Sprache als Verräter
… nur dekodieren muss man sie. Hier ein Ausschnitt aus „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller:
PRÄSIDENT. Und ich dachte, sie bliebe ganz weg. Dummer Teufel, was verschlägt es denn ihm, ob Er die Karolin frisch aus der Münze oder vom Bankier bekommt. Tröst Er sich mit dem hiesigen Adel; – Wissentlich oder nicht – bei uns wird selten eine Mariage geschlossen, wo nicht wenistens ein halb Dutzend der Gäste – oder der Aufwärter – das Paradies des Bräutigams geometrisch ermessen kann.
aus dem 1. Akt, 5. Szene
Die Rede ist hier von einer Frau, die der Gesprächspartner des Präsidenten – der Sekretär „Wurm“ – zu erlangen sucht. Sie ist die „Karolin“, eine Ende des 18. Jhd. gebräuchliche Münze, sie trägt das „Paradies des Bräutigams“, was „ein halb Dutzend“ Männer vor der Hochzeit in der adeligen Sphäre „geometrischermessen“ haben. Otto Waalkes hat dazu passend bereits gedichtet:
Mein Liebchen hat so etwas, das ist so fein und süss
und diese kleine Etwas das ist mein Paradies
ja diese kleine Etwas, ist meines Liebchens Mund
und wer was andres dachte, der ist ein Schweinehund
Die Frau ist halt dann schon nicht mehr unverbraucht und das sollte doch nach Ansicht des Sprechers kein Hindernis darstellen.