Klarnamen bei g+

Ich bin bei einem Anbie­ter für Ser­ver­dienst­leis­tun­gen. Die­se Anbie­ter hat sich dazu ent­schlos­sen, nicht jeden Kun­den anspre­chen zu wol­len: Es gibt Ser­ver­sys­te­me von der Stan­ge zu sehr güns­ti­gen, teil­wei­se kon­kur­renz­lo­sen Prei­sen. Wer ande­re Din­ge wünscht, etwa spe­zi­el­le Hard­ware, zahlt nicht nur eine Pau­scha­le für die­se Zusatz­hard­ware, son­dern muss zunächst ein­mal monat­lich einen Auf­preis bezah­len, damit die­se Zusatz­hard­ware über­haupt miet­bar ist. Dar­über gibt es viel Gejammer.

Ande­rer­seits macht die­se Poli­cy des Anbie­ters die güns­ti­gen Ser­ver­prei­se erst mög­lich, da der Tech­ni­ker vor dem Rack eben nicht über­le­gen muss, ob in der Kis­te vor ihm noch Zusatz­hard­ware ver­baut ist, die ggf. eine wei­te­re Feh­ler­quel­le dar­stellt und zusätz­li­chen, für den Anbie­ter teu­ren Arbeits­auf­wand erfor­dert. Von den wirt­schaft­li­chen Vor­tei­len, die eine homo­ge­ne Hard­ware­land­schaft bie­tet, soll gar nicht erst gespro­chen wer­den (Ersatz­teil­be­vor­ra­tung, Ein­kaufs­prei­se wg. Stück­zah­len, Plan­bar­keit von Strom- und Kli­ma­be­darf usw.).

Zudem hat sich die­ser Anbie­ter dazu ent­schlos­sen, stan­dard­mä­ßig kei­ne Con­trol­pa­nels (Plesk, Cofixx) für die Ser­ver anzubieten/vorzuinstallieren – also kein Kli­ckibun­ti für den Anwen­der, der sich mit Ser­ver­war­tung nur wenig aus­kennt. Das schreckt gewis­se Kli­en­tel ab. Der Chef des Unter­neh­mens ver­tritt auch öffent­lich in sei­nem Forum hin und wie­der die Auf­fas­sung, dass bestimm­te Kun­den eben nicht zu die­ser Fir­men-Poli­cy pas­sen und bei einem Mit­be­wer­ber bes­ser auf­ge­ho­ben sind. Darf man das?

Ich fin­de, dass die Aus­ge­stal­tung eines Ange­bots in der Selbst­be­stim­mung des jewei­li­gen Anbie­ters liegt. Nie­mand ist gezwun­gen, einen Ver­trag mit die­sem Bewer­ber am Markt ein­zu­ge­hen. Ich füh­le mich als Kun­de dort sehr wohl, weil eben gewis­se Pro­ble­me in die­sem Netz­werk weni­ger auf­tre­ten und durch die Aus­rich­tung des Unter­neh­mens Kun­den ange­spro­chen wer­den, die mir in tech­ni­schen Fra­gen immer sehr gut im Anbie­ter­fo­rum wei­ter­hel­fen konn­ten – ich habe auf die­se Wei­se Wis­sen und Kom­pe­ten­zen erlangt, die bei Anbie­tern ohne z.B. ein eige­nes Forum nie mög­lich wären.

Goog­le hat sich ent­schlos­sen, in g+ Klar­na­men ver­trag­lich vor­zu­schrei­ben. Damit eig­net sich g+ schon ein­mal gar nicht für Men­schen, die poli­tisch ver­folgt sind, Infor­ma­tio­nen lea­k­en wol­len usw.. Eben­so eig­net sich g+ über­haupt nicht für Leu­te, die im Inter­net unter ihrem Pseud­onym auf­tre­ten wol­len oder die sich über die Jah­re mit die­sem Pseud­onym ihre Online-Repu­ta­ti­on auf­ge­baut haben. Goog­le spricht die­se Kli­en­tel mit sei­nem Ange­bot nicht an. Scha­de, aber eben Ver­trags­frei­heit. Gibt ja noch ande­re Angebote.

Gegen die­se recht nüch­ter­ne Sicht wird ger­ne ins Feld geführt, dass Goog­le sein markt­be­herr­schen­de Stel­lung aus­nutzt, um die Nut­zer dazu zu zwin­gen, unter Klar­na­men auf­zu­tre­ten. Ich dach­te immer, dass Markt­be­herr­schung dadurch ent­steht, dass alle immer zu einem Kon­zern lau­fen. War­um läuft man denn zu g+? Um Goog­le noch mehr Markt­macht zu geben? Goog­le macht ein Ange­bot. Nie­mand zwingt irgend­wen dazu, die­ses Ange­bot mit die­sen Kon­di­tio­nen anzu­neh­men. Und selbst Goog­le hat in Buzz oder Wave wahr­schein­lich Mil­li­ar­den ver­senkt und für sich als Kon­zern genau dar­aus gelernt.

Wodurch ent­steht der Zwang? Manch­mal den­ke ich, dass die­ser Zwang aus der Angst gebo­ren wird, etwas zu ver­pas­sen, wenn man nicht auf jeden neu­en Pro­dukt­zug auf­springt. Es gibt ja sogar Leu­te, die sich dar­um Sor­gen machen, wie sie Nach­rich­ten gleich­zei­tig in g+, Twit­ter und FB abset­zen, um ja nichts zu ver­pas­sen und um ja über­all prä­sent zu sein. Wenn die­ser Zwang aus die­ser Angst gebo­ren ist, haben die Kon­zer­ne schon längst mehr erreicht, als in den kühns­ten Vor­stel­lun­gen von Daten­ver­wen­dungs­hor­ror­sze­na­ri­en anklingt.