Ich bin die eine, die die viele ist

Drex files

Quel­le: http://drexfiles.wordpress.com/2009/10/25/borg-tactical-cube/

Borg – sounds swe­dish!“ – so reagier­te eine Figur in Star Trek auf die ers­te Erwäh­nung die­ses Namens. Die Borg ist eine vir­tu­el­le Ras­se, die auf maxi­ma­le Red­un­danz und Ver­net­zung setzt. Sie ver­fü­gen über kei­ne eige­ne Krea­ti­vi­tät, son­dern ent­wick­leln sich durch Assi­mi­la­ti­on von frem­den Ras­sen und deren Tech­no­lo­gie. Von ihnen stammt auch der von mir schon ver­wen­de­te Satz: Resis­tance is futi­le (Wider­stand ist zweck­los). Ein­mal in Borg­kol­lek­tiv auf­ge­nom­men kann jeder die Stim­men des ande­ren hören – es gibt eine gro­ße Gemein­schaft. Eine Aus­glie­de­rung aus dem Kol­lek­tiv ist sehr schwer, da die Figu­ren dann die Stim­men nicht mehr hören, die sie als gro­ße Berei­che­rung emp­fin­den, weil sie nicht mehr allei­ne sind. Borg han­deln allein nach funk­tio­na­len Grund­sät­zen, Ethik und Moral spie­len kei­ne Rol­le. Ein­zi­ge Prä­mis­sen sind die Erhal­tung des Kol­lek­tivs und die tech­ni­sche Per­fek­ti­on. Die Ent­wick­lung des Indi­vi­du­ums unter­liegt den Gren­zen und Wün­schen des Kol­lek­tivs, das von der einen, die die vie­le ist gelei­tet wird – der Borg­kö­ni­gin (eine Ras­se ohne irgend­ei­ne Lei­tungs­struk­tur wäre wohl auch den Star Trek-Machern zu viel gewesen).

Ich muss in die­sen Tagen oft an die Borg in Zusam­men­hang mit Face­book den­ken. Ange­fan­gen hat alles mit dem ULD Kiel, das einen Angriff auf die Trans­warp­ka­nä­le der Borg gestar­tet hat, indem es Web­mas­ter „bedroh­te“, die Face­books-Addons auf ihren Web­sei­ten ein­bin­den. Face­book gewinnt dadurch Infor­ma­tio­nen über Bewe­gungs­mus­ter von Mit­glie­dern und Nicht­mit­glie­dern im Web – das ist übri­gens auch die tech­ni­sche Funk­ti­on von „Like- “ oder „1+“-Buttons (Pen­dant bei Goog­le). Ich habe Ein­zel­ge­sprä­che geführt, in denen die­ser Schritt des ULD hef­tig kri­ti­siert und vor allem der Ver­lust von Trans­pa­renz und Bür­ger­nä­he von z.B. Kom­mu­nen beklagt wur­de. Ande­re Kri­tik­stra­te­gien, die mir weit­aus sym­pa­thi­scher sind, set­zen auf der Ebe­ne von tech­ni­schen Feh­lern des ULD an. Dar­über kann man reden – aller­dings betrifft das den Bereich der tech­ni­schen Medi­en­kom­pe­tenz, der aber oft als „zu anstren­gend“ nicht gewünscht wird.

Tat­sa­che ist für mich, dass die Assi­mi­lie­rungs­stra­te­gie von Face­book eine extrem hohes, abso­lut genia­les Niveau erreicht hat, weil die Assi­mi­la­ti­on selbst nicht wie bei den Borg auf Gewalt beruht, son­dern schlei­chend und ange­nehm mit der Ver­hei­ßung maxi­ma­ler Bedürf­nis­be­frie­di­gung erfolgt. Wer sich ein­mal im Kol­lek­tiv befin­det, möch­te oder kann es nach kur­zer Zeit nicht mehr mis­sen. Die Vor­stel­lung, dass es Men­schen gibt, die außer­halb die­ses Kol­lek­tivs exis­tie­ren, ist – wie bei den Borg – oft mit Gedan­ken an Rück­stän­dig­keit und „Nicht­ver­ste­hen der neu­en Wis­sens­ge­sell­schaft“ asso­zi­iert. Face­book ist ein Borg­ku­bus, den man unbe­ach­tet besu­chen darf, solan­ge man nicht pri­mä­re Sys­te­me bedroht, ein Kubus, der des gan­ze Web in sich ver­eint ohne dabei nach außen mit dem Web zu teilen.

Zwi­schen­be­mer­kung:

Nein: Ich hal­te Face­book­nut­zer nicht für wil­len­lo­se, voll­stän­dig mani­pu­lier­te und ent­in­di­vi­dua­li­sier­te Droh­nen. Auf der Ebe­ne des Indi­vi­du­ums passt die­se Borg-Ana­lo­gie nicht.

Gleich­wohl ver­langt die sozia­le Orga­ni­sa­ti­on inner­halb des Kubus, dass alles geteilt wird, zumin­dest mit der Köni­gin – den Kon­takt zu ein­zel­nen kann man fil­tern, jedoch nur soweit man die stän­di­gen Neu­kon­fi­gu­ra­tio­nen des Fil­ters ver­steht und nach­voll­zieht. Die Fil­ter­mo­di­fi­ka­tio­nen erfol­gen selt­sa­mer­wei­se immer so, dass stan­dard­mä­ßig mehr Infor­ma­tio­nen mit mehr Men­schen geteilt wer­den. Das Grund­prin­zip der Borg besteht genau dar­in: Alles zu tei­len, das gan­ze Leben. Bei den Borg hat das jedoch nichts mit Frei­heit, son­dern mit Kon­trol­le zu tun – das ist bei Face­bok natür­lich ganz anders, auch wenn für die wirt­schaft­li­che Funk­ti­on eine hohe Teil­ra­te natür­lich so ungüns­tig auch nicht ist.

Tre­ten neue Netz­wer­ke auf den Plan, ist die ers­te Fra­ge sofort, wie man sel­bi­ges in Face­book inte­grie­ren kann (wahr­schein­lich damit man nichts ver­passt und nicht die dop­pel­te Arbeit beim Pos­ten hat). Das hat nichts mit dem Assi­mi­lie­rungs­grad bei Face­book zu tun.

In Face­book hat der Mensch die Frei­heit, die im Rah­men, den Face­book setzt, mög­lich ist (Gilt m.E. auch für App­le­pro­duk­te). Dage­gen meh­ren sich zum Glück Stim­men. Es gibt Alter­na­ti­ven, die eine voll­stän­di­ge Kon­trol­le der eige­nen Daten ermög­li­chen – nur ist da niemand…

Ich mei­de Face­book und ich wür­de mitt­ler­wei­le jedem raten, das auch zu tun. Brow­ser­plug­ins lösen kei­ne ein­zi­ge Her­aus­for­de­rung – höchs­tens für Nicht­mit­glie­der. Selbst für vie­le Leh­rer­blogs müss­te ich eine sei­ten­be­zo­ge­ne Regel bei NoScript anle­gen, die mir zwar eine Kom­men­tie­rung im Dis­qus-Plug­in, nicht jedoch eine Daten­über­tra­gung durch den Face­book­but­ton ermög­licht. Das dürf­te den Bequem­lich­keits­an­spruch und die tech­ni­schen Fer­tig­kei­ten einer sur­fen­den Mehr­heit deut­lich übersteigen.

Face­book gibt sehr, sehr viel. Es hat vie­les ermög­licht, was vor weni­gen Jah­ren noch undenk­bar war.  Aber es nimmt auch. Das ist sei­ne Natur als bör­sen­no­tier­tes Unter­neh­men. Gewinn und Nut­zen muss jeder für sich abwä­gen. Jeder soll­te sich dar­über im Kla­ren sein, dass prin­zi­pi­ell auch der Staat in begrün­de­ten Ver­dachts­fäl­len Zugriff auf die­se Daten hat. Wir brau­chen kei­ne Maut­brü­cken zur Erstel­lung von Bewe­gungs­pro­fi­len. Nur gegen den Ver­such, die Maut­brü­cken dafür ein­zu­set­zen, rebel­lie­ren wir. Das bekom­me ich manch­mal nicht zusam­men. Ich bin aber auch Borg-Fan. Das passt auch nicht.

Klarnamen bei g+

Ich bin bei einem Anbie­ter für Ser­ver­dienst­leis­tun­gen. Die­se Anbie­ter hat sich dazu ent­schlos­sen, nicht jeden Kun­den anspre­chen zu wol­len: Es gibt Ser­ver­sys­te­me von der Stan­ge zu sehr güns­ti­gen, teil­wei­se kon­kur­renz­lo­sen Prei­sen. Wer ande­re Din­ge wünscht, etwa spe­zi­el­le Hard­ware, zahlt nicht nur eine Pau­scha­le für die­se Zusatz­hard­ware, son­dern muss zunächst ein­mal monat­lich einen Auf­preis bezah­len, damit die­se Zusatz­hard­ware über­haupt miet­bar ist. Dar­über gibt es viel Gejammer.

Ande­rer­seits macht die­se Poli­cy des Anbie­ters die güns­ti­gen Ser­ver­prei­se erst mög­lich, da der Tech­ni­ker vor dem Rack eben nicht über­le­gen muss, ob in der Kis­te vor ihm noch Zusatz­hard­ware ver­baut ist, die ggf. eine wei­te­re Feh­ler­quel­le dar­stellt und zusätz­li­chen, für den Anbie­ter teu­ren Arbeits­auf­wand erfor­dert. Von den wirt­schaft­li­chen Vor­tei­len, die eine homo­ge­ne Hard­ware­land­schaft bie­tet, soll gar nicht erst gespro­chen wer­den (Ersatz­teil­be­vor­ra­tung, Ein­kaufs­prei­se wg. Stück­zah­len, Plan­bar­keit von Strom- und Kli­ma­be­darf usw.).

Zudem hat sich die­ser Anbie­ter dazu ent­schlos­sen, stan­dard­mä­ßig kei­ne Con­trol­pa­nels (Plesk, Cofixx) für die Ser­ver anzubieten/vorzuinstallieren – also kein Kli­ckibun­ti für den Anwen­der, der sich mit Ser­ver­war­tung nur wenig aus­kennt. Das schreckt gewis­se Kli­en­tel ab. Der Chef des Unter­neh­mens ver­tritt auch öffent­lich in sei­nem Forum hin und wie­der die Auf­fas­sung, dass bestimm­te Kun­den eben nicht zu die­ser Fir­men-Poli­cy pas­sen und bei einem Mit­be­wer­ber bes­ser auf­ge­ho­ben sind. Darf man das?

Ich fin­de, dass die Aus­ge­stal­tung eines Ange­bots in der Selbst­be­stim­mung des jewei­li­gen Anbie­ters liegt. Nie­mand ist gezwun­gen, einen Ver­trag mit die­sem Bewer­ber am Markt ein­zu­ge­hen. Ich füh­le mich als Kun­de dort sehr wohl, weil eben gewis­se Pro­ble­me in die­sem Netz­werk weni­ger auf­tre­ten und durch die Aus­rich­tung des Unter­neh­mens Kun­den ange­spro­chen wer­den, die mir in tech­ni­schen Fra­gen immer sehr gut im Anbie­ter­fo­rum wei­ter­hel­fen konn­ten – ich habe auf die­se Wei­se Wis­sen und Kom­pe­ten­zen erlangt, die bei Anbie­tern ohne z.B. ein eige­nes Forum nie mög­lich wären.

Goog­le hat sich ent­schlos­sen, in g+ Klar­na­men ver­trag­lich vor­zu­schrei­ben. Damit eig­net sich g+ schon ein­mal gar nicht für Men­schen, die poli­tisch ver­folgt sind, Infor­ma­tio­nen lea­k­en wol­len usw.. Eben­so eig­net sich g+ über­haupt nicht für Leu­te, die im Inter­net unter ihrem Pseud­onym auf­tre­ten wol­len oder die sich über die Jah­re mit die­sem Pseud­onym ihre Online-Repu­ta­ti­on auf­ge­baut haben. Goog­le spricht die­se Kli­en­tel mit sei­nem Ange­bot nicht an. Scha­de, aber eben Ver­trags­frei­heit. Gibt ja noch ande­re Angebote.

Gegen die­se recht nüch­ter­ne Sicht wird ger­ne ins Feld geführt, dass Goog­le sein markt­be­herr­schen­de Stel­lung aus­nutzt, um die Nut­zer dazu zu zwin­gen, unter Klar­na­men auf­zu­tre­ten. Ich dach­te immer, dass Markt­be­herr­schung dadurch ent­steht, dass alle immer zu einem Kon­zern lau­fen. War­um läuft man denn zu g+? Um Goog­le noch mehr Markt­macht zu geben? Goog­le macht ein Ange­bot. Nie­mand zwingt irgend­wen dazu, die­ses Ange­bot mit die­sen Kon­di­tio­nen anzu­neh­men. Und selbst Goog­le hat in Buzz oder Wave wahr­schein­lich Mil­li­ar­den ver­senkt und für sich als Kon­zern genau dar­aus gelernt.

Wodurch ent­steht der Zwang? Manch­mal den­ke ich, dass die­ser Zwang aus der Angst gebo­ren wird, etwas zu ver­pas­sen, wenn man nicht auf jeden neu­en Pro­dukt­zug auf­springt. Es gibt ja sogar Leu­te, die sich dar­um Sor­gen machen, wie sie Nach­rich­ten gleich­zei­tig in g+, Twit­ter und FB abset­zen, um ja nichts zu ver­pas­sen und um ja über­all prä­sent zu sein. Wenn die­ser Zwang aus die­ser Angst gebo­ren ist, haben die Kon­zer­ne schon längst mehr erreicht, als in den kühns­ten Vor­stel­lun­gen von Daten­ver­wen­dungs­hor­ror­sze­na­ri­en anklingt.

Althusmann und die Plagiatsjäger

Jetzt hat es doch tat­säch­lich unse­ren Kul­tus­mi­nis­ter Bernd Alt­hus­mann erwischt: Pla­gi­ats­jä­ger haben sei­ne Dok­tor­ar­beit ins Visier genom­men und u.a. Zitier­tech­ni­ken ent­deckt. die ich als Deutsch­leh­rer in einer Fach­ar­beit nie dul­den wür­de. Her­aus­ge­kom­men ist z.B. die­se 15seitige Ana­ly­se. Der Fall unter­schei­det sich natür­lich von der Cau­sa Gut­ten­berg oder Koch-Mehrin in vie­ler­lei Hin­sicht. Trotz­dem ist scheint Alt­hus­mann in der Öffent­lich­keit schwer beschä­digt, die Twit­ter­ge­mein­de hat ihren Kon­sens zur Bewer­tung sei­nes Ver­hal­tens gefun­den. Eini­ger­ma­ßen dif­fe­ren­ziert stellt es in mei­ne Augen  Tho­mas Ker­stan dar, bei dem ich aber nicht sicher bin, wie nahe er der nie­der­säch­si­schen Kul­tus­po­li­tik steht.

Es juckt mich, in die Twit­ter­kon­sens­har­mo­nie zur mora­li­schen Bewer­tung von Alt­hus­manns Vor­ge­hen ein­zu­stim­men. Ehr­lich. Mir macht die Affä­re mei­ne Arbeit nicht leich­ter und schon bei Gut­ten­berg fin­gen SuS bei der Fach­ar­beit an zu feil­schen – mit dem Hin­weis auf die pro­mi­nen­ten „Vor­bil­der“. Das ist sub­op­ti­mal. Doo­fe Situation.

Der eben­falls unter Beschuss gera­te­ne Jor­go Chat­zi­markakis hat letz­ten Sonn­tag bei Anne Will für mich zwei inter­es­san­te Fra­gen gestellt:

  1. War­um arbei­ten die Pla­gi­ats­jä­ger anonym?
  2. Wel­che rechts­staat­li­che Legi­ti­ma­ti­on besit­zen sie für ihre Arbeit?

Gera­de heu­te hat Mar­kus bei Twit­ter auf Abge­ord­ne­ten­watch Schles­wig-Hol­stein ver­linkt. Dahin­ter ste­hen Namen. Abge­ord­ne­ten­watch beschäf­tigt sich mit der aktu­el­len poli­ti­schen Arbeit von Men­schen und setzt sich kri­tisch sowie offen damit aus­ein­an­der. Damit muss man als Poli­ti­ker rech­nen und die Ver­ant­wort­li­chen wer­den von der Mei­nungs­frei­heit gedeckt. So soll es sein.

Mir sind die Moti­ve nicht klar (Hat wer von euch einen Link?), war­um man im Netz als Pla­gi­ats­jä­ger anonym agiert: Es wer­den doch Fak­ten und Erge­bis­se von har­ten Text­ana­ly­sen und ‑ver­glei­chen publi­ziert. Das ist eine immense Arbeit. Ohne Namen fehlt mir eine gewis­se Trans­pa­renz. Nicht abstrei­ten lässt sich, dass durch die Beschäf­ti­gung mit Dok­tor­ar­bei­ten eine Form der Macht ent­steht. Die­se Macht liegt für mich sehr dif­fus vor, sie ist prin­zi­pi­ell ideel­ler Natur. Poli­tik ist auch von ideel­len Macht­struk­tu­ren durch­zo­gen (Seil­schaf­ten, Lob­by­is­mus) – ist das so eine Art „Pay­back“ der sich macht­los Füh­len­den? Wol­len sie gera­de durch die Anony­mi­tät nicht den Ver­su­chun­gen der Macht erlie­gen? Geht es ihnen um die Stär­kung des Wis­sen­schafts­stand­ort Deutsch­lands, um die Stär­kung der Wis­sen­schaft an sich? Wol­len sie auf die chro­ni­sche Unter­fi­nan­zie­rung des uni­ver­si­tä­ren Sys­tems hin­wei­sen, das offen­bar grund­le­gen­den Prü­fungs­pflich­ten in die­sen Fäl­len nicht nach­kom­men konnte/wollte/…?

In unse­rem Staat haben wir im Grund­ge­setz eine Gewal­ten­tei­lung zwi­schen Judi­ka­ti­ve, Legis­la­ti­ve und Exe­ku­ti­ve ver­an­kert. Das funk­tio­niert wahr­schein­lich mal mehr und mal weni­ger gut. Die Pla­gi­ats­jä­ger über­neh­men natür­lich nicht irgend­ei­ne die­ser Funk­tio­nen, aber sie glei­chen eine Lücke aus: Der Ana­ly­se­pro­zess wür­de ohne sie wahr­schein­lich in den eigent­lich zustän­di­gen Gre­mi­en Gefahr lau­fen, intrans­pa­rent zu wer­den. Gleich­wohl scheint das Urteil in der Öffent­lich­keit durch ihr Wir­ken schnell fest­zu­ste­hen: schuldig.

Rechts­staat­lich fin­de ich das des­we­gen schwie­rig, weil das grund­sätz­li­che Prin­zip auch im Klei­nen anwend­bar ist: Mir passt z.B. Kol­le­gin x nicht – gemein­sam mit ande­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zei­ge ich öffent­lich und anonym Schwä­chen ihrer Staats­examens­ar­beit auf. Da wird unter uns hof­fent­lich Einig­keit herr­schen, dass das irgend­wie doof wäre. Außer­dem ist die­ser Fall  natür­lich über­haupt nicht ver­gleich­bar mit den aktu­el­len Dis­kus­sio­nen. Struk­tu­rell geschieht aber glei­ches: Ein Feh­ler in der Ver­gan­gen­heit wischt alles bis­her Geleis­te­te (wie auch immer das zu bewer­ten ist) hin­fort – anonym. Kein Gegenüber.

Ich habe kein Pro­blem mit der anony­men Auf­de­ckung von Pla­gia­ten. Ich weiß nicht so recht, wo und bei wem wir eine Gren­ze zie­hen soll­ten, wann genau aus ernst­haf­ter, trans­pa­renz­schaf­fen­der Arbeit geziel­te Aus­gren­zung und Mob­bing mit allen erdenk­li­chen Fol­gen wird. Von wel­chen Fak­to­ren hängt das ab? Wahr­schein­lich stark vom Macht­ge­fäl­le… Und ich weiß nicht so recht, ob das nur mein Pro­blem ist. Auf jeden Fall bin ich mit die­ser Fra­ge wohl nicht konsensschaffend.

Dinge, über die ich im Netz stolpere

Auto-Respon­der

Sie sind nicht tot zu krie­gen. Momen­tan weist mich ein Auto-Respon­der eines Foren­mit­glieds stän­dig dar­auf hin, dass es nicht mehr Mail errei­chen ist und ich mich statt­des­sen doch bit­te an die im Auto-Respon­der ange­ge­be­ne E‑Mailadresse wen­den sol­le. Da stel­len sich für mich Fragen:

  1. Ist das klug, in einem Forum um Hil­fe zu bit­ten und dann zu ver­rei­sen, bzw. toter Mann zu spielen?
  2. Könn­te man nicht gleich eine Wei­ter­lei­tung zu der Ver­tre­tungs­kraft ein­rich­ten? (dann wird die damit belästigt)

Es han­delt sich übri­gens um ein Mood­le­fo­rum. Das kann man per Mail abon­nie­ren. Dum­mer­wei­se wird als Rep­ly-to die Mail­adres­se des Ant­wor­ten­den ver­wen­det. Ich könn­te natür­lich mei­ne E‑Mailadresse deak­ti­vie­ren… Das Ver­fah­ren „Auto-Respon­der“  mag tech­nisch ein­fach zu imple­men­tie­ren sein – mensch­lich fin­de ich es in die­sem Fall spannend.

paper.li

Mei­ne Time­line ist voll von „Dai­lys“. Die­se „Dai­lys“ sehen so aus, als sei­en sie im Wesent­li­chen Aggre­ga­ti­ons­pro­duk­te, d.h. der Erstel­ler legt Quel­len fest, aus denen die „Dai­lys“ dann gespeist und weit­ge­hend auto­ma­ti­siert erstellt wer­den. Einer­seits fin­de ich komisch, dass sich sowas nicht ein­fach per Fil­ter­re­gel eli­mi­nie­ren oder kate­go­ri­sie­ren kann.  Mir ist die jewei­li­ge Per­son ja wich­tig – sonst wür­de ich ihr nicht fol­gen. Da kön­nen Social Net­works noch fle­xi­bler werden.

Ande­rer­seits sehe ich dar­in für mich kei­nen Mehr­wert. Die Zugriffs­zah­len auf vie­len paper.li-Seiten sind auch nicht sooo beein­dru­ckend. Ich ver­ste­he den Gedan­ken dahin­ter so, dass Infor­ma­tio­nen an einem Ort mit mög­lichst wenig Auf­wand gebün­delt wer­den sol­len. Aber kor­re­lie­ren nicht Auf­wand und Rele­vanz im All­ge­mei­nen? Kann man durch ein paar Klicks die Rele­vanz von kom­men­tier­ten Link­emp­feh­lun­gen erset­zen? paper.li gewinnt auf die­se Wei­se eini­ges an Daten. Frag­lich also, ob der Vor­teil des Sys­tems die ideel­len Kos­ten überwiegt.

Kos­ten­los-Kul­tur

Dies­mal mei­ne ich nicht die Kos­ten­los-Kul­tur von Nut­zern, son­dern die von kom­mer­zi­el­len Anbie­tern. Da wer­den teil­wei­se gan­ze Kon­zep­te von Web­sites auf UGC (benut­zer­ge­ne­rier­tem Con­tent) auf­ge­baut. Min­des­tens ein­mal im Monat habe ich irgend­ein Unter­neh­men an der Backe, wel­ches hier Pro­duct­pla­ce­ment oder Linktausch betrei­ben möch­te – in einem klei­nen Nischen­blog (Wel­cher SEO hat denn da bera­ten?). Gleich­zei­tig schrei­en gera­de Ver­la­ge oft nach ange­mes­se­ner Ver­gü­tung für ihre Pro­duk­te, bzw. wol­len mit dem Leis­tungs­schutz­recht sogar gesetz­li­che Garan­tien – am bes­ten sogar für ein­zel­ne Sät­ze und Schlag­zei­len. Ent­we­der ist Con­tent etwas wird und alle bezah­len dafür, oder er ist nichts wert und frei.

Ver­la­ge geneh­mi­gen sich ger­ne erst Mal alle Rech­te an einem Pro­dukt, auch die, die sich durch zukünf­ti­ge tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen erge­ben. Die von Wolf­gang Mich­al kon­sta­tier­te AGB-Pest in die­sem Bereich fin­det sich durch­aus auch in abge­wan­del­ter Form auf Por­ta­len für Unter­richts­ma­te­ri­al, so dass man den Ein­druck erhält, dass es neben ver­triebs­ab­hän­gi­gen Pro­vi­sio­nen vor allem auch um Aggre­ga­ti­on von Inhal­ten für lau gehen soll. 

Wer­bung für eige­ne Blog­ar­ti­kel, gelik­te Vide­os usw.

Neu auf xy.de: Neu­er Arti­kel. Mein Ansatz dazu ist viel­leicht viel zu prag­ma­tisch: Ent­we­der mein Arti­kel ist rele­vant oder nicht. Wenn er rele­vant ist, dann wird er über Such­ma­schi­nen von Drit­ten gefun­den oder jemand stol­pert in sei­nem Feed­rea­der dar­über. Die­ses Blog hat so gut wie kei­nen Face­book- oder Twit­tertraf­fic. Bei­de Quel­len sind hier nicht wesent­lich besu­cher­re­le­vant. Wen mache ich auf Facebook/Twitter auf die­se Arti­kel auf­merk­sam? Ich umge­be mich doch eh nur mit „Freun­den“, die eine gewis­se Nähe zu mei­ner Denk­wei­se besit­zen, oder ist das kolos­sal anders und man folgt nur Quer­den­kern? Ver­knüpf­te You­Tube-Accounts, die mich via Twit­ter über jedes gelik­te Vide­os eines Fol­lo­wers oder sei­ne Tätig­keit auf ande­ren Web­sites infor­mie­ren, kann ich lei­der auch nicht fil­tern, obwohl mir die dahin­ter ste­hen­de Per­son ja wich­tig ist – sonst wür­de ich ihr nicht fol­gen. Hier könn­ten Social Net­works bes­ser werden.

Ich wer­de ande­rer­seits manch­mal via Twit­ter auf inter­es­san­te Dis­kus­sio­nen in Blogs auf­merk­sam, die ich in mei­nem Feed­rea­der habe – aber ich könn­te wahr­schein­lich auch ein­fach mal den Kom­men­tar­feed abon­nie­ren…  #faul­heit

Der Damm ist gebrochen

Face­book akti­viert einen Algo­rith­mus, der die Erken­nung von Per­so­nen auf Fotos anhand ihrer Gesich­ter ermög­licht. Im Netz kur­sie­ren Anlei­tun­gen, wie man das ver­hin­dern kann. Kris­ti­an Köhn­topp bemerkt dazu:

Man kann die­se Funk­ti­on abschal­ten. Dann führt Face­book die Gesichts­er­ken­nung immer noch durch. Denn: bis das Gesicht erkannt wor­den ist weiß Face­book ja nicht wer dar­auf zu sehen ist, und wie die­se Per­son die Pri­va­cy Set­tings ein­ge­stellt hat, schlägt dann aber den gefun­de­nen Namen nicht mehr auto­ma­tisch vor. Die Ope­ra­ti­on ist tech­nisch also die­sel­be. Nur das Ergeb­nis wird geheim gehal­ten. (Quel­le)

Wenn ich als Wirt­schafts­un­ter­neh­men weiß, dass Daten bares Geld sind – Face­book ver­dient sein Geld mit Daten – dann liegt es im Bereich des Mög­li­chen, dass Kris­ti­an mit sei­ner „Schwarz­se­he­rei“ Recht behal­ten könn­te. Als Tech­ni­ker kann ich sei­ner Argu­men­ta­ti­on voll und ganz fol­gen. Die Post­pri­va­cy-Bewe­gung im Netz sieht wie­der ein­mal kei­nen Grund zur erhöh­ter Sor­ge und Wach­sam­keit. Über­prü­fen lässt sich das nur durch einen Blick in den Quell­code von Face­book. Was tat­säch­lich stimmt, liegt im Bereich des Glaubens.

Ich weiß nicht, inwie­weit jetzt ein Druck auf Goog­le ent­steht, die­ses Fea­ture auch in den ent­spre­chen­den Diens­ten frei­zu­schal­ten. Goog­le hat sich bis­her dage­gen gesträubt, dürf­te aber wahr­schein­lich den effi­zi­en­te­ren Erken­nungs-Algo­rith­mus besitzen.

Ich habe heu­te außer­plan­mä­ßig mit mei­nen Schü­le­rin­nen und Schü­lern dar­über gesprochen.

Gesetzt den Fall, ich wäre ledig:

Viel­leicht kann ich ja bald mein Smart­phone mit in die Bar neh­men und jede Frau hin­sicht­lich pas­sen­der Per­sön­lich­keits- und Inter­es­sen­merk­ma­le abscan­nen, bevor ich sie tat­säch­lich anspre­che oder gar Geträn­ke­aus­la­gen ris­kie­re. Das ist doch toll und befrie­digt mei­ne Bedürf­nis­se, erspart mir selbst das Aus­fül­len von Fra­ge­bö­gen bei Part­ner­ver­mitt­lungs­diens­ten usw.. Wenn ich dann noch den Like!-Button bei den ent­spre­chen­den Film­chen drü­cke, dann bekom­me ich maß­ge­schnei­dert… Der Kon­zern ent­schei­det, wer zu mir passt. Pri­ma Sache. Es lebe Post-Privacy!

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