Der Zeitpunkt, an dem man nicht mehr umkehren kann

Die Schu­len sind sicher. Das beschlos­se­ne Maß­nah­men­pa­ket muss in sei­ner Wir­kung erst ein­mal beob­ach­tet wer­den. Das Coro­na­vi­rus ist letzt­lich nur eine Grippe.

Das sind so eini­ge Annah­men, die von unter­schied­li­chen Men­schen momen­tan gelebt wer­den. Falls sich die­se Annah­men als falsch oder gra­du­ell falsch her­aus­stel­len, könn­ten die Kon­se­quen­zen sowohl für das Indi­vi­du­um, die so etwas behaup­tet als auch für uns als demo­kra­ti­sche Gesell­schaft erheb­lich sein. Daher müs­sen sol­che Annah­men irgend­wann stim­men. Man kommt hin­ter sie nicht mehr zurück, ohne als kom­plet­ter Voll­idi­ot dazu­ste­hen, der das Offen­sicht­li­che nicht sehen woll­te. Wenn man sei­ne Ansicht ändert, anders han­delt, ist man den­noch in der Wahr­neh­mung oft der Voll­idi­ot, der vor­her z.B. gelo­gen hat. Egal, wie ich mich ver­hal­te, ich kom­me da nicht heil her­aus. Ich kann also zwi­schen dem Tun­nel wäh­len, der mich als Indi­vi­du­um vor mir selbst nach eine Wei­le sym­bo­lisch intakt lässt oder der Selbst­auf­ga­be und der Kon­fron­ta­ti­on mit mei­nem eige­nen Ver­hal­ten. Auf der Ebe­ne des Indi­vi­du­ums ist das maxi­mal tragisch.

Es ist leich­ter, Koali­ti­ons­ver­trä­ge aus­zu­han­deln, als sich dem Drau­ßen zu stel­len. Die­se Struk­tur ist bekannt, in „nor­ma­len“ Zei­ten legi­ti­miert, ein ein­ge­spiel­tes Mus­ter. Sich dem Drau­ßen zu stel­len, bedeu­tet letzt­lich, mit Struk­tu­ren und Mus­tern kom­plett zu bre­chen, die als poli­ti­scher Plot seit Jahr­zehn­ten ablaufen.

Ana­lo­ges mag für die Denk­struk­tu­ren der Impf­ver­wei­ge­rer gel­ten. Wenn es wirk­lich so ist, dass sie die Ver­ant­wor­tung für erneu­te Ein­schrän­kun­gen des Frei­heits­rech­te, ein Zusam­men­bre­chen der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung und erheb­li­che sozia­le Ver­wer­fun­gen auf ihr Kon­to gehen, dann haben die­se Men­schen ein Pro­blem vor sich selbst.

Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men bedeu­tet momen­tan, dass Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den müs­sen. Die­se kön­nen sich als falsch her­aus­stel­len. Gerich­te kön­nen die­se Maß­nah­men und Ent­schei­dun­gen im Nach­hin­ein kas­sie­ren. Das ist dann so. Es gibt aber auch ein nicht uner­heb­li­ches Risi­ko, dass gera­de das Nicht­han­deln oder das Behar­ren auf Posi­tio­nen und Struk­tu­ren erheb­li­che Kon­se­quen­zen nach sich zieht.

Ziem­li­che Sicher­heit dürf­te dar­in bestehen, dass Imp­fun­gen nichts an der bestehen­den Situa­ti­on ändern wer­den. Die Men­schen sind infi­ziert. Sie wer­den zu unter­schied­li­chen Antei­len bei Geimpf­ten und Unge­impf­ten im Kran­ken­haus enden. Mit hoher Wahr­schein­lich­keit wer­den wir Men­schen ver­lie­ren, die wir ken­nen. Und wir haben bereits Pfle­ge­per­so­nal ver­lo­ren und wer­den das auch weiterhin.

Das sind jedoch alles offen­bar kei­ne Argu­men­te, um kon­kret zu han­deln. Die Struk­tur des Zögerns und hin­ter der Situa­ti­on Hin­ter­her­lau­fens bleibt nach wie vor sta­bil. Die Struk­tu­ren sind immun gegen Fak­ten. Auch gegen sol­che, die mit dem Fort­schrei­ten der Pan­de­mie nicht mehr durch ihre his­to­ri­sche Bei­spiel­lo­sig­keit ent­schul­digt wer­den können.

Die Stra­te­gie des Erklä­rens ver­fängt nicht. Die Stra­te­gie des Mütend-Seins ver­fängt nicht. Erst kon­kre­te For­de­run­gen der Exper­ten nach „Lock­downs“ oder „Pro­tes­te der Ver­nünf­ti­gen“ bie­ten ggf. den poli­ti­schen Ent­schei­dern die Art „Legi­ti­ma­ti­on“, die zum rea­len Han­deln erfor­der­lich ist. Wenn schon die ande­ren nicht mehr umkeh­ren kön­nen – wir kön­nen es in Bezug auf die Mit­tel, die wir bis­her ange­wen­det haben, um uns Gehör und „denen“ Legi­ti­ma­ti­on zu verschaffen.

Die Alter­na­ti­ve ist, dass es ganz schlimm wird – wenn das noch geht.

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