Meritokratie im Machtsystem Schule

Das The­ma „Macht“ ist bei mir ja ein Dau­er­bren­ner. Die­ser spie­gelt sich in ver­schie­de­nen Arti­keln dazu im Kon­text von Schu­le wie­der, z.B. hier. Ich unter­schei­de in der Schu­le immer zwi­schen ideel­ler Macht (die z.B. auf Grund einer beson­de­ren Fähig­keit erwächst) und insti­tu­tio­nel­ler Macht (für die das nicht unbe­dingt gel­ten muss). Im Ide­al­fall fällt bei­des zusam­men, d.h., die­je­ni­gen, die etwas kön­nen, gelan­gen in die Schul­lei­tung und nicht die, die gera­de „dran“ sind.

Ich habe auch schon kri­ti­siert, dass Schu­le sich nicht ver­än­dern kann, weil die ideel­len Macht­ha­ber oft kei­ne insti­tu­tio­nel­len Macht­po­si­tio­nen mehr anstre­ben, um nicht die Nach­tei­le eines insti­tu­tio­na­li­sier­ten Amtes in Kauf neh­men zu müs­sen. Das waren bis­her Deskrip­tio­nen, Zustands­be­schrei­bun­gen, die ich bei ande­ren Leu­ten immer sehr stark kritisiere.

Daher möch­te ich einen Vor­schlag dazu machen, wie Macht­struk­tu­ren in Schu­le anders funk­tio­nie­ren kön­nen, da ich mei­ne als Haupt­pro­blem die Legi­ti­ma­ti­on von insti­tu­tio­nel­ler Macht erkannt zu haben. Habe ich A15 erreicht, muss ich mich im Prin­zip nicht mehr groß­ar­tig ent­wi­ckeln, not­falls reicht der Erhalt des Sta­tus Quo. Das liegt in die­sem Extrem­fall dar­an, dass sich die insti­tu­tio­nel­le Macht an der Schu­le qua­si aus sich selbst her­aus legi­ti­miert, Macht qua Amt. Dass in vie­len Schul­lei­tun­gen abso­lut fähi­ge Men­schen sit­zen, sei davon unberührt.

Der Hang, sich immer wie­der neu­em zu öff­nen, kommt in mei­nen Augen jedoch auch daher, dass mei­ne Macht bedroht sein könn­te, z.B. durch die Mög­lich­keit, dass mir mein Amt durch  „Abwahl“ ent­zo­gen wer­den kann. Das wäre eine demo­kra­tisch orga­ni­sier­te Schu­le, die so jedoch nicht funk­tio­nie­ren kann, da nach­hal­ti­ges Han­deln damit fast unmög­lich ist.

Die direk­te Demo­kra­tie kann an der Schu­le auch nicht funk­tio­nie­ren, weil die Mas­se nicht unbe­dingt der kom­pe­ten­tes­te Ent­schei­der ist – des­we­gen haben wir in Deutsch­land ja auch die reprä­sen­ta­ti­ve Demo­kra­tie, die eine Art Aus­gleich zwi­schen nach­hal­ti­ger Hand­lungs­fä­hig­keit und in Inter­es­sen des Vol­kes dar­stel­len soll – eigent­lich. Die reprä­sen­ta­ti­ve Demo­kra­tie ver­hin­dert nicht, dass bei Ent­schei­dun­gen der Reprä­sen­tan­ten auch per­sön­li­che Moti­ve eine Rol­le spielen.

Die Idee der Meri­to­kra­tie ist, dass das Man­dat des Ein­zel­nen – etwa in Fach­kon­fe­ren­zen – in sei­ner Stär­ke direkt von sei­nen Fähig­kei­ten abhängt: Wer viel tut und viel kann, ver­eint die meis­ten Stimm­rech­te auf sich. Damit läuft die Meri­to­kra­tie dem Prin­zip des Ega­li­ta­ris­mus ent­ge­gen, was prin­zi­pi­ell ein Pro­blem dar­stellt. Jedoch gibt es einen Aus­weg, wenn der Ein­zel­ne sei­ne Ega­li­tät selbst kon­trol­lie­ren kann. Das ist das Prin­zip des Liquid Feed­backs, wie es gera­de kon­tro­vers in der Pira­ten­par­tei dis­ku­tiert wird. Da es durch alle Kanä­le des Webs geis­tert, hier nur eine sehr kur­ze Zusammenfassung:

Habe ich von einem The­ma kei­ne Ahnung, kann ich mein Stimm­recht zu einem bestimm­ten The­ma – das ist ein wich­ti­ger Unter­schied zum klas­si­schen Man­dat –  auf einen zwei­ten über­tra­gen, den ich auf die­sem Gebiet für kom­pe­tent hal­te. Denkt die­ser wie­der­um, dass es noch einen kom­pe­ten­te­ren Men­schen gibt, kann er sein Stimm­recht auf einen Drit­ten über­tra­gen, der dann über die Stim­me des ers­ten und des zwei­ten in die­ser Ket­te ver­fügt. Ich kann mein Stimm­recht jedoch zurück­ho­len, wenn ich mer­ke, dass mein Man­dats­trä­ger nicht in mei­nem Sin­ne z.B. in einer Fach­kon­fe­renz abge­stimmt hat, was nament­lich z.B. durch ein Pro­to­koll nach­ge­wie­sen wird, d.h. die­se Struk­tu­ren müs­sen trans­pa­rent gestal­tet sein, damit auch star­ke Man­da­te flüch­tig sind.

Die Rea­li­sie­rung eines sol­chen Sys­tems ist noch eine ganz ande­re Sache (es gibt dafür tech­ni­sche, aber noch kei­ne sozia­len Lösun­gen), aber es scheint mir eine gan­ze Men­ge an Pro­ble­men zu lösen: War­um soll in einem Gre­mi­um auch der­je­ni­ge über eine z.B. Anschaf­fung ent­schei­den, der davon kei­ne Ahnung hat und sich auch im Vor­we­ge nicht um Ahnung bemüht hat? (nicht dass das in der Schu­le vorkäme…).Warum soll ich mich mit Sachen beschäf­ti­gen, für die ich gera­de kei­nen Kopf habe und in denen wer anders viel tie­fer drinsteckt?

Wich­tigs­ter Vor­teil scheint mir jedoch dabei zu sein, dass insti­tu­tio­nel­le und ideel­le Macht zusam­men­fal­len kön­nen, ohne dass das Sys­tem in der Lage ist, eine Domes­ti­ka­ti­on qua Amt durch­zu­füh­ren, die dann die übli­chen Ein­schrän­kun­gen nach sich zie­hen, die die ideel­len Macht­in­ha­ber so oft von der Ergrei­fung insti­tu­tio­nel­ler Macht abhal­ten – bewusst oder unbewusst.

Meri­to­kra­tie in die­ser Form funk­tio­niert mit vier Leu­ten (Ach, ent­schei­de du das mal jetzt!“), aber auch mit 100 – man kann also klein anfan­gen, Erfah­run­gen sam­meln und sich dann „stei­gern“.  Ist das Kon­zept einer funk­tio­nie­ren­den Fami­lie nicht teil­wei­se auch ein meritokratisches?

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