Warum lohnt sich die Anstrengung, KI nicht zu nutzen?
Philippe Wampfler denkt in seinem letzten Blogartikel darüber nach, wie lange es noch möglich sein wird, KI zur Erstellung von Texten in der Schule nicht zu nutzen bzw. wie lange es dafür noch gute Argumente gibt . Er nutzt dafür eine Analogie: Niemand würde heute auf die Idee kommen, im Alltag Sahne mit der Hand zu schlagen, weil mittlerweile elektrische Rührgeräte zur Verfügung stehen. Irgendwann wird niemand mehr auf Idee kommen, Texte selbst zu verfassen, weil KI-Modelle immer besser und normaler werden.
Ich habe Schwierigkeiten mit Analogien aus der „analogen Welt“ in Bezug auf den gesellschaftlichen Wandel durch die digitale Welt. Ob ich Sahne mit einer Gabel oder einem Rührgerät schlage, ist bezogen auf das Produkt, was dabei entsteht, letztlich nicht entscheidend. Es kommt immer mehr oder weniger steif geschlagene Sahne dabei heraus. Die Konsistenz der Sahne hat darüberhinaus überhaupt keine Wirkung nach außen – KI hingegen das Potential mit Gesellschaft in vielfältiger Weise zu wechselwirken.
Was an Ausgaben aus einem Sprachmodell kommt, ist mehr oder minder zufällig. Dass mir ein Sprachmodell einen Text korrekt zusammenfasst, hängt letztlich von statistischen Berechnungen ab. Bei einem Scanner oder Kopierer würden wir nicht akzeptieren, wenn es zu zufälligen Ausgaben kommt. Bei Sprachmodellen ist das prinzipbedingt so und wir akzeptieren es. Man kann zwar in Grenzen Ausgaben beeinflussen, aber hätte dann ggf. den Text in der gleichen Zeit selbst verfasst, die man für das Finden eines geeigneten Prompts benötigt.
Niemand löst das mit KI erstellte Arbeitsblatt besser als KI. Niemand beantwortet KI-generierte Fragen zu einem Video besser als KI. Das wissen auch Schüler:innen.
Es gibt die Hoffnung, dass Sprachmodelle besser werden könnten – dazu müsste meiner Meinung nach aber ein technisch gänzlich neuer Ansatz entwickelt werden – der bisherige Transformeransatz hat prinzipbedingte Grenzen – schon allein, weil das zur Verfügung stehende Trainingsmaterial limitiert ist und darüberhinaus immer mehr KI-generierte Texte das Netz fluten, die dann ihrerseits in einer Feedbackschleife ihren Weg zurück in die großen Modelle finden.
Mich treibt eher diese Frage um:
Was muss man eigentlich können, bevor man ein Sprachmodell sinnvoll nutzen kann?
Um Produkte für die Schule zu generieren, muss man eigentlich in vielen Fällen gar nicht so viel können, aber ist das letztlich für das Lernen bzw. den Kompetenzerwerb dann hilfreich?
Ich bilde mir mittlerweile ein, KI-generierte Texte deutlich besser identifizieren zu können, weil sie u.a. immer einen hineintrainierten Bias mitbringen.
Ich sehe Sprachmodelle eher da, wo es weniger um Lernen oder Wissen geht.
- Rechtschreibkorrektur
- Erstellung von entseelten Texten (Gutachten, Anträge, Vermerke, Produktbeschreibungen…)
- Dokumentenmanagement (Suchhilfe)
- automatische Übersetzung entseelter Texte (bei z.B. Dialogen oder literarischen Texten geht das bisher m.E. noch nicht gut)
- ggf. Erstellung von Übungsmaterial (wenn den Übenden keine KI zur Verfügung steht – s.o.)
Für Digitalkonzerne sind Sprachmodelle vor allem ein großes Geschenk, um an Inhalte jedweder Art zu kommen, ohne dass die meisten Benutzer:innen das in irgendeiner Form problematisch finden. Und das ist nur eine der weiter oben angedeuteten Wechselwirkungen. Mit Sahne erreicht man das nicht. Daher ist für mich diese Analogie nur auf den ersten Blick einleuchtend.

Hier jemand, der Sahne meistens von Hand schlägt, weil geht doch :-)
Bei Sprachmodellen bin ich irgendwie zwiegespalten-neugierig. Ich habe tatsächlich bisher fast keine KI-Texte gesehen, die für sich allein standfähig waren – und damit meine ich selbst die „entseelten“ Gebrauchstexte, mit denen ich im Berufsalltag meistens zu tun habe. Wenn es wirklich egal ist, ob es jemand liest, mag es gehen. Aber sonst birgt jeder Text die Gefahr unliebsamer Überraschungen wenn man nicht aufpasst.
Aber ich denke, wenn man das Modell eng führt, kann es auch bei anspruchsvolleren Texten einiges an Arbeit und Zeit sparen, weil sie sehr schnell in okayner Qualität entsprechende Volumen schaffen kann. Manchmal braucht man halt 15 Wörter, die sich auf Bild reimen in einem Text – und ich kriege die nicht in 10 Sekunden hin.
Im Flur hing still das letzte Bild,
vom Wind der Jahre sacht verhüllt.
Der Pinselstrich: ein Wunsch, ein Schild,
das trotzig „Bleib!“ ins Heute brüllt.
Die Farben sanft, der Rahmen wild,
die Ordnung zitternd, nie ganz mild.
Darunter stand in Kursivschrift: „Gilt,
solang du träumst und Zweifel stillt.“
Ein Kind mit Fragen, Wut und Hild
(so hieß das Reh, das alles tilgt),
war auch zu sehn, ganz leicht verhüllt,
aus Tüll und Zeit und Sehnsucht quillt
ein Echo, das ins Denken bildet
und manchmal eine Träne sildet.
Warum soll ich mit dem Fahrrad zur Schule fahren, wenn es öffentliche Verkehrsmittel und Autos gibt? (Tue ich.) Warum soll ich kochen, wenn ich einen Thermomix habe? (Tue ich nicht.) Warum soll ich anderswo als bei Amazin bestellen? (Ist leider tatsächlich bei vielen so.)
Warum sollte ausgerechnet die Analogie mit dem Rührgerät die richtige sein (Stromverbrauch, tatsächliche Leistung statt didaktischer Technologieoffenheit)? Aber wenn es ums Schaumschlagen geht, passt das vielleicht wirklich.
Ansonsten: LLMs könnten in manchen Bereichen beim Lernen helfen, so wie vieles andere auch, das ebenfalls nicht richtig genutzt wird. Mir selber helfen sie beim Arbeiten nicht, aber vielleicht könnte ich meine Arbeitsweise anpassen, bis sie zu den LLM passt.