Der Philosophieprofessor

Es war ein lan­ger Tag an der Uni, zum Kochen hat­te ich kei­ne Lust, also ging ich in die nahe­ge­le­ge­ne Stu­den­ten­knei­pe, in der frü­her über der Bar noch eine Leh­mann-Eisen­bahn im Pen­del­be­trieb ver­kehr­te. Es gab kei­nen Tisch mehr. Nur noch ein Platz war frei. Dar­an saß ein Phi­lo­so­phie­pro­fes­sor, bei dem ich ein Pro­se­mi­nar für das für Lehr­äm­ter obli­ga­to­ri­sche Phi­lo­so­phi­cum besuch­te. Ich weiß nicht, was mich gerit­ten hat, aber ich frag­te aus­ge­rech­net ihn, ob der Platz noch frei wäre. Die Geschich­te ende­te in einem sehr per­sön­li­chen Gespräch und mit einer begli­che­nen Rech­nung für mich: „Sie sind Stu­dent, ich bin Pro­fes­sor, Ihren Stolz kön­nen Sie weder essen, noch am Wochen­en­de in eine Bar tra­gen – ich erle­di­ge das für Sie“.

Das Gespräch wan­der­te von einem The­ma zum ande­ren – ein Satz beschäf­tigt mich bis heu­te: Er sag­te, dass es arro­gant von den Phi­lo­so­phen wäre zu glau­ben, dass allein ihre Tätig­keit des Den­kens sie in ihrer Exis­tenz recht­fer­ti­gen wür­de. Phi­lo­so­phen müss­ten sich sei­ner Mei­nung nach über­le­gen, wie sie unse­rer Gesell­schaft fern von Elfen­bein­tür­men die­nen könn­ten, in Wirt­schafts­be­trie­ben, in NGOs, wo auch immer. Die­se Gedan­ke ver­wirr­te mich eben­so wie ein neu­er phy­si­ka­li­scher Bewe­gungs­be­griff – fern ab von New­ton. Mit Dio­ge­nes exis­tiert inner­halb der Phi­lo­so­phie in roman­ti­scher Ver­klä­rung das Bild des Den­kens um des Den­kens Wil­len und in mei­ner dama­li­gen Uner­fah­ren­heit war eben­die­ses Bild so fest verankert.

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Sechs Jahre oder vier Jahre?

„In kei­nem Leis­tungs­be­reich sind För­der­wir­kun­gen des grund­stän­di­gen Gym­na­si­ums nachweisbar“, ana­ly­siert der bes­te deut­sche Schul­for­scher. Und resü­miert: „Bewertet man die Befun­de ins­ge­samt, so sind sie zunächst ein Kom­pli­ment für die [sechs­jäh­ri­ge, d. Red.] Grund­schu­le. Die Ent­wick­lungs­kur­ven von Spit­zen­schü­lern ver­lau­fen in der Grund­schu­le und in der Unter­stu­fe des grund­stän­di­gen Gym­na­si­ums par­al­lel, und zwar nicht nur im Lesen, son­dern … auch in der unter­richts­ab­hän­gi­gen Domä­ne Mathe­ma­tik. Für die grund­stän­di­gen Gym­na­si­en sind die Befun­de ein Grund zur Nach­denk­lich­keit. Gene­rell ist frag­lich, ob die Gym­na­si­en die För­de­rung der Lese­kom­pe­tenz als aka­de­mi­sche Auf­ga­be aller Fächer bis­lang über­haupt ent­deckt haben.“

gefun­den auf: http://www.pisaversteher.de

Die­se Aus­sa­ge Jür­gen Bau­mert im Kon­text der Dis­kus­si­on in Ber­lin um die sechs­jäh­ri­ge Grund­schu­le getrof­fen (die in Nie­der­sach­sen mit der Abschaf­fung der lang­jäh­ri­gen Ori­en­tie­rungs­stu­fe gera­de eli­mi­niert wor­den ist). Der Ver­gleich ist in mei­nen Augen unvoll­stän­dig, weil es nicht dar­um gehen kann, ob man sechs oder vier Jah­re zur Schu­le geht (Struk­tu­rel­le Reform), son­dern wir müs­sen uns dar­um küm­mern, was in die­sen vier oder sechs Jah­ren eigent­lich geschieht (Inne­re Reform)  Orga­ni­sa­ti­ons­for­men kom­men und gehen. Unter­richts­kul­tur scheint mir da bestän­di­ger zu sein, was ja auch als immer­wäh­ren­der Vor­wurf gegen die Gym­na­si­en anklingt.

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Ich wünsch‘ dir Liebe ohne Leiden

Chris­ti­an Fül­ler ver­öf­fent­licht Aus­zü­ge aus einer Kor­rek­tur eines Kol­le­gen, wie ich sie bestimmt auch schon oft ver­fasst habe – glei­cher Duk­tus, ähn­li­cher Auf­bau – allein die Tat­sa­che, dass die von mir sel­ten ver­wen­de­ten Fach­be­grif­fe „Adver­bi­en“ und „Adver­bi­al­sät­ze“ auf­tau­chen, geben mir die Sicher­heit, dass Chris­ti­an Fül­ler noch nichts von mir in den Hän­den hält. Auch ich muss mich schul­dig beken­nen viel zu oft viel zu wenig Posi­ti­ves hervorzuheben.

Det­lef Teich hat sich in einem Blog­bei­trag mit der Art und Wei­se von Fül­lers Aus­ein­an­der­set­zung mit die­ser Kor­rek­tur bereits umfas­send geäu­ßert. Wesent­lich scheint mir der Hin­weis, dass eine sol­che Kor­rek­tur immer in einem Kon­text steht, wesent­lich scheint mir wei­ter­hin die Fra­ge, ob die Lehr­kraft mit dem Leid, mit der „Beschä­mung“ und mit der Aus­gren­zung bila­te­ral durch z.B. die Eltern kon­fron­tiert wor­den ist, bevor es zu die­ser Ver­öf­fent­li­chung kam. Da die­se Aspek­te im Dun­keln blei­ben, schei­nen mir die stärks­ten Posi­tio­nen und Gedan­ken zu die­ser Kor­rek­tur  und der Art ihrer Ver­öf­fent­li­chung ausgetauscht.

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Lieber Bildungsforscher…

Seit Jah­ren sagst du mir, wie ich unter­rich­ten muss, um mei­nen SuS gerecht zu werden.

Seit Jah­ren sagst du mir, dass sich die Struk­tu­ren an mei­ner Schu­le grund­sätz­lich ändern müssen.

Seit Jah­ren for­derst du Bil­dungs­stan­dards ein.

Seit Jah­ren beein­flusst du die Poli­tik, um dei­ne Vor­stel­lun­gen rea­li­siert zu sehen

Seit Jah­ren sagst du mir, dass Bil­dung eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be ist.

Bil­dungs­for­scher, ich muss dir sagen, dass du mir bis­her nicht gehol­fen hast. 

Seit Jah­ren stei­gen Klassenfrequenzen.

Seit Jah­ren wer­den mei­ne Räu­me kleiner.

Seit Jah­ren wird Ver­wal­tung – gera­de durch dich – immer aufwendiger.

Seit Jah­ren kommt immer weni­ger mei­ner Kraft bei denen an, die es verdienen.

Seit Jah­ren wer­de ich durch immer neue Ideen gefordert.

Bil­dungs­for­scher, ich muss dir sagen, du nützt mir nicht.

Ich mache Pro­jek­te – du sagst: „Schon ganz schön, aber…“

Ich mache Eva­lua­ti­on – du sagst: „Nun aber auch Konsequenzen…“

Ich ver­än­de­re mei­nen Unter­richt – du sagst: „Der Anfang reicht nicht…“

Ich ent­wick­le mich – du sagst: „Die Rich­tung stimmt ja…“

Ich sage: „Aber die schu­li­sche Rea­li­tät…“ – du sagst: „Tja, das kann ich nicht für dich ändern!“

Bil­dungs­for­scher, du nützt mir nicht.

Bil­dungs­for­scher: Wenn du der­je­ni­ge bist,

der aus­schließ­lich, sagt, lob­by­iert, for­dert, spricht, von mir verlangt,

dann for­de­re wenigs­tens nicht von mir, dein Ver­bün­de­ter zu sein

und ver­ur­tei­le mich nicht für die­ses Unvermögen.


Warum Schule sich kaum verändert

Nor­we­gen. Test­stre­cke des Auto­her­stel­ler Cypa­ris. Das neu­es­te Modell springt bei hoher Luft­feuch­tig­keit und tie­fen Tem­pe­ra­tu­ren nicht an. Seit zwei Jah­ren bemü­hen sich Inge­nieu­re, Test­fah­rer, Mecha­ni­ker und Logis­ti­ker dar­um, die­ses Modell so zu ver­bes­sern, dass es eine sol­che Rei­fe und Qua­li­tät erlangt, dass der Markt das Pro­dukt und das voll­stän­dig neue Bedien­kon­zept annimmt. Davon hängt die wirt­schaft­li­che Exis­tenz von Cypa­ris ab. Nach lang­jäh­ri­gen Tests, unzäh­li­gen Ver­bes­se­run­gen und der Arbeit an Details kommt das Fahr­zeug schließ­lich auf den Markt und wird ein Erfolg.

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