Riecken und die Verlage

Ich bekom­me hin und wie­der Ange­bo­te, mei­ne Tex­te und Arbeits­ma­te­ria­li­en auf kom­mer­zi­el­len Platt­for­men ein­zu­stel­len. Gele­gent­lich wird auch der Wunsch an mich her­an­ge­tra­gen, die­ses oder jenes in mei­nem Blog zu ver­lin­ken oder einen Arti­kel dar­über zu schrei­ben – meist ver­bun­den mit einem Frei­ac­count z.B. auf begrenz­te Zeit. Dahin­ter ste­cken natür­lich kom­mer­zi­el­le Inter­es­sen, die ich per se nicht ableh­ne, da ohne Anbie­ter, die für ihre Dienst­leis­tun­gen Geld neh­men, weder das Inter­net noch der Staat fis­ka­lisch funk­tio­nie­ren wür­den. Ich hal­te es für mei­ne Auf­ga­be, das auch Schü­le­rin­nen und Schü­lern zu ver­mit­teln: Für lau wird nie­mand spä­ter euch als Mit­ar­bei­ten­de bezah­len kön­nen. Unter­neh­men bil­den die Säu­le die­ses Staa­tes und schaf­fen Arbeitsplätze.

Je län­ger ich mich im Inter­net tumm­le, des­to mehr Schwie­rig­kei­ten bekom­me ich mit dem Geschäfts­ge­ba­ren so man­cher Ver­la­ge: Ich emp­fin­de es mitt­ler­wei­le sehr oft so, dass die ange­bo­te­nen Ver­trä­ge nicht mehr auf Augen­hö­he geschlos­sen wer­den, son­dern im Klein­ge­druck­ten mehr und mehr Din­ge ste­hen, die mich dar­an zwei­feln las­sen, dass sei­tens des jewei­li­gen Unter­neh­mens eine wirk­li­che Part­ner­schaft gewünscht ist. Die­se Hal­tung hat sich über lan­ge Zeit ent­wi­ckelt und dazu gehört eine län­ge­re Geschich­te. Als Bei­spiel für ein kom­mer­zi­el­les Unter­neh­men möch­te ich ein­mal bewusst die Ver­la­ge her­aus­grei­fen, damit die Geschich­te nicht zu lang wird.

1. Akt

Vor zwei Jah­ren ergab sich ein Kon­takt zu einem Ver­lag, der mei­ne zwei­te Staats­examens­ar­beit ver­öf­fent­li­chen woll­te. Die gesam­te Geschich­te zog sich über drei Wochen hin und ver­schlang ca. 8–10 Stun­den Arbeits­zeit, um mein Pam­phlet „druck­taug­lich“ zu machen. Ich war schon irgend­wie geschmei­chelt, habe mir von Anfang an aber nicht all­zu viel davon ver­spro­chen. Wich­tig war mir die „Tot­holz­di­s­tri­bu­ti­on“ mei­ner Arbeit, da ja nicht jeder im Inter­net unter­wegs ist. Tat­säch­lich ist der Text immer noch bei gro­ßen Por­ta­len gelis­tet, jedoch meist nur inner­halb von acht Tagen lie­fer­bar. Der Preis, der ver­langt wird, ist aus­ge­spro­chen statt­lich und macht das Buch in mei­nen Augen abso­lut unver­käuf­lich. Tat­säch­lich haben wahr­schein­lich nur eini­ge Biblio­the­ken das Ding ange­schafft. Damit ist das Ziel der Dis­tri­bu­ti­on in mei­nen Augen ver­fehlt. Hät­te ich das durch TeX gejagt und hier auf dem Blog zur Ver­fü­gung gestellt, wäre wahrscheinlich:

  1. mehr Geld durch Spen­den her­ein­ge­kom­men (momen­tan sind es 0 – in Wor­ten Null Euro, da ein Min­dest­aus­zah­lungs­be­trag erreicht wer­den muss)
  2. der Ver­brei­tungs­grad viel höher – für lau schau­en da mehr Leu­te hinein

Ein hal­bes Jahr danach habe ich ein Gespräch mit einer Bekann­ten aus der Ver­lags­bran­che geführt und ein müt­ter­li­ches Lächeln geern­tet. Tenor: Dem Ver­lag geht es nicht um den Ver­kauf des Wer­kes. Dem Ver­lag geht es dar­um, mit einem mög­lichst gro­ßen Port­fo­lio bei Groß­is­ten (Libri, Ama­zon usw.) gelis­tet zu sein. Damit die­se Lis­tung erfolgt, ist ein bestimm­ter Ver­kaufs­preis not­wen­dig. Dem Ver­lag geht es wei­ter­hin um den Auf­bau einer Back­list: Soll­te das The­ma der Arbeit noch­mals irgend­wann wirk­lich inter­es­sant für eine brei­te­re Öffent­lich­keit wer­den, kann der Ver­lag das dann kos­ten­güns­tig aus den Rech­ten sei­ner Back­list bestrei­ten. Da die Ver­öf­fent­li­chung für mich nicht mit Kos­ten ver­bun­den war, fällt natür­lich auch mei­ne Betei­li­gung dann sehr gering aus. Gut für den Ver­lag. Hät­te ich die­se Mecha­nis­men vor­her gekannt, hät­te ich nie mei­nen Text über einen Ver­lag distribuiert.

2. Akt

Ein Ver­lag bau­te gera­de ein Por­tal mit Leh­rer­ma­te­ria­li­en auf und schrieb mich an, ob ich nicht wäh­rend der Star­tupp­ha­se dar­an mit­ar­bei­ten woll­te, indem ich eige­nen Mate­ria­li­en ein­stel­le. Dies­mal habe ich die AGB vor­her gele­sen und war ent­setzt (besag­te Pas­sa­gen haben sich bis heu­te nicht verändert):

(1) Das Mit­glied ver­si­chert, dass die von ihm auf dem Por­tal ein­ge­stell­ten Inhal­te gleich wel­cher Art, ins­be­son­de­re aber Unter­richts­ma­te­ria­li­en, kei­ne Rech­te Drit­ter, ins­be­son­de­re Urhe­ber­rech­te oder ande­re gewerb­li­chen Schutz­rech­te oder Per­sön­lich­keits­rech­te ver­let­zen und auch nicht gegen gel­ten­des Recht verstoßen.

(2) Das Mit­glied stellt den Ver­lag für den Fall der Inan­spruch­nah­me durch Drit­te wegen ver­meint­li­cher oder tat­säch­li­cher Ver­let­zung von Rech­ten Drit­ter oder Ver­stö­ße gegen gel­ten­des Recht durch vom Mit­glied ein­ge­stell­te Inhal­te von sämt­li­chen sich dar­aus erge­ben­den Ansprü­chen Drit­ter frei und ver­pflich­tet sich, alle etwa­igen Kos­ten, die dem Ver­lag infol­ge der Inan­spruch­nah­me Drit­ter ent­ste­hen, im ange­mes­se­nen Umfang zu erset­zen. Die­se Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung besteht nicht, sofern das Mit­glied nicht schuld­haft gehan­delt hat.

(3) Zu den erstat­tungs­fä­hi­gen Kos­ten gemäß vor­ste­hen­dem Abs. 2 zäh­len ins­be­son­de­re die Kos­ten einer ange­mes­se­nen Rechts­ver­fol­gung und Rechts­ver­tei­di­gung, die dem Ver­lag bei der Abwehr der Ansprü­che Drit­ter entstehen.

Es ist für den Lai­en nicht immer über­prüf­bar, ob Rech­te Drit­ter ver­letzt wer­den (ich dach­te bis­her, dass das mit zu den Kern­kom­pe­ten­zen eines Ver­la­ges gehört). Außer­dem schei­nen die­se Pas­sa­gen mir eher dazu ver­fasst, den Ver­lag von sei­ner „Mitstö­rer­haf­tung“ zu befrei­en, bzw. des­sen Kon­se­quen­zen auf den Autor abzu­wäl­zen – span­nend. Gera­de auch des­we­gen span­nend, weil die „Ver­gü­tung“ aus die­ser Mit­ar­beit nach dem guten, alten Tan­tie­men­sys­tem läuft, d.h. sich auf zumin­dest unkal­ku­lier­ba­rem Niveau bewe­gen dürf­te… Aber es geht ja auch noch weiter:

[…] räumt dem Ver­lag ein­fa­che, räum­lich, zeit­lich und inhalt­lich unbe­schränk­te Nut­zungs­rech­te an den Wer­ken ein. Die Rechts­ein­räu­mung erstreckt sich auf die Ver­wer­tung der Nut­zungs­rech­te sowohl im eige­nen Ver­lag als auch durch ent­gelt­li­che oder unent­gelt­li­che (auch teil­wei­se) Ver­ga­be von Rech­ten an Drit­te sowie auf alle Aus­ga­ben und Auf­la­gen und in allen Spra­chen, ins­be­son­de­re auf die fol­gen­den Rechte:

Elek­tro­ni­sche Rech­te

das Recht, die Wer­ke ganz oder teil­wei­se im Rah­men aller ver­trags­ge­gen­ständ­li­chen Nut­zungs­ar­ten in elek­tro­ni­sche Daten­ban­ken, elek­tro­ni­sche Daten­net­ze, Tele­fon­diens­te etc. ein­zu­spei­sen und zu spei­chern und mit­tels digi­ta­ler oder ander­wei­ti­ger Spei­cher- und Über­tra­gungs­tech­nik einer Viel­zahl von Nut­zern (sowohl im Rah­men offe­ner als auch geschlos­se­ner Nut­zer­grup­pen) auf Abruf zur Wie­der­ga­be oder zum Aus­druck oder zum Down­load öffent­lich zugäng­lich zu machen, z.B. Push- und Pull-Tech­ni­ken, und/oder zu sen­den, z.B. zum Emp­fang mit­tels eines Fernseh‑, Computer‑, Han­dy- und/oder sons­ti­gen, auch mobi­len, Gerä­tes unter Ein­schluss sämt­li­cher Über­tra­gungs­we­ge (Kabel, Funk, Mikro­wel­le, Satel­lit) und sämt­li­cher Ver­fah­ren (GSM, UMTS etc.).

Hat jemand ein Vor­schlag, wie ein For­mu­lie­rung aus­se­hen könn­te, bei der sich der Ver­lag mehr Rech­te ein­räumt? Ich wie­der­ho­le noch ein­mal: Die Ver­gü­tung hängt davon ab, wie oft das ein­ge­stell­te Mate­ri­al her­un­ter­ge­la­den wird. Pro Down­load ist der Betrag recht begrenzt. Ein­nah­men sind damit kaum kal­ku­lier­bar. Die Gegen­leis­tung des Ver­la­ges besteht also in mei­nen Augen haupt­säch­lich wie­der in der Dis­tri­bu­ti­on auf einer dies­mal „Bezahl­platt­form“.

3. Akt

Ein Ver­lag sprach mich an, ob ich Auf­ga­ben für ein Che­mie­buch gestal­ten möch­te. Zu gestal­ten waren 80 Auf­ga­ben zu allen The­men der all­ge­mei­nen Che­mie mit aus­führ­li­chem Lösungs­weg. Wenn man eine sol­che Auf­ga­be ernst nimmt, dürf­ten dafür pro Auf­ga­be kon­ser­va­tiv gerech­net min­des­tens 45 Minu­ten Arbeits­zeit anfal­len. Das macht dann 60 Arbeits­stun­den oder eine Woche Voll­zeit – kon­ser­va­tiv gerech­net wohl­ge­merkt. Als Ver­gü­tung wur­den Tan­tie­men, also eine Umsatz­be­tei­li­gung gebo­ten. Hät­te ich hier im Blog 80 Auf­ga­ben mit Lösung, wür­den mir hier Leu­te die Bude ein­ren­nen und wahr­schein­lich mas­sig Kom­men­ta­re schrei­ben. Viel­leicht wäre auch ein­mal ein flattr oder eine Spen­de dabei. Bei Tan­tie­men müss­te ich wahr­schein­lich immer auf den 30.6. eines Jah­res war­ten und hof­fen. Kon­takt zu ande­ren gäbe es wahr­schein­lich auch weit weni­ger. Wenn der Ver­lag nun sagen wür­de: Ok. 60 Stun­den Voll­zeit zu 35 Euro – oder mei­net­we­gen ein Fest­preis… Dann könn­te man ja dar­über nach­den­ken… Steu­er geht davon ja auch noch runter…

4. Akt

Eine Autoren­grup­pe sprach mich an, ob ich nicht Lust dazu hät­te, an einem Buch in Form eines Arti­kels mit­zu­wir­ken. Ich ken­ne einen Autor per­sön­lich und habe daher noch­mals nach­ge­fragt. Für die­sen Auf­satz gab es recht enge Auf­la­gen, die Anzahl der Zei­chen war vor­ge­schrie­ben und es war mir klar, dass das gewünsch­te The­ma sich auf die­sem Raum nicht ange­mes­sen dar­stel­len ließ. Von Ver­gü­tung war auch kei­ne Rede – natür­lich ging es wie­der ein­mal um – na – Dis­tri­bu­ti­on. Ein­ge­färbt von mei­nen bis­he­ri­gen Erfah­run­gen habe ich dann dan­kend abge­lehnt, obwohl das natür­lich per­sön­lich abso­lut unfair war: Die Autoren­grup­pe geht näm­lich den klas­si­schen Weg: Sie finan­ziert den Erst­druck und die Wer­bung durch den Ver­lag teu­er vor und erhält dann Tan­tie­men, trägt also ein erheb­li­ches finan­zi­el­les Risiko.

Ich weiß nicht…

… wie ich mit Ver­la­gen zukünf­tig umge­hen möch­te. Viel­leicht wird irgend­wann wirk­lich der Zeit­punkt kom­men, an dem ich mir gut vor­stel­len kann, mein Mate­ri­al gemein­sam mit einem Ver­lag zu dis­tri­bu­ie­ren, viel­leicht muss ich das aus finan­zi­el­len Grün­den sogar. In den USA geht man schon neue Wege, d.h. man spricht direkt mit den Groß­is­ten und ver­han­delt und kann so den Ver­lag aus der Wert­schöp­fungs­ket­te eli­mi­nie­ren. Noch haben vie­le Ver­la­ge ein sat­tes Con­tent­pols­ter und eine gro­ße Back­list, wobei ich gera­de bei Schul­bü­chern oft den­ke: „Huch, das kennst du doch irgend­wo­her – ach hier…“. Es scheint auch noch genü­gend Autoren zu geben, die unter den momen­ta­nen Bedin­gun­gen ihr Mate­ri­al über Ver­la­ge dis­tri­bu­ie­ren. Ich stel­le jedoch für mei­ne Fächer mehr und mehr fest, dass ich aus­rei­chend Open­Con­tent in guter Qua­li­tät fin­de und die­ser auch immer bes­ser wird. Im Bereich des Übungs­ma­te­ri­als und der Sekun­där­li­te­ra­tur haben Ver­la­ge für mich bis jetzt jedoch noch die Nase ein­deu­tig vorn.

Facebook Like

6 Kommentare

  • Jan

    Ich den­ke auch, dass offen zugäng­li­ches Mate­ri­al in Zukunft Kom­mer­zi­el­lem mehr und mehr den Rang ablau­fen wird – aus dem glei­chen Grund, wes­halb Aber­tau­sen­de von Men­schen ihre Frei­zeit opfern, um an einem kos­ten­lo­sen Linux-Betriebs­sys­tem zu wer­keln: Idea­lis­mus, Freu­de, Erfüllung.

    Ich mer­ke das bei mir selbst – eine kom­mer­zi­el­le Moti­va­ti­on reizt mich weit weni­ger, als viel­mehr Teil eines gro­ßen Netz­werks voll begeis­ter­ter Leh­rer zu sein, die ihr Mate­ri­al bereit­stel­len, um alle dar­an teil­ha­ben zu lassen.

  • Hal­lo Jan,

    ich habe Maik anders verstanden.Es geht nicht dar­um, alles als Open Con­tent zu ver­öf­fent­li­chen. Maik for­dert – und da gebe ich ihm Recht – fai­re­re Verträge. 

    Das heißt auf der Sei­te der Ver­la­ge Risi­ko, Leis­tung, Auf­wand und Ertrag ver­nünf­tig zu ver­tei­len. Der­zeit ste­hen die Autoren auf der schlech­te­ren Seite. 

    Ich habe sel­ber als Autor mich gewei­gert, den Ver­trag eines Schul­buch­ver­la­ges zu unter­zeich­nen, der alle Rech­te über­tra­gen haben woll­te, zeit­lich unbe­schränkt – auch wenn es nicht mehr genutzt wird – und eine Ver­pflich­tung mei­ner Erben zur Aktua­li­sie­rung des Wer­kes nach Auf­for­de­rung, alter­na­tiv einer Über­eig­nung der Urhe­ber­schaft (was recht­lich gar nicht mög­lich ist).
    Ich habe aber auch Ver­trä­ge mit Ver­la­gen unter­zeich­net bei denen ein Rück­fall der Nut­zungs­rech­te erfolgt wenn der Ver­lag das Werk nicht mehr publi­ziert. Das fin­de ich fair.

    Ich kann auch die Sei­te der Ver­la­ge ver­ste­hen. Zumindst im Bereich von Sach­bü­chern (ich mei­ne jetzt nicht Schul­bü­cher) ist schwer abschätz­bar, wel­che Wer­ke tat­säch­lich die Ertrags­zo­ne errei­chen. Eine ver­kaufs­auf­la­gen­ab­hän­gi­ge Ver­gü­tung kann ich daher durch­aus auch nachvollziehen.

    Eini­ge Bücher habe ich sel­ber im eige­nen Ver­lag publi­ziert. Beim Digi­tal­druck (nicht print-on-demand) kann man mit klei­nen Auf­la­gen zu akzep­ta­blen Prei­sen noch gut kalkulieren. 

    Wir soll­ten jedoch auf­pas­sen, dass wir nicht einer falsch ver­stan­de­nen ‚Free‘-Kultur das Wort reden. Open-Source und Open-Con­tent funk­tio­nie­ren nur, weil an ande­rer Stel­le Geld ver­dient wer­den kann. Maik weist dar­auf hin.

    Freie Musik funk­tio­niert nur wenn wir für die Kon­zert­be­su­che Ein­tritt bezah­len. Wenn wir den Zusam­men­hang nicht ver­ste­hen, wird dem­nächst jemand ‚freie Bil­dung‘ so ver­ste­hen, dass damit Leh­rer kein Geld mehr ver­die­nen sol­len. Und das wol­len wir wohl nicht. Also soll­ten auch Autoren und Musi­ker und Künst­ler Geld ver­die­nen dür­fen. Aber fair.

  • Eine ver­kaufs­auf­la­gen­ab­hän­gi­ge Ver­gü­tung kann ich daher durch­aus auch nachvollziehen.“

    Wobei ich dann nicht begrei­fe, wofür ich im Inter­net­zeit­al­ter einen Ver­lag brau­che. Frü­her waren Ver­la­ge der ein­zi­ge Weg, sei­ne Ideen und Pro­duk­te zu dis­tri­bu­ie­ren. Das ist heu­te grund­le­gend anders. 

    Wenn ich als Autor z.B. Erst­druck, Erst­wer­bung usw. vor­fi­nan­zie­ren muss, bringt mir die Zusam­men­ar­beit mit einem Ver­lag wirt­schaft­lich rein gar nichts, weil ich als Autor allein das unter­neh­me­ri­sche Risi­ko tra­ge – ob das „Ver­mark­tungs­know­how“ so man­ches Ver­la­ges die­ses Geld wert ist? Wur­de Sco­yo nicht gekippt, weil es nicht inner­halb einer will­kür­lich gesetz­ten Zeit­span­ne die Zie­le erreicht hat? Zeit-Online brauch­te Jah­re, um pro­fi­ta­bel zu wer­den. Man­che Ver­la­ge haben eine gewis­se Markt­macht, ok. Aber die wür­de Sach­bü­cher auch nicht unbe­dingt vor­ran­gig anfassen.

    Vie­le Ver­la­ge schei­nen mir an ihren alten Ver­gü­tungs­mo­del­len zu hän­gen und die­se schüt­zen zu wol­len – kos­te es, was es wol­le, z.B. mit dem Leis­tungs­schutz­recht (das wird wahr­schein­lich ein Schuss ins Knie). Die Zeit, die Ver­la­ge dar­auf ver­wen­den, nut­zen ande­re, um die letz­ten Ver­gü­tungs­ni­schen zu beset­zen, die so man­cher Ver­lag jah­re­lang ver­pennt oder nicht gese­hen hat. 

    Wo ist denn z.B. der Online­kon­fi­gu­ra­tor für „mein Deutsch­buch“ für die Klas­sen­stu­fe 7 mit Print-On-Demand Option? 

    Die Koope­ra­ti­on mit einem Ver­lag lohnt sich momen­tan für mich per­sön­lich weder finan­zi­ell noch ideell und damit bin ich offen­bar nicht alleine.

    Die Ver­la­ge drän­gen poten­ti­el­le Autoren in mei­nen Augen mit ihrem Ver­hal­ten nahe­zu in die Free-Con­tent-Ecke, weil sich das ent­ge­gen allen Unken­ru­fen zumin­dest ideell lohnt. Mir tun die Autoren leid, die davon leben müs­sen – die wird es wohl irgend­wann nicht mehr geben oder sie gehen – wie in den USA zuneh­mend üblich – direkt zu Großisten/Onlinevertriebsplattformen, wenn das so wei­ter geht. Spä­tes­tens dann sind die Ver­la­ge platt. Zuerst die ohne gro­ße Backlist.

  • Der Ver­lag kann dir tech­ni­sche Leis­tun­gen abneh­men und wei­ter­hin das Mar­ke­ting über­neh­men. Bei­des kön­nen und wol­len vie­le Autoren nicht. Ich stim­me dir zu, vie­le Ver­la­ge machen im Sach­buch­be­reich kein Mar­ke­ting mehr und man­che ver­su­chen die gesam­te Druck­vor­stu­fe auf die Autoren zu verlagern.
    Für die Vor­fi­nan­zie­rung durch Autoren sehe ich auch kei­ne Berech­ti­gung mehr. 

    Es wird sehr stark vom Titel abhän­gen, wel­che Dis­tri­bu­ti­ons­ka­nä­le sinn­voll sind. Die Buch­han­dels­ket­ten set­zen ihrer­seits die Ver­la­ge unter Druck. Direkt­be­zug, Rabat­tie­run­gen und Nicht-Plat­zie­rung von Titeln oder Ver­la­gen sind wohl gän­gi­ge Ver­fah­ren. Die Top-Titel wer­den zuneh­mend von den Buch­hand­lun­gen gemacht und nicht von den Ver­la­gen. Aber die­se Titel schrei­ben wir wohl alle nicht.

    Wenn alle Leis­tun­gen free wer­den, wer lebt noch von wel­chen Leistungen?

    Anders her­um, möch­te ich wei­ter­hin ein Buch in die Hand neh­men, das muss zuvor­ge­druckt und zu mir gebracht wer­den. Ich will nicht in einer Kul­tur der aus­ge­druck­ten Papie­re oder des iPad-Lesen leben. Zumin­dest nicht immer.

  • Hal­lo Herr Riecken, 

    viel­leicht wäre ja die Ver­öf­fent­li­chung bei BoD etwas für Sie. BoD ist kein klas­si­scher Ver­lag, son­dern ein Dienst­leis­ter, der für Sie die Her­stel­lung und den Ver­trieb Ihrer Bücher übernimmt.
    Sie müss­ten das Manu­skript for­ma­tie­ren und als PDF über unse­re Inter­net­sei­te hoch­la­den, das Cover ent­we­der selbst gestal­ten und als PDF hoch­la­den oder unser kos­ten­lo­ses Gestal­tungs­tool dafür nutzen. 

    BoD ver­leiht dem Buch eine ISBN und sorgt für ein­ma­lig 39 Euro dafür, dass es flä­chen­de­ckend im deutsch­spra­chi­gen Buch­han­del und mehr als 1.000 Online­shops (amazon.de, libri.de, buch.de etc.) erhält­lich ist (www.bod.de/classic). Es gibt kei­ne Start- oder Min­dest­auf­la­ge, da die Bücher on demand pro­du­ziert wer­den. Den Laden­preis und Ihre Mar­ge bestim­men Sie selbst (www.bod.de/preiskalkulator). Für Ihr Mar­ke­ting sind Sie weit­ge­hend selbst ver­ant­wort­lich. In unse­rem Online-Shop kön­nen Sie sich in der Buch­su­che anzei­gen las­sen, wel­che zahl­rei­chen Titel in der Waren­grup­pe Schule/Lernen bereits bei BoD erschie­nen sind.

  • @ralf
    „Wenn alle Leis­tun­gen free wer­den, wer lebt noch von wel­chen Leistungen?“

    Das ist das Pro­blem. Ich spre­che ja nicht von „for free“. Jeder Zwi­schen­han­del knappst für sich ja wie­der Mar­ge ab. Wenn ein Ver­lag als typi­scher Zwi­schen­händ­ler für mich kei­ne erkenn­ba­ren Leis­tun­gen mehr bringt, brau­che ich ihn eigent­lich nicht – und von sol­chen Ver­la­gen han­delt mein Artikel.
    Dann kann ich mei­nen Titel wirk­lich eher selbst ver­mark­ten. Das gedruck­te Buch bekommst du heu­te auch ohne Ver­lag (s. letz­ter Kom­men­tar). Not­falls bezah­le ich das Geld hier bei einer loka­len Dru­cke­rei und auf Ver­dacht x Exem­pla­re pro­du­zie­ren. Das finan­zi­el­le Risi­ko ist dann wahr­schein­lich gerin­ger als bei einem Kom­plett­an­ge­bot von so man­chem Ver­lag. Bis dahin blog­ge ich ein­fach weiter…

Schreibe einen Kommentar zu Maik Riecken Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert