Outputorientierung (Planung auf das Ziel hin)

Wir hat­ten gera­de eine Fort­bil­dung Deutsch an unse­rer Schu­le zum neu­en Kern­cur­ri­cu­lum (KC) Deutsch hier in Nie­der­sach­sen. Kern­cur­ri­cu­lum heißt das jetzt, weil – so mein beschränk­ter Hori­zont – jetzt nicht mehr der Inhalt, son­dern die ver­mit­tel­ten Kom­pe­ten­zen im Mit­tel­punkt schu­li­scher Aus­bil­dung ste­hen. Da passt fol­gen­der – völ­lig aus dem Zusam­men­hang geris­se­ner Satz – gut, der vom iso­lier­ten Gedan­ken her ziem­lich das aus­drückt, wovon ich über­zeugt bin:

Erst das sub­jek­ti­ve Erle­ben von Kom­pe­tenz­zu­wachs ver­mag Moti­va­ti­on zu ver­ste­ti­gen. Der indi­vi­du­ell erleb­te Erfolg schu­li­scher Arbeit sichert also die Vor­aus­set­zun­gen wei­te­rer erfolg­rei­cher schu­li­scher Bemühungen. 

Jür­gen Bau­mert: Deutsch­land im inter­na­tio­na­len Bil­dungs­ver­gleich (2001)

Ich glau­be aber nach der Fort­bil­dung, dass mei­ne „Cur­ri­culum­ma­cher“ den Modus des Kom­pe­tenz­auf­baus gänz­lich anders fül­len als ich es auf Basis die­ses Sat­zes tue.

Die For­de­rung nach geziel­ter Kom­pe­tenz­för­de­rung im Unter­richt ist schon ziem­lich alter Kaf­fee – selbst ich bin in Schles­wig-Hol­stein vor sie­ben Jah­ren schon wäh­rend mei­nes Refe­ren­da­ri­ats dar­in aus­ge­bil­det wor­den. Die dama­li­gen Lehr­plä­ne kann man fast 1:1 neben die jetzt gül­ti­gen Kern­cur­ri­cu­la in Nie­der­sach­sen legen. Damals konn­te man das bereits weit­ge­hend mit den Lehr­plä­nen aus Baden-Würt­tem­berg tun.

In der Regel wer­den vier Kom­pe­tenz­be­rei­che unter­schie­den, allein die Ter­mi­no­lo­gie vari­iert von Bun­des­land zu Bundesland:

  1. Sach­kom­pe­tenz (klas­si­sches Fachwissen)
  2. Metho­den­kom­pe­tenz (Lösungs­stra­te­gien, Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on etc.)
  3. Sozi­al­kom­pe­tenz (pro­zess­ori­en­tier­te Inter­ak­ti­on mit der Lerngruppe)
  4. Selbst­kom­pe­tenz (schwam­mig – am ehes­ten Stra­te­gien zur erfolg­rei­chen Lebens­füh­rung, zur posi­ti­ven Par­ti­zi­pa­ti­on sozia­len in poli­ti­schen Sys­te­men usw.)

Jeder Unter­richt soll sich nun nicht mehr an Zie­len im Bereich des Fach­wis­sens, son­dern pri­mär an den erreich­ba­ren Kom­pe­ten­zen orientieren.

Man kann das über­spit­zen, indem man sagt, dass der Drei­satz (schön grif­fi­ges Bei­spiel) nicht wich­tig ist, son­dern das Wis­sen, den Drei­satz und ande­re unbe­kann­te Her­aus­for­de­run­gen mit geeig­ne­ten Hilfs­mit­teln (hier etwa ein Taschen­rech­ner mit alge­bra­ischem Modus und einem Mathe­buch) selbst­stän­dig zu lösen.

Man kann das wohl­wol­lend als Anstoß auf­fas­sen, sich vor­her zu über­le­gen, war­um und mit wel­chen Zie­len man etwa Bal­la­den behan­delt und ob die glei­chen Zie­le nicht auch mit ande­ren Inhal­ten zu errei­chen wären.

In die­sem Moment den­ke ich: Ja geht’s denn noch? Machen das etwa die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen nicht schon längst? Wer­den es die­je­ni­gen, die das nicht machen, durch das Fest­schrei­ben „von oben“ ohne brauch­ba­re Fort­bil­dungs­an­ge­bo­te bald anders machen? Wer­den durch „inpu­t­ori­en­tier­tes Arbei­ten“ kei­ne Kom­pe­ten­zen ver­mit­telt? (Die „Input­ter“  der alten Schu­le kön­nen in mei­nem Che­mie­un­ter­richt z.B. den Dreisatz)

Und damit zurück zum ein­ge­hen­den Zitat: Moti­va­ti­on ent­steht in dem Moment des erfolg­rei­chen Gebrau­ches sei­ner Kom­pe­ten­zen. Die meis­ten Erkennt­nis­pro­zes­se lie­gen nach mei­ner Erfah­rung in erfolg­rei­cher Rekom­bi­na­ti­on von Fach­wis­sen begrün­det. Nur durch Kennt­nis z.B. des Medi­ums „Taschen­rech­ner“ und des Umgan­ges damit wer­de ich kei­nen Drei­satz lösen kön­nen – dazu muss ich prin­zi­pi­ell wis­sen, was das genau ist und dann mei­ne Nase in ein viel­leicht unmo­ti­vie­ren­des Fach­buch ste­cken (Sach­ebe­ne). Eben­die­se Sach­ebe­ne soll nach dem neu­en KC aber allen­falls gleich­be­rech­tigt neben den ande­ren Kom­pe­tenz­be­rei­chen stehen.

Wenn die Sach­ebe­ne – nach mei­ner völ­lig unwis­sen­schaft­li­chen und nur durch weni­ge Erfah­rung begrün­de­te Auf­fas­sung – aber zu einem gro­ßen Teil „ursäch­lich für das sub­jek­ti­ve Erle­ben von Kom­pe­tenz­zu­wachs“ und damit von Moti­va­ti­on ist, ver­nich­te ich durch eine zu star­ke Unter­re­prä­sen­ta­ti­on sel­bi­ge, indem ich die Grund­la­gen für den indi­vi­du­el­len Kom­pe­tenz­zu­wachs mehr und mehr ent­zie­he – wie gesagt: Wenn mei­ne Annah­me stimmt.

Und Annah­men gibt es im Bil­dungs­be­reich noch ganz ande­re, z.B. die des Funk­tio­na­lis­mus. d.h. die  mög­li­che Abbil­dung wirt­schaft­li­cher Pro­zes­se auf päd­ago­gi­sche. Aber alles zu sei­ner Zeit.

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