wesent­li­che gesagt.

In Deutsch auch einmal etwas Vor-schreiben

Auf einem Minit­weet­up mit Herrn Lar­big sind wir irgend­wie auf das Pro­blem gesto­ßen, dass es z.B. in Mathe­ma­tik oder Che­mie üblich ist, Auf­ga­ben oder Übun­gen durch die Lehr­kraft vor­zu­rech­nen, um z.B. bei­spiel­haft einen Lösungs­weg zu zei­gen, der dann bei ana­lo­gen Auf­ga­ben als Leit­fa­den die­nen kann.

Im Fach Deutsch wer­den von SuS oft durch­struk­tu­rier­te Tex­te ver­langt. Im Ide­al­fall übt man an vor­ge­ge­ben Text­bei­spie­len aus dem Lehr­buch – neu­er­dings auch mit Über­ar­bei­tungs­auf­ga­ben, d.h. der schlaue Lehr­buch­au­tor hat im Qua­li­täts­me­di­um Schul­buch extra ein paar Feh­ler­chen versteckt.

Wann aber schrei­ben Deutsch­lehr­kräf­te ein­fach ein­mal selbst einen Ana­ly­se­teil, eine Inhalts­an­ga­be oder eine Inter­pre­ta­ti­on und the­ma­ti­sie­ren ihren Text mit der Lerngruppe?

Häu­fi­ge Ausflüchte:

  1. Ich soll ja nichts ler­nen, son­dern die SuS!
  2. Ich mache mich doch vor der Lern­grup­pe nicht angreifbar!
  3. Das dau­ert doch viel zu lange!
  4. Dann kann man mich doch festnageln!
  5. (dann sehen die SuS doch auch mei­ne Unzulänglichkeiten …)

Ich habe mich heu­te getraut und mei­nen SuS etwas vor-geschrie­ben. Es han­del­te sich dabei um eine Ana­ly­se der Erzähl­hal­tung zum Roman­an­fang von „Bekennt­nis­se des Hoch­stap­lers Felix Krull“. Hier der Auszug:

Indem ich die Feder ergrei­fe, um in völ­li­ger Muße und Zurück­ge­zo­gen­heit- gesund übri­gens, wenn auch müde, sehr müde (so dass ich wohl nur in klei­nen Etap­pen und unter häu­fi­gem Aus­ru­hen wer­de vor­wärts schrei­ten kön­nen), indem ich mich also anschi­cke, mei­ne Geständ­nis­se in der sau­be­ren und gefäl­li­gen Hand­schrift, die mir eigen ist, dem gedul­di­gen Papier anzu­ver­trau­en, beschleicht mich das flüch­ti­ge Beden­ken, ob ich die­sem geis­ti­gen Unter­neh­men nach Vor­bil­dung und Schu­le denn auch gewach­sen bin. Allein, da alles, was ich mit­zu­tei­len habe, sich mei­nen eigens­ten und unmit­tel­bars­ten Erfah­run­gen, Irr­tü­mern und Lei­den­schaf­ten zusam­men­setzt und ich also mei­nen Stoff voll­kom­men beherr­sche, so könn­te jener Zwei­fel höchs­tens den mir zu Gebo­te ste­hen­den Takt und Anstand des Aus­drucks betref­fen, und in die­sen Din­gen geben regel­mä­ßi­ge und wohl been­de­te Stu­di­en nach mei­ner Mei­nung weit weni­ger den Aus­schlag, als natür­li­che Bega­bung und eine gute Kin­der­stu­be. An die­ser hat es mir nicht gefehlt, denn ich stam­me aus fein­bür­ger­li­chem, wenn auch lie­der­li­chem Hau­se; meh­re­re Mona­te lang stan­den mei­ne Schwes­ter Olym­pia und ich unter der Obhut eines Fräu­leins aus Vevey, das dann frei­lich, da sich ein Ver­hält­nis weib­li­cher Riva­li­tät zwi­schen ihr und mei­ner Mut­ter – und zwar in Bezie­hung auf mei­nen Vater – gebil­det hat­te, das Feld räu­men musste; […]
Unse­re Vil­la gehör­te zu jenen anmu­ti­gen Her­ren­sit­zen, die, an sanf­te Abhän­ge gelehnt, den Blick über die Rhein­land­schaft beherr­schen. Der abfal­len­de Gar­ten war frei­ge­big mit Zwer­gen, Pizen und aller­lei täu­schend nach­ge­ahm­tem Getier aus Stein­gut geschmückt; […]
Dies war das Heim, wor­in ich an einem lau­en Regen­ta­ge des – einem Sonn­ta­ge übri­gens – gebo­ren wur­de, und von nun an geden­ke ich nicht mehr vor­zu­grei­fen, son­dern die Zeit­fol­ge sorg­fäl­tig zur Richt­schnur zu neh­men. Mei­ne Geburt ging, wenn ich recht unter­rich­tet bin, nur sehr lang­sam und nicht ohne künst­li­che Nach­hil­fe unse­res dama­li­gen Haus­arz­tes, Dok­tor Mecum, von­stat­ten, und zwar haupt­säch­lich des­halb, wenn ich jenes frü­he und frem­de Wesen als »ich« bezeich­nen darf – außer­or­dent­lich untä­tig und teil­nahms­los dabei ver­hielt, die Bemü­hun­gen mei­ner Mut­ter fast gar nicht unter­stütz­te und nicht den min­des­ten Eifer zeig­te, auf eine Welt zu gelan­gen, die ich spä­ter so instän­dig lie­ben sollte.

(aus: Tho­mas Mann, Bekennt­nis­se des Hoch­stap­lers Felix Krull. Der Memoi­ren ers­ter Teil, Frankfurt/M.: Fischer 1989, S.7–13, gekürzt)

Und hier mein Arbeits­blatt dazu:

Vor­schlag für einen Analysetext Funk­ti­on für die Ana­ly­se / Kommentare
Der vor­lie­gen­de kur­ze Aus­zug aus dem Roman „Bekenntnisse des Hoch­stap­lers Felix Krull“, geschrie­ben von Tho­mas Mann, wird durch die Ich-Per­spek­ti­ve geprägt.
Der fik­ti­ve Ich-Erzäh­ler gestal­tet stel­len­wei­se den zeit­li­chen Auf­bau der Hand­lung, z.B. wenn er sich selbst zur Räson ruft „nicht mehr vorzugereifen“ (Z.21). Er kon­sta­tiert, sich bei sei­ner eige­nen Geburt „untätig und teilnahmslos“ (Z.25) ver­hal­ten zu haben. Sich erzäh­le­risch noch in der Ver­gan­gen­heit befin­dend, beschreibt er in eine Welt zu gelan­gen, die er „später so innig lie­ben sollte“ (Z.27).
Gene­rell ver­fügt der Ich-Erzäh­ler über detail­lier­tes Wis­sen zu sei­ner Umwelt (Z.17 ff.) oder den sozia­len Bezie­hun­gen inner­halb sei­ner Fami­lie (Z.14 ff.).
Auch wenn es Text­stel­len gibt, in denen der Erzäh­ler sehr auf die eige­ne Per­son zurück­ge­wor­fen ist (Z.2 ff.) über­wie­gen den­noch die Pha­sen, in denen er aktiv Ein­fluss auf das Gesche­hen nimmt und den Ablauf der Hand­lung beein­flusst. Sei­ne Wert­ur­tei­le sind geeig­net, die Wahr­neh­mung des Lesers zu lenken.
Klas­sisch han­delt es sich dabei um Ele­men­te einer aukt­oria­len Erzähl­wei­se. Der Ich-Erzäh­ler weist in sei­nem Han­deln über sich als Per­son hin­aus und erweckt ledig­lich die Fik­ti­on des per­so­na­len Erzählens.
Die­ses im gewis­sen Maß mani­pu­la­ti­ve Vor­ge­hen des aukt­oria­len Ich-Erzäh­lers lässt sich dem Ver­hal­ten  eines Hoch­stap­lers zuschrei­ben. Dies wäre durch eine wei­te­re Ana­ly­se des Tex­tes zu prüfen.

Es kam natür­lich die ein oder ande­re kri­ti­sche Äuße­rung, aber es war ins­ge­samt eigent­lich gar nicht so schlimm. Die Ergeb­nis­se haben wir kurz aus­ge­wer­tet, um dann ein­mal zu ver­su­chen, mei­ne Ver­si­on als Scha­blo­ne auf einen ande­ren Romanau­schnitt zu legen. Die­ser wies einen eher per­so­nal gepräg­ten Ich-Erzäh­ler auf.

Als drit­te Stu­fe (Haus­auf­ga­be) gab es einen Input zu den Begrif­fen Erzähl­zeit und erzähl­te Zeit. Unter die­sen Aspek­ten soll nun wie­der­um einer der bei­den Roman­aus­schnit­te ana­ly­siert werden.

Ich habe auch schon ein­mal eine Kurz­ge­schich­te selbst ver­fasst und als Klas­sen­ar­beits­text gege­ben, kam mir dabei aber irgend­wie blöd vor. Eigent­lich ver­wun­der­lich: Immer­hin tren­nen mich nur vier Wochen und eine gepimp­te Staats­examens­ar­beit vom dama­li­gen Magis­ter – da soll­te man doch wohl schrei­ben können …

Und sie waren tatsächlich da …

chemie4kids-pixeled

Von dem Bild bekommt man einen guten Ein­druck von dem Besuch der Kin­der­gar­ten­kin­der bei uns im Che­mie­kurs (rei­ner Abde­cker­er­gän­zungs­kurs, kein Cur­ri­cu­lum). Das Bild ist übri­gens mit einer GOPRO-Action­ka­me­ra gemacht (sowas hält unser Medi­en­zen­trum für die akti­ve Medi­en­ar­beit in der Schu­le bereit).  Mein Kurs hat selbst Expe­ri­men­te für Kin­der erar­bei­tet – dabei stand im Mit­tel­punkt, dass es nicht um die lei­der immer mehr didak­ti­schen Raum ein­neh­men­de Phä­no­me­no­lo­gie gehen soll, son­dern um Deu­tun­gen, die für Kin­der ver­steh­bar sind.

Adhä­si­on bei der Chro­ma­to­gra­phie kann man z.B. modell­haft durch Kin­der erklä­ren, die von ande­ren Kin­der gescho­ben wer­den – mal auf einem Bein ste­hend, mal auf zwei Bei­nen ste­hend. Das Lauf­mit­tel (das schie­ben­de Kind) kann das Farb­stoff­teil­chen (das gescho­be­nen Kind) unter­schied­lich gut bewe­gen. In sol­chen ver­meint­li­chen Details steckt sehr viel Denk­ar­beit (nicht mei­ne!): Die Erklä­rung ist nicht über die Maßen sim­pli­fi­ziert, ermög­lich aber trotz­dem eine in Grund­zü­gen kor­rek­te Vor­stel­lung von einem Teil­be­reich der sich tat­säch­lich abspie­len­den Vorgänge.

Neben der Schul­lei­te­rin waren auch Ver­tre­ter der ört­li­chen Lokal­zei­tun­gen zeit­wei­se anwe­send – die Inter­views haben natür­lich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler selbst gege­ben. Die resul­tie­ren­den Arti­kel in den Zei­tun­gen haben mir bei­de sehr gut gefal­len. Für mich ist die­se „Ver­mark­tung“ rela­ti­ves Neu­land – die Akti­on selbst ist ja schon ein Remake. Den Schü­le­rin­nen und Schü­lern war die Öffent­lich­keit aber gar nicht so wich­tig – zumin­dest hat das unse­re klei­ne Eva­lua­ti­on hin­ter­her erge­ben. Die Atmo­sphä­re wäh­rend der Ver­an­stal­tung war so, dass fast alle Erwach­se­nen, die von außen kamen, lan­ge geblie­ben sind – es gab unglaub­lich viel zu schau­en, zu hören und zu erle­ben, z.B. sehr fokus­sier­te und gespann­te Kinder.

Ein Segen ist, dass ich Teil­neh­men­de aus der Video-AG mit in mei­nem Kurs sit­zen habe, die gemein­sam mit zusätz­lich frei­ge­stell­ten Schü­le­rin­nen die Doku­men­ta­ti­on über­nom­men habe. Ver­ti­kal­fahrt? GOPRO auf der Krei­de­ab­la­ge der Pylo­nen­ta­fel. Hori­zon­tal­fahrt? GOPRO auf fahr­ba­rem Over­head­pro­jek­tor (zu etwas müs­sen sie ja gut sein). Wack­ler? „Die GOPRO macht 4K – das kann man genau wie die opti­sche Ver­zer­rung durch den extre­men Weit­win­kel her­aus­rech­nen, Herr Riecken!“

Und wie geht es wei­ter? Zunächst habe ich fast sowas wie einen didak­ti­schen Kaper­brief bekom­men. Das Niveau von vie­len Erklär­vi­de­os (auch kom­mer­zi­el­len) gefällt mei­nen Schü­le­rin­nen und Schü­lern nicht. „Nä, das ist tech­nisch nicht gut gemacht, Herr Riecken!“ „Die Idee ist ja schon nett, aber die dra­ma­tur­gi­sche Umset­zung … !“ Und ich: „Fach­lich stimmt da und da aber etwas nicht!“. Der Kurs hat beschlos­sen, das bes­ser zu kön­nen. Nun denn. Ein neu­es Pro­jekt in einem neu­en Halb­jahr, dies­mal akti­ve Medi­en­ar­beit gepaart mit erhöh­tem fach­li­chen Anspruch. Ich weiß noch nicht ganz genau, wie ich das ange­he. Ich könn­te mir gut vor­stel­len, z.B. im Bereich der Koh­len­hy­dra­te – das eig­net sich sehr gut für Erklär­vi­de­os – zunächst in einen Input­pha­se zu gehen, um inhalt­li­che Ori­en­tie­rung zu schaf­fen, um dann dies­mal die SuS eige­ne Pro­jekt­pla­nun­gen (Zeit­ras­ter, Mile­sto­nes) ent­wi­ckeln zu las­sen. Aber das wird noch bis zum neu­en Jahr reifen.

Selbständigkeit und Alleinelassen

Ihr sucht euch jetzt ein­mal ein The­ma, wel­ches euch inter­es­siert und macht dar­aus ein Pro­jekt!“ „Ich gebe euch für eure Pro­jekt­grup­pe einen Punk­te­pool und ihr ent­schei­det in der Grup­pe selbst, wie vie­le Punk­te jeder von euch erhält!“ „Du bekommst als Schu­le ein Bud­get, aus dem du zuerst Fahrt­kos­ten und Fort­bil­dungs­kos­ten finan­zie­ren musst. Den Rest darfst du für ande­re Din­ge ein­set­zen!“ „Jede Schu­le muss selbst eige­ne Ver­fah­rens­be­schrei­bun­gen und Nut­zer­ord­nun­gen zum Daten­schutz erar­bei­ten!“ „Dei­ne schu­li­sche Arbeit sam­melst du in einem Port­fo­lio und über­prüfst lau­fend selbst, wel­che Kom­pe­tenz­be­rei­che du bereits abge­deckt hast!“ „Du hast von mir ein Han­dy bekom­men. Jetzt gehe mal ver­ant­wor­tungs­voll damit um!“ „Regen ist kein Grund, dass ich dich zur Schu­le fah­re!“ „Erar­bei­te mal selbst, was für Gerä­te in dei­nem Schul­netz­werk benö­tigt werden!“

Die­se Lis­te lie­ße sich belie­big fort­set­zen. Ich glau­be, dass sie ein päd­ago­gi­sches Grund­pro­blem beschreibt. Bei mir ist das so stark im Fokus, weil ich damit her­um­ex­pe­ri­men­tie­re, mei­nen Unter­richt ein wenig mehr zu öff­nen und damit so mei­ne Erfah­run­gen gemacht habe. Befür­wor­ter des offe­nen Unter­richt gehen nach mei­ner Mei­nung von einem ganz bestimm­ten Men­schen­bild aus, was mehr oder weni­ger stark aus Arti­keln und SoMe-Posts her­aus­schim­mert. Kern­punk­te die­ses Men­schen­bil­des sind:

  • Men­schen wol­len lernen
  • Men­schen wol­len hin­sicht­lich der Aus­wahl des Lern­stof­fes nicht bevor­mun­det werden
  • Men­schen sind von Natur aus neugierig
  • Men­schen wis­sen selbst am bes­ten, was gut für sie ist
  • Men­schen blü­hen auf, wenn man ihnen Frei­räu­me gibt

Schu­le in Deutsch­land wird dage­gen oft als ein fast kom­ple­men­tä­rer Raum dazu auf­ge­fasst, denn

  • Schu­le macht aus dem Wol­len ein Müssen
  • Schu­le bevor­mun­det hin­sicht­lich der Stoffauswahl
  • Schu­le weckt und beför­dert nicht die Neugier
  • Schu­le maßt sich an zu wis­sen, was für einen guten Staats­bür­ger wich­tig ist
  • Schu­le schafft kei­ne Frei­räu­me, son­dern Zwang
  • Und – fast am wich­tigs­ten: Schu­le macht das posi­ti­ve Men­schen­bild von oben kaputt.

Bei­de Ste­reo­ty­pe erle­be ich nicht so, weder das posi­ti­ve Men­schen­bild, noch die Rigi­di­tät und Enge des Schul­sys­tems. Und das ist nicht böse – halt ein­mal mehr nicht Mainstream.

Ein Bei­spiel aus mei­nem Ardui­no­ex­pe­ri­ment die­ses Jahr in der letz­ten Pha­se („Pro­jekt­pha­se“). Es gibt Schü­le­rin­nen und Schü­ler, die nicht wis­sen, was sie inhalt­lich inter­es­siert und die man schon bei der Fin­dung die­ser Idee beglei­ten muss. Eini­ge sind sogar froh, wenn ich sage: „Mach’s mal so – so schaffst du das!“. Anders­her­um gibt es groß­ar­ti­ge Ideen, die sich aber mit dem Wis­sen und den Mög­lich­kei­ten des jewei­li­gen Schü­lers gar nicht umset­zen las­sen – wo er ohne Len­kung und Hil­fe in den Wald lie­fe und eben kein Erfolgs­er­leb­nis hät­te. Wo ver­läuft also die Gren­ze zwi­schen Allei­n­elas­sen und Selbst­stän­dig­keit? Wahr­schein­lich indi­vi­du­ell und mein Job als Lehr­per­son ist es, die­se Gren­ze zu zie­hen, weil ich ver­dammt noch­mal auf­grund mei­ner Erfah­rung manch­mal eben bes­ser weiß, was klap­pen könnte.

Ein wei­te­res Bei­spiel aus dem Bereich der Pro­jekt­ar­beit: Man gibt der Grup­pe aus fünf Mit­glie­dern 30 Punk­te, die sie dann selbst auf die Grup­pen­mit­glie­der ver­tei­len sol­len, weil die Grup­pe ja am bes­ten weiß, wer sich wie ein­ge­bracht hat. Das ist ver­lo­ckend, weil man so die unan­ge­neh­me Beno­tungs­an­ge­le­gen­heit in die Grup­pe ver­schiebt. Dadurch bleibt die Ange­le­gen­heit nur immer noch unan­ge­nehm (die Bewer­tung steht ja immer­hin im nicht refor­mier­ten Raum „Schu­le“) – nur ich als Lehr­per­son bin aus dem Schnei­der, weil ich den schwar­zen Peter ver­la­ge­re. Mich unbe­liebt zu machen, ist ggf. mein Job. Ich gebe die Note und orga­ni­sie­re die Grup­pen­ar­beit und mich  ggf. so, dass ich das kann. Alles ande­re wäre für mich kei­ne Selbst­stän­dig­keit, son­dern ein Allei­n­elas­sen. Tat­säch­lich ist das ziem­lich ein­fach, da ich nach mei­nen bis­he­ri­ge Erfah­run­gen in indi­vi­du­el­len Bera­tungs­si­tua­ti­on bei Pro­jek­ten sehr viel mehr mit­be­kom­me als im sons­ti­gen klas­si­schen Unterricht.

Als Dienst­herr könn­te ich auf die Idee kom­men zu sagen, dass ab jetzt Schu­len in bestimm­ten Berei­chen selbst­stän­dig sind. Hört sich zunächst pri­ma an. Dass damit so Din­ge ein­her­ge­hen, u.U. selbst Arbeits­ver­trä­ge mit Anbie­tern für den Ganz­tags­be­reich aus­ar­bei­ten zu müs­sen, Ver­fah­rens­be­schrei­bun­gen zum Daten­schutz zu erstel­len usw., ist eine ande­re Sei­te der Medail­le. Damit dürf­ten Schu­len schlicht über­for­dert sein, da ihnen dazu die Rechts­ab­tei­lung fehlt, die ein Dienst­herr zwangs­läu­fig hat. Ok – das Know-How kann sich jede Schu­le ja ein­kau­fen – nur ist das effek­tiv, wenn das jede Schu­le ein­zeln macht, und mit den zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln rea­li­sier­bar? Zum Glück käme der Dienst­herr ja gar nicht auf sol­che Ideen.

Mei­ne Hypo­the­se ist, dass so man­che selbst­stän­di­ge Arbeits­form Schü­le­rin­nen und Schü­ler schlicht über­for­dert – allein die Auf­ga­be her­aus­zu­fin­den, was mich – mich ganz allein und per­sön­lich – wirk­lich inter­es­siert, ist schon ein Anspruch. Ande­rer­seits emp­fin­de ich es so, dass wir an ande­re Stel­len Schü­le­rin­nen und Schü­lern Erfah­run­gen an Stel­len neh­men, die sie durch­aus machen dür­fen. Man stirbt z.B. nicht, wenn man in Regen­ja­cke zur Schu­le fährt und man stirbt auch nicht dar­an, ein Fahr­rad mit einem Plat­ten nach Hau­se zu schie­ben. Es ist zumut­bar, Essen vor­ge­setzt zu bekom­men, was nicht Mami gekocht hat.

Wo las­sen wir als Gesell­schaft jun­ge Men­schen allei­ne und wo trau­en wir ihnen Selbst­stän­dig­keit zu?

 

Informatik mit Arduino

leonardo

Ich habe in die­sem Jahr einen Infor­ma­tik­kurs in der Klas­se 10 über­nom­men. Den besucht man als Schü­le­rin oder Schü­ler zusätz­lich zu einem recht vol­len Stun­den­plan in Klas­se 10, um die Opti­on auf eine Teil­nah­me an einem Infor­ma­tik­kurs in Klas­se 11 zu bekom­men. Man darf dann im Abitur zwei Kur­se Natur­wis­sen­schaft durch Infor­ma­tik erset­zen. Ich bin kein gelern­ter Infor­ma­tik­leh­rer – ich bin ein­fach nur ein grö­ßen­wahn­sin­ni­ger Freak und wahr­schein­lich schlägt die Infor­ma­tik­di­dak­tik über mei­ne Ansät­ze die Hän­de in der Luft zusam­men.  Egal – ent­we­der man ist kon­ven­tio­nell oder man lebt.

Stu­fe 1:

Wir haben Pro­ble­me in Ein­zel­pro­ble­me zer­legt – z.B. soll­ten 20 Zah­len von 20 Per­so­nen abge­fragt und addiert wer­den. Unse­re Stra­te­gien haben wir auf­ge­schrie­ben. Dabei spielteh fol­gen­de Fra­gen eine Rolle:

  • Wie mer­ken wir uns die gan­zen Zahlen?
  • Wenn wir sie uns auf­schrei­ben: Wir machen wir das genau? Neben­ein­an­der? Untereinander?
  • Addie­ren wir bei jeder Abfra­ge oder fra­gen wir alle Zah­len ab und addie­ren dann?
  • […]

Stu­fe 2:

Wir haben mit dem Fluss­dia­gramm ein Ver­fah­ren ken­nen gelernt, dass Auf­ge­schrie­be­ne zu visua­li­sie­ren und die­se Visua­li­sie­rung für wei­te­re Pro­ble­me durch­ge­spielt, die z.B. Fall­un­ter­schei­dun­gen enthielten.

Stu­fe 3:

Mit Scratch haben wir unser Pro­blem aus Stu­fe 1 ganz kon­kret gelöst und zwar durch Pass&Fail. Für Scratch muss man heu­te im Prin­zip nicht ein­mal ein Pro­gramm instal­lie­ren – das läuft auch kom­plett im Brow­ser – wenn man beim MIT einen Account anlegt. Wer moch­te, konn­te sich auch schon am klas­si­schen Rate­spiel „rate eine Zahl zwi­schen 1 und 100“ ver­su­chen oder sich eines der vie­len ver­öf­fent­lich­ten Pro­jek­te zu Scratch vor­neh­men. Die Lösungs­an­sät­ze haben wir uns vor­ge­stellt und teil­wei­se diskutiert.

Stu­fe 4:

Anhand eines Aus­drucks eines „Scratch­pro­gram­mes“ galt es, ein Fluss­dia­gramm zu zeich­nen und einen fie­sen, von mir natür­lich absicht­lich ein­ge­bau­ten Feh­ler zu fin­den. Dazu gab es noch eini­ge Erwei­te­rungs- und Optimierungsaufgaben.

Stu­fe 5:

In einem Doku­wi­ki­sys­tem haben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Sei­ten zu Pro­gram­mier­spra­chen erstellt. Ich habe eine kla­re Struk­tur vor­ge­ge­ben: Eine kur­ze Beschrei­bung zur Spra­che, ein „Hel­lo World!“- , ein „if ‑then – else“- und ein „while“-Codebeispiel. Doku­wi­ki kann das abso­lut pri­ma, weil es einen leis­tungs­fä­hi­gen Syn­tax­high­ligh­ter für fast alles hat. Es braucht kei­ne Daten­bank, ist ajax­ba­siert – ein­fach und umkom­pli­ziert. Unnö­tig zu erwäh­nen, dass dabei die Kon­fron­ta­ti­on mit dem Begriff „Syn­tax“ sowohl theo­re­tisch (für die Spra­che suchen) als auch prak­tisch (Wiki­syn­tax) erfolgte.

Zwi­schen­stand:

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler haben bis jetzt eigent­lich schon alles erlebt, was man beim Pro­gram­mie­ren so erle­ben kann:

  • Mein Code läuft nicht!“ – „Hm. Da fehlt ’ne Klam­mer“ – „Oha, wenn ich da etwas ein­rü­cke, dann wird es ja viel übersichtlicher.“
  • Sein Code läuft und mei­ner auch. Wel­cher ist denn nun rich­tig?“ – „Wel­cher gefällt dir denn war­um besser?“
  • Boah, ist das viel zu schrei­ben!“ – „Nun­ja – aber wenn sich das stän­dig wie­der­holt, könn­test du ja viel­leicht auch …“
  • […]

Stu­fe 6:

Kur­zer Leh­rer­vor­trag zu Ardui­no. Dann ran an den Simu­la­tor – der ist abso­lut toll und zu emp­feh­len, bevor die ers­ten Bau­tei­le in Rauch aufgehen.

Natür­lich habe ich zunächst eine ganz ein­fa­che Bei­spiel­schal­tung vor­ge­stellt (blin­ken­de LED).

(circuits.io klappt bis­her so rich­tig gut nur mit Chro­me oder Chro­mi­um als Browser.)

Die soll­te dann um drei LEDs in einer Ampel­schal­tung erwei­tert wer­den. Dazu muss­te man schon ein Biss­chen was am Bread­board ver­ste­hen. Neben­bei wur­de auch etwas über die Wel­len­län­ge des Lichts und Far­be gelernt: Im Simu­la­tor ändert man die LED-Far­be durch Ein­ga­be von Wel­len­län­gen in nm. Und ohne Vor­wi­der­stand macht die LED „peng“, ver­polt macht sie gar nichts. Es gab sofort das Spiel: „Wie klein darf ich den Wider­stand machen, dass die LED heil bleibt?“ Neben­bei ist die Simu­la­tor­home­page auf Eng­lisch (Wider­stand = resistor).

Stu­fe 7:

Es kommt etwas Theo­rie zur Ardui­no-IDE. Wir wer­den den Ardui­no Leo­nar­do bzw. einen pin­kom­pa­ti­blen Nach­bau  nut­zen, weil der durch sein HID-Funk­tio­nen in Kom­bi­na­ti­on mit Lage­sen­so­ren auch als Game­con­trol­ler oder Mau­ser­satz taugt. Den Ardui­no kau­fen sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler selbst, das Zube­hör stift­tet unser För­der­ver­ein. Die Kos­ten sind aber sehr mar­gi­nal im Ver­hält­nis zu den sich bie­ten­den Mög­lich­kei­ten. Dann kön­nen wir unse­re Schal­tung aus Stu­fe 6 real aufbauen.

Aus­blick

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len sich nach Mög­lich­keit eige­ne Pro­jek­te suchen, die sie mit dem Ardui­no rea­li­sie­ren. Natür­lich habe ich not­falls Pro­jek­te von unter­schied­li­chem Schwie­rig­keits­grad in der Hin­ter­hand. Der Kom­ple­xi­täts­grad der Pro­jek­te darf natür­lich mit dem wach­sen­den Wis­sens­be­stän­den stei­gen. Die Schu­le bekommt aus einem N21-Pro­jekt für eine AG Robo­ter auf Ardui­no­ba­sis gestellt, auf die sich dann ggf. die erwo­be­nen Kennt­nis­se über­tra­gen lassen.

Mit der stei­gen­den Kom­ple­xi­tät der Pro­jek­te erwar­te ich ein Anwach­sen der Pro­gramm­codes, das irgend­wann dazu füh­ren soll, bestimm­te Funk­tio­nen aus­zu­la­gern in objekt­ori­en­tier­te Set­tings (Ende 2. Halb­jahr). Schön wäre es, wenn der Code für einen allei­ne nicht mehr zu pfle­gen ist, sodass auch Struk­tu­ren wie SVN not­wen­dig werden.

Ers­te Eindrücke

  1. Ich ler­ne mit den Schü­le­rin­nen und Schü­lern mit. Für mich ist vie­les Neuland.
  2. Schü­le­rin­nen und Schü­ler fin­den Feh­ler im Pro­gramm­code viel schnel­ler in Peer-Reviews als ich
  3. Die­ser Ansatz schreckt auch eini­ge ab. Man muss ja aller­hand aus­hal­ten und sogar auch Elek­tro­nik- und Eng­li­schwis­sen ausbauen
  4. Ich muss­te die Beschäf­ti­gung mit der Hard­ware vor­zie­hen. Ich und die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen es teil­wei­se kaum erwarten.
  5. Es wird sehr selbst­stän­dig und kon­zen­triert gear­bei­tet – auf die Fra­ge: „Kann ich das so machen?“ ant­wor­te ich oft: „Pro­bie­re es aus!“ – und mit die­ser Ant­wort sind sie oft zufrieden.
  6. Per­fek­tio­nis­ten sind in der Hin­ter­hand – am effek­tivs­ten arbei­ten die Experimentierfreudigen
  7. Man kann wun­der­bar dif­fe­ren­zie­ren: Der C‑Freak bekommt eben eine Bild­röh­re mit Com­po­si­te-Ein­gang, auf der er ein Spiel pro­gram­miert. Das ist vom Timing her nicht tri­vi­al, da der Ardui­no von sei­ner Rechen­leis­tung damit an eine Gren­ze kommt. Dem Anfän­ger reicht viel­leicht ein Lauf­licht als ers­tes Pro­jekt – oder ein Ther­mo­me­ter (NTCs haben eine Kenn­li­nie, muss muss mathe­ma­ti­siert oder mit einem ande­ren Ther­mo­me­ter kal­li­briert werden).
  8. Es kom­men Fra­gen wie: „Darf ich zu Hau­se an mei­ner Schal­tung im Simu­la­tor wei­ter­ar­bei­ten?“ „Dür­fen wir unser Pro­jekt auch mit nach Hau­se nehmen?“
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