Change Management

Die nächs­ten zwei Jah­re wer­den bei mir geprägt sein von der Rück­zah­lung des LAz­Ko. Knapp beschrie­ben: Ich habe acht Jah­re lang mehr oder min­der frei­wil­lig zwei Stun­den mehr gear­bei­tet, als es mein Depu­tat erfor­dern wür­de und damit 16 „Jah­res­stun­den“ ange­sam­melt. Der Dienst­herr hät­te es ger­ne gese­hen, dass ich die­se Stun­den inner­halb von acht Jah­ren abbaue (jeweils zwei Stun­den pro Jahr) – es gab vor dem Dop­pel­jahr­gang sogar ein­mal Zei­ten, in denen der Dienst­herr die Rück­zah­lung am liebs­ten auf einen Zeit­punkt unmit­tel­bar vor der Pen­sio­nie­rung ver­scho­ben hät­te. Die meis­ten Kol­le­gIn­nen fol­gen dem ursprüng­li­chen Wunsch des Dienst­her­ren, der für die­se Treue noch ein­mal 10% „Ver­zin­sung“ drauf­legt (ich könn­te also neun Jah­re lang zwei Stun­den abfei­ern). Eini­ge Kol­le­gen las­sen sich das LAz­Ko aus­zah­len – das lohnt sich jedoch eigent­lich nur für Teil­zeit­kräf­te, da Voll­zeit­kräf­te ledig­lich den Stun­den­satz nach der Mehr­ar­beits­ver­gü­tung erhal­ten, wäh­rend Teil­zeit­kräf­te so behan­delt wer­den, als hät­ten sie – bezo­gen auf mei­nen Fall – ein Jahr 16 Stun­den vol­len Dienst getan, das ist dann schon Geld.

Ich neh­me mei­ne ange­sam­mel­ten Stun­den am Stück inner­halb von zwei Jah­ren unter Ver­zicht auf jed­we­de „Ver­zin­sung“. Zusam­men mit mei­ner acht­stün­di­gen Abord­nung ans NLQ unter­rich­te ich dann für zwei Jah­re nur noch 8–10 Stun­den. Mir war wich­tig, eine deut­li­che Ent­las­tung zu spü­ren – zwei Stun­den pro Woche gehen eigent­lich in Spring­stun­den unter. Das hat zum einem deut­li­che pri­va­te Grün­de, zum ande­ren bie­tet es mir Raum, um noch eine paar Din­ge aus­zu­pro­bie­ren und offe­ne Fra­ge zu klären.

Din­ge, die ich pro­bie­ren möch­te, sind:

  • ganz viel Pri­va­tes, nicht netzkompatibles
  • Prak­ti­ka an ande­ren Schul­for­men, vor allem an einer Haupt­schu­le – das steht auch schon mehr oder weniger
  • Unter­richt nach grund­sätz­lich ande­ren Prin­zi­pi­en ‑nach den Feri­en wird unse­re Schul­bi­blio­thek so aus­ge­stat­tet sein, dass völ­lig ande­re Lern­ar­ran­ge­ments mög­lich wer­den (zur­zeit lieb­äug­le ich mit Jena­plan)
  • Aus­lo­tung der Umset­zungs­mög­lich­kei­ten von Pro­jek­ten wie die­sem. Die Rah­men­pa­ra­me­ter vor Ort sind dafür gar nicht so schlecht
  • gemach­te Zusa­gen ein­hal­tem, z.B. gegen­über der ZUM.

Fra­gen, die für mich zu klä­ren sind:

  • Wel­che Zukunfts­per­spek­ti­ven bie­tet mir mei­ne momen­ta­ne Schule?
  • Bie­tet mir das Sys­tem Schu­le aus­rei­chen­de Per­spek­ti­ven für den Rest mei­nes Arbeitslebens?
  • Sind Schul­lei­tungs­auf­ga­ben etwas, was mich rei­zen könnte?
  • Sind Schul­lei­tungs­auf­ga­ben sinn­voll an der eige­nen Schu­le wahrzunehmen?
  • Müs­sen klas­si­sche Schul­lei­tungs­auf­ga­ben zwin­gend mit einem Amt ver­knüpft sein oder rei­chen dafür auch Entlastungsstunden?
  • Ist mit­tel­fris­tig Bera­tung als „Sys­tem­ken­ner“ etwas für mich?
  • Und: Wie erset­ze ich mit­tel­fris­tig den durch die sich aus­wei­ten­de Euro­kri­se zu erwar­ten­den Ver­dienst­aus­fall von ca. 20–25%? (die Fra­ge mag heu­te skur­ril wir­ken, aber in mei­nen Augen nicht unrealistisch)

Für einen Außen­ste­hen­den mag sich das Gan­ze viel­leicht etwas ambi­tio­niert anhö­ren. Dazu muss man aber wis­sen, dass vie­les in mei­nem Berufs­le­ben sehr eng ver­zahnt ist. Durch die Zusam­men­ar­beit mit Schul­lei­tern, Schul­trä­gern und vie­len Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen erge­ben sich unglaub­li­che Syn­er­gi­e­ffek­te. Ich baue und bera­te pri­mär noch tech­ni­sche Netz­wer­ke – mehr und mehr jedoch auch sozia­le hier in der Regi­on. Das ist nicht immer nur Zucker, aber den­noch sehr span­nend und lehr­reich. Scha­de ist, dass die über­re­gio­na­le Ver­netz­umg über das Inter­net bei mir eigent­lich ziem­lich an Bedeu­tung ver­lo­ren hat – da wür­de ich ger­ne irgend­wann nachjustieren.

Medien in der Schule vorhalten

Es gibt sie noch. Die Rega­le mit den Video­kas­set­ten aus grau­er Vor­zeit, die immer wie­der uner­laubt im Unter­richt her­hal­ten müs­sen, wenn es um das Zei­gen vor­geb­lich legen­dä­rer Ver­fil­mun­gen lite­ra­ri­scher Klein­ode geht um eigent­lich nur bewei­sen zu kön­nen, dass der Film eh nicht an das Ori­gi­nal her­an­kommt – stimmt ja auch: Die Hälf­te des Films ist durch Bild­stö­run­gen und Ton­aus­set­zer sowie­so nicht zu sehen.

www.ml-media.martinlietz.de / pixelio.de

Dann kam die DVD. End­lich ohne Schwie­rig­kei­ten zu bestimm­ten Kapi­teln sprin­gen oder sogar Wie­der­ho­lungs­schlei­fen pro­gram­mie­ren. Das Inter­face des DVD-Play­ers sah auch ähn­lich aus wie das des VHS-Rekor­ders und der Fern­se­her dar­über ist noch ein Fern­se­her – kennt man also. Dumm nur, dass extern gela­ger­te Sicher­heits­ko­pien von Ori­gi­nal-CDs, natür­lich mit allen Vor­führ­rech­ten, in stun­den­lan­ger Klein­ar­beit am hei­mi­schen PC gefer­tigt, in man­chen Play­ern ein­fach nicht lau­fen woll­ten. DVD‑R, DVD+R, DVD-RW, DVD+RW, DVD-RAM – frisst er es oder frisst er es nicht?  Film oder Stil­l­ar­beit – das ist hier die Frage!

Wäre es nicht schön…

  • … wenn ich frei wäh­len könn­te, mit wel­chem Gerät ich eine Datei abspiele?
  • … wenn unter­schied­li­che Gerä­te zur Wie­der­ga­be in einer Schu­le zur Ver­fü­gung stünden?
  • … wenn ich mei­ne Datei­en auch mit ande­ren tei­len könnte?
  • … wenn ande­re gleich­zei­tig zeit­ver­setzt die glei­che Datei abspie­len könnten?
  • … wenn ich das Inter­face vor­ge­be und nicht so eine blö­der, lang­haa­ri­ger Administrator?

Mit digi­ta­len Medi­en geht das erst­mal prin­zi­pi­ell. Man braucht aber immer sowas wie einen Com­pu­ter für die Wie­der­ga­be. Dabei funk­tio­niert das mit den DVD-Play­ern doch ganz gut.

DLNA als Lösungsansatz

DLNA (manch­mal auch upnp) ist eine klas­si­sche Midd­le­wa­re­lö­sung: Ein Ser­ver küm­mert sich um das Auf­fin­den und Indi­zie­ren von Medi­en und kom­mu­ni­ziert mit ver­schie­de­nen End­ge­rä­ten, Pro­gram­men oder Apps („Cli­ents“) z.B.

  • ein Note­book mit Win­dows Media Player
  • ein Handy/Tablet mit ent­spre­chen­der App
  • ein Bea­mer mit ein­ge­bau­tem DLNA-Client
  • ein Flach­bild­fern­se­her
  • eine Strea­ming­box, z.B. eine WD-Live

Nicht umsonst habe ich exem­pla­risch auf eine WD-Live ver­wie­sen: Man kann so eine Kis­te ein­fach mit in den Fern­seh­wa­gen packen, sie fühlt sich an wie ein grö­ßen­wahn­sin­ni­ger SAT-Recei­ver, den man von zu Hau­se kennt (und meist bedie­nen kann, da Fern­se­hen ja eine weit ver­brei­te­te Kul­tur­tech­nik darstellt).

Mit DLNA steu­ern nerdi­ge Men­schen schon heu­te ihre Hifi-Kom­po­nen­ten z.B. vom iPad aus, da DLNA auch die Steue­rung von Play­ern („Ren­de­rern“) über das Netz­werk zulässt. Man kann die Fern­be­die­nung der Strea­ming­box oder das eige­ne Han­dy neh­men – ganz nach Wunsch und Gewohnheit.

Sehr vie­le Gerä­te sind DLNA-fähig, z.B. bestimm­te exter­ne Fest­plat­ten, sodass man sich um die Kon­fi­gu­ra­ti­on nicht zu küm­mern braucht: Die Plat­te (nach­voll­zieh­ba­re Ord­ner­struk­tur vor­aus­ge­setzt) mit Medi­en befül­len, ins Schul­netz­werk ein­bin­den und schon kann es losgehen.

DLNA-Ser­ver sen­den per UDP. Es ist ihnen schnurz­pie­pe, ob die Daten auf der Gegen­sei­te ankom­men, weil Strea­ming nun­mal zeit­kri­tisch ist und Feh­ler­kor­rek­tur da nur stört oder das gan­ze Medi­um dann stockt – kennt man von You­Tube-Vide­os bei schma­ler Anbindung.

DLNA-Ser­ver selbst gemacht

Medi­atomb ist ein frei­er DLNA-Ser­ver, der oft zum Ein­satz kommt. Er lässt sich auf allen Debi­an­de­ri­va­ten (auch bei IServ…) mit einem

apt-get install mediatomb

auf die Plat­te holen und funk­tio­niert dann auch schon „out-of-the-box“. Das Web­in­ter­face des Ser­vers ist unter dem Port 49152 zu errei­chen (muss ggf. noch akti­viert wer­den, s.u.) und sieht dann so aus:

Ein Klick oben auf „File­sys­tem“ ermög­licht das Brow­sen durch das Datei­sys­tem des Ser­vers. In die­sem Bei­spiel lie­gen die Medi­en­da­tei­en unter /home/musik. Ein Klick auf das Plus­zei­chen oben rechts sorgt dafür, dass nun die Medi­en des selek­tier­ten Ord­ners in den Kata­log des Medi­en­ser­vers auf­ge­nom­men wer­den. Man kann das auch auto­ma­ti­sie­ren und einen Ord­ner regel­mä­ßig scan­nen las­sen. Dabei liest Medi­atomb natür­lich auch ID-Tags aus und stellt so zusätz­li­che Sor­tier­funk­tio­nen, etwa nach Inter­pret oder Titel bereit. Für unse­re Lösung an der Schu­le habe ich noch fol­gen­de Ver­än­de­run­gen an der Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei vor­ge­nom­men, die man bei Debi­an­de­ri­va­ten unter

/etc/mediatomb/config.xml

fin­det:

    <ui enab­led=„yes“ show-tooltips=„yes“>
      <accounts enab­led=„yes“ session-timeout=„30“>
        <account user=„medi­atomb“ pass­word=„geheim“/>
      </accounts>
    </ui>
    <name>Medi­aTomb</name>

Unter <ui> wird die Ober­flä­che ein­ge­schal­tet, der Pass­wort­schutz für das Web­in­ter­face akti­viert und ein Name fest­ge­legt, mit dem sich der Ser­ver beim Cli­ent meldet.

<import hidden-files=„no“>
    <filesystem-charset>UTF‑8</filesystem-charset>
    <metadata-charset>UTF‑8</metadata-charset>

Etwas wei­ter unten sor­gen zwei zusätz­li­che Ein­trä­ge dafür, dass Umlau­te und Son­der­zei­chen kor­rekt umge­setzt und an den Cli­ent wei­ter­ge­ge­ben werden.

Wenn man auf einem IServ medi­atomb in einem belie­bi­gen Grup­pen­ver­zeich­nis suchen lässt (bes­ser ist aller­dings eine eige­ne VM oder ein eige­ner phy­si­ka­li­scher Medi­en­ser­ver), kann ich z.B. abends eine Datei ins Schul­netz­werk hoch­la­den, die dann im gesam­ten Netz­werk von belie­bi­gen DLNA-fähi­gen Gerä­ten genutzt wer­den kann – ganz automatisch.

Ja, gibt’s denn dafür nicht das Internet?

Jein. In Nie­der­sach­sen sind vie­le sehr vie­le Medi­en inkl. Schul­funk­sen­dun­gen Lan­des­li­zen­zen erwor­ben wor­den, die nur inner­halb des Schul­net­zes wei­ter­ver­brei­tet wer­den dür­fen. Wei­ter­hin kann ich not­wen­di­ge Band­brei­ten inner­halb des Schul­net­zes um den Fak­tor 10–20 güns­ti­ger garan­tie­ren als über UMTS/LTE und Co. Ich fin­de den Gedan­ken reiz­voll, dass ich auch SuS eine Datei zen­tral nur Ver­fü­gung stel­len kann, die sie dann in ihrem Tem­po mit z.B. dem eige­nen Han­dy nut­zen kön­nen – ein­fach durch eine kur­ze Navi­ga­ti­on im DLNA-Cli­ent, so lan­ge sie im Schul­netz ein­ge­bucht sind. Nicht zu ver­ach­ten fin­de ich, dass jemand, der von einem Video­re­kor­der kommt, sich bei einer Strea­ming­box weit weni­ger umstel­len muss als bei z.B. einer Rech­ner-/Bea­mer­kom­bi­na­ti­on – es ist auch eine Fern­be­die­nung mit Play/Stop/RW/FF/Pause. Die Viel­zahl der ver­wend­ba­ren End­ge­rä­te und Ober­flä­chen (Apps) dürf­te jedem etwas bieten.

Nach­tei­le

DLNA ist für den Con­su­mer­be­reich kon­zi­piert, d.h. es soll­te schnell und unkom­pli­ziert lau­fen. Daher bringt DLNA kei­ne Nut­zer­ver­wal­tung mit. Jeder im Netz­werk kann mit dem DLNA-Ser­ver kom­mu­ni­zie­ren, der des­halb immer auf einer sepa­ra­ten Maschi­ne lau­fen soll­te. Akti­ve Ren­de­rer kön­nen von jedem Cli­ent aus gesteu­ert wer­den: Ich kann als Schü­ler sehen, dass auf dem Fern­se­her im Gebäu­de x gera­de Film y läuft und die­sen stop­pen oder gar durch einen ande­ren Film vom Medi­en­ser­ver erset­zen. Das lässt sich aber mit Fire­wall- und Rou­ting­ein­stel­lun­gen in den Griff bekom­men – oder durch päd­ago­gi­sche Ver­ein­ba­run­gen lösen.

BYOD – Gedankensplitter

Die Situa­ti­on:

  • es gibt Han­dys an Schu­len, die von SuS mit­ge­bracht werden
  • die Han­dys unter­schei­den sich stark in ihrer Funk­tio­na­li­tät und Ver­trags­mo­da­li­tä­ten ent­spre­chend des sozia­len Sta­tus der Elternhäuser
  • nicht alle SuS ver­fü­gen über ein Han­dy, wel­ches inter­net­fä­hig ist
  • in der Regel ist die Ver­wen­dung auf dem Schul­ge­län­de per Haus­ord­nung untersagt
  • die Regel wird nicht ein­ge­hal­ten und ist kaum durchzusetzen
  • es lan­den Fotos, Film­do­ku­men­te usw. aus der Schu­le in sozia­len Netzwerken
  • bei Cyber­mo­bing spie­len digi­ta­le End­ge­rä­te eine Schlüsselrolle
  • das schu­li­sche WLAN steht SuS in der Regel nicht offen

Per­sön­li­che Gedanken:

Die posi­ti­ven Aspek­te der Ver­wen­dung von Han­dys im Unter­richt sind nicht nach­ge­wie­sen. Jubel­schreie und Erfolgs­mel­dun­gen im Inter­net zei­gen kei­ne Pro­duk­te im Ver­gleich zu Pro­duk­ten klas­si­scher Lern­ar­ran­ge­ments, son­dern besit­zen in der Regel einen tech­no­iden Fokus, z.B. den „Bild­schirm­in­halt des iPads an einen Bea­mer über­tra­gen“, Appemp­feh­lun­gen, Admi­nis­tra­ti­ons­er­leich­te­run­gen, Datei­ex­port aus dem Tablet (Sei­ten­hieb: der ohne exter­ne Diens­te nicht fun­kio­niert). Es gibt ers­te, zöger­li­che Vor­rei­ter auf die­sem Gebiet. Ich mei­ne aber zu erken­nen, dass wesent­li­che Effek­te nicht mit iDin­gens, son­dern in der Kom­bi­na­tio­nen von iDin­gens mit kol­la­bo­ra­ti­ven Web2.0‑Tools erzielt wer­den. Fin­de ich alles wich­tig und gut – es hat aber nichts, bzw. für mich noch viel zu wenig mit Unterichts­qua­li­tät zu tun.

Die Zukunft

  • mobi­le End­ge­rä­te wer­den in der Gesell­schaft mehr und mehr zur Selbst­ver­ständ­lich­keit werden
  • andro­id­be­trie­be­ne Gerä­te ermög­li­chen den Bau güns­ti­ge­rer Devices und damit den Zugang von mehr Men­schen zur digi­ta­len Welt
  • für mich ist es eine Fra­ge der Zeit, bis ein gene­rel­les Han­dy­ver­bot an Schu­len von Ver­wal­tungs­ge­rich­ten kas­siert wird (sogar in Bay­ern). Das wird über (Großstadt-)Elternrechte laufen.

Reak­ti­ons­op­tio­nen

Man kann sagen: „Das ist alles so schreck­lich. Wir reden nie mehr mit­ein­an­der, son­dern kom­mu­ni­zie­ren bald nur noch über Face­book & Co. Ich als Leh­rer bin bald Frei­wild und muss mich immer und über­all fil­men und foto­gra­fie­ren las­sen. Die Welt is schlecht“ - das kann man alles sagen. Ori­gi­nal­zi­tat aus dm Leh­rer­zim­mer ges­tern: „Du kannst den Pira­ten ja nicht nahe­ste­hen, du redest ja noch mit uns.

Ich habe auf dem letz­ten Modul mei­nes Trai­ner-Trai­nings etwas erprobt. Die Grund­idee besteht dar­in, zu sagen: „Ja. Es gibt Han­dys. Ja. Die Ver­brei­tung die­ser Gerä­te wird zuneh­men. Ja. Wir wer­den das Zeug bald nicht mehr ver­bie­ten dürfen.“

Ich möch­te ger­ne einen Ver­trag mit Schü­lern, Eltern und Lehr­kräf­ten erar­bei­ten, der wesent­li­che Din­ge der Nut­zung digi­ta­ler End­ge­rä­te an der Schu­le regelt und in einer Art „Fest­akt“ von allen Betei­lig­ten Gre­mi­en unter­schrie­ben wird. Wer an der Schu­le ein Gerät ein­schal­tet, erkennt damit den Ver­trag an. So ein Ver­trag kann:

  1. Regeln, wann und wie die Nut­zung digi­ta­ler Gerä­te erwünscht ist
  2. Wel­che Kon­se­quen­zen bei Fehl­ver­hal­ten ein­tre­ten (SuS könn­ten bei der Art der Kon­se­quenz natür­lich mitbestimmen)
  3. Über­le­gun­gen dazu anstel­len, inwie­weit sol­che Gerä­te dann auch in der Schu­le ver­si­chert sind, wenn sie als „Unter­richts­mit­tel“ zuge­las­sen werden
  4. In der Ver­hand­lungs­pha­se ein Bewusst­sein für die Ängs­te und Chan­cen schaf­fen, die mit die­sen Gerä­ten ver­bun­den sind.
  5. Eine päd­ago­gi­sche und kei­ne recht­li­che Dis­kus­si­ons­grund­la­ge im Fal­le von Grenz­über­schrei­tun­gen ermöglichen
  6. Bis­her demo­kra­ti­sche gemein­te Struk­tu­ren real­de­mo­kra­tisch an Schul­ent­wick­lung betei­li­gen – des­we­gen soll­te es schon ernst gemeint und kein Fei­gen­blatt zum Trans­port der aus­schließ­li­chen Bedürf­nis­se von Lehr­kräf­ten sein
  7. Ein­bli­cke in poli­ti­sche Arbeit geben
  8. Die Schu­le in der Öffent­lich­keit als „modern“ daste­hen lassen
  9. […]

Nein, ein sol­cher Ver­trag ist nicht recht­lich bin­dend. Aber dar­um geht es ja auch gar nicht. Es geht dar­um, mit einem nicht durch­setz­ba­ren, recht­li­chen Rah­men päd­ago­gisch umzu­ge­hen. Ich wür­de da auch kei­nen Juris­ten heranlassen.

Ich selbst…

… baue ja ein WLAN für unse­re Schu­le auf. Ich habe das Glück, über eine Schul­ser­ver­lö­sung zu ver­fü­gen, mit der ich Schrit­te gehen kann zwi­schen: „Kei­ner darf!“ und „Jeder darf sofort alles!“. Das Bedürf­nis nach einem offe­nen WLAN mag für den moder­nen Web2.0‑Lehrer zwar indi­vi­du­ell groß sein – wenn das Sys­tem aber ggf. eigen­mäch­ti­ge „Öff­nun­gen“ im Fal­le von Miss­brauch nicht auf­fan­gen kann, ist u.U. Erde für Jah­re ver­brannt. Ich habe vor, fol­gen­de Schrit­te zu gehen:

  1. Offe­nes WLAN für Lehr­kräf­te und Schul­ge­rä­te in mög­lichst allen Gebäudeteilen
  2. Zugriff auf das Intra­net der Schu­le für Schü­ler mit Anmel­dung an einem Hotspot
  3. Frei­ga­be weni­ger aus­ge­wähl­ter Sei­ten für Schüler
  4. Prin­zi­pi­el­le Frei­schal­tung des Inter­net in bestimm­ten Gebäu­de­tei­len für SuS. Dabei kann die Lehr­kraft bestim­men, wel­cher Schü­ler­ac­ces­s­point ein- oder abge­schal­tet wird.
  5. Einen Ver­trag aushandeln
  6. Das WLAN gene­rell öffnen

WLAN-Planungen in der Schule

Plant man ein WLAN in der Schu­le, so hat man meh­re­re Mög­lich­kei­ten. Dabei set­ze ich ein­mal vor­aus, dass grund­sätz­li­che Funk­tio­nen, z.B. eine zen­tra­le War­tung (alle Acces­s­points zeit­ge­steu­ert deaktivieren/aktivieren, Gast­log­ins über z.B. Hot­spot­fä­hig­keit, mög­li­cher Auf­bau eines Mesh­net­zes – das ist übri­gens die Zukunft – usw.) umge­setzt wer­den. Außer­dem kal­ku­lie­re ich, dass irgend­wann zwi­schen 200–300 Gerä­te in die­sem Netz­werk gleich­zei­tig aktiv, d.h. nicht nur ange­mel­det sind.

Der Wunsch

Man lässt eine Fir­ma anrü­cken, die über ent­spre­chen­de Mess­tech­nik ver­fügt, um die gesam­te Schu­le aus­zu­leuch­ten. Auf die­se Wei­se ist rela­tiv schnell klar, wo wel­che Acces­s­points gesetzt wer­den müs­sen, um eine gute Abde­ckung zu errei­chen. Je nach Ergeb­nis des Mess­pro­to­kolls sind ggf. wei­te­re Instal­la­ti­ons­ar­bei­ten not­wen­dig. Nicht über­all lie­gen die erfor­der­li­chen Netz­werk­ka­bel und ggf. zusätz­li­che Strom­ver­sor­gun­gen. Ich bin übri­gens kein Freund von PoE-Lösun­gen, d.h. der Acces­s­point wird über das Netz­werk­ka­bel mit Strom ver­sorgt, da die dafür erfor­der­li­chen Swit­che nicht güns­tig sind und man sich eine mög­li­che Feh­ler­quel­le mehr auf das Netz­werk­ka­bel bringt. Ein schö­nes Nym-Kabel trans­por­tiert bis zu 3600 Watt und taugt dann auch für die Ver­sor­gung von Bea­mern, App­leTV oder sowas… Ein gute Fir­ma wird dann Busi­ness­ac­ces­s­points von Cis­co, Lan­com , Zyxel, Net­gear usw. set­zen. Die Ein­stiegs­klas­se fängt bei sol­chen Gerä­ten um die 300–400 Euro je Gerät an – dafür neh­men sie aber auch wirk­lich 90–100 Cli­ents in ihre Funk­zel­le auf und halten.

Je nach Grö­ße der Schu­le ist man recht flott bei 20–30.000 Euro – für ein gro­ßes Schul­zen­trum kön­nen es auch 50.000 Euro sein. Dafür hat man etwas Anstän­di­ges, um das man sich weder bei der Pla­nung noch bei der spä­te­ren War­tung groß­ar­tig küm­mern muss.Wenn man auf eine gute Doku­men­ta­ti­on ach­tet, kann man ggf. sogar die Fir­ma wech­seln, falls irgend­wann irgend­et­was nicht passt.

Die Rea­li­tät

  • Es gibt jen­seits grö­ße­rer Tech­no­lo­gie­zen­tren kaum Fir­men, die über ein ent­spre­chen­des Know-How ver­fü­gen, poten­ti­ell weit über 100 Gerä­te per WLAN zu ver­sor­gen. Sie ein­zu­flie­gen nützt nichts, da man immer noch Part­ner vor Ort für die War­tung braucht. Die Kos­ten für War­tungs­ver­trä­ge mit SLAs über­nimmt kaum ein Schul­trä­ger, weil das sei­ne finan­zi­el­le Mög­lich­kei­ten weit überschreitet.
  • Ab 20.000 Euro Inves­ti­ti­ons­kos­ten – teil­wei­se deut­lich dar­un­ter – muss man schon sehr gut begrün­den, wenn man so etwas gebaut haben möch­te. Zwi­schen Antrag und Rea­li­sie­rung wer­den Jah­re mit Tech­no­lo­gie­sprün­gen lie­gen, die die vor­lie­gen­de Pla­nung bald überholen.
  • Extern geplan­te Net­ze sind auf Zeit geplan­te Net­ze. Sie wer­den irgend­wann selbst von Tech­no­lo­gie­sprün­gen über­holt werden
  • Bei der Netz­werk­pla­nung sind oft meh­re­re Gewer­ke betei­ligt: Elek­tri­ker, Netz­werk­fir­men, Hard­ware­fir­men – oft passt hin­ter­her nix mehr zusam­men, kei­ner ist’s gewe­sen und Schuld hat immer der ande­re. Da es dann kei­ne Doku gibt, ver­ge­hen oft Stun­den, bis ein­fachs­te Pro­ble­me gelöst wer­den kön­nen – das fängt schon bei Pass­wör­tern für Kon­fi­gu­ra­ti­ons­ober­flä­chen an.
  • Als tech­nisch Ahnungs­lo­ser wird man die Zeit, die man sonst mit Bas­te­lei (und Lern­zu­wachs) ver­bracht hät­te, mit Tele­fo­nie­ren, Mah­nen, Hin­ter­her­lau­fen, Schimp­fen und Genervt­sein verbringen.

Unbe­ding­te Vor­aus­set­zung beim Auf­bau eines sol­chen Net­zes durch eine Fir­ma ist exter­ne Bera­tung. Die pro­jek­tiert ggf. auch kon­kre­te Pflich­ten­hef­te für die ein­zel­nen Gewer­ke und koor­di­niert wäh­rend der Bau­pha­se. Natür­lich sind da ent­spre­chen­de Stun­den­sät­ze zu kal­ku­lie­ren – aber das machen auch vie­le Haus­bau­er m.E. falsch: Der exter­ne Gut­ach­ter wird gespart, weil das Gut­ach­ten 3000–4000 Euro kos­tet. Bei einer ange­nom­me­nen Bau­sum­me von 200.000 Euro für ein EFH ist die­ser Betrag aber eher gering und spart unter Umstän­den durch Ver­mei­dung von Pla­nungs­feh­lern Nach­bes­se­run­gen, die schnell ein Viel­fa­ches der Kos­ten für einen Gut­ach­ter betragen.

Der Prag­ma­tis­mus

Der Prag­ma­tis­mus – vor allem der finan­zi­el­le – besteht dar­in, Din­ge selbst zu tun, die man selbst tun kann. Dazu gehö­ren nicht:

  • das Ver­le­gen von 230V-Lei­tun­gen und Set­zen von Steckdosen
  • das Durch­boh­ren von (Brandschutz-)Wänden zur Ver­le­gung von Netzwerkkabeln
  • die gemein­sa­me Ver­le­gun­gen von Netz­werk­ka­beln und 230V-Lei­tun­gen in einem Kanal (es gibt aber Kabel­ka­nä­le mit Trennsteg)

Vie­le Haus­meis­ter sind aber gelern­te Elek­tri­ker und wis­sen über die VDE-Nor­men Bescheid. Sie dür­fen in der Regel nicht selbst aktiv wer­den, kön­nen aber Arbei­ten von Fir­men kon­trol­lie­ren. Din­ge, die man selbst tun kann, beschrän­ken sich also dar­auf, bereits vor­han­de­ne Instal­la­tio­nen zu nut­zen. Ab Netz­werk- oder Steck­do­se darf man mit einem fer­tig gekauf­ten Gerät hantieren.

Kern mei­nes Han­tie­rens ist für mich zur­zeit die kos­ten­lo­se Rou­ter­dis­tri­bu­ti­on DD-WRT. Es han­delt sich um eine weit­ge­hend freie Firm­ware, also eine Art Betriebs­sys­tem für Rou­ter. Es wer­den unzäh­li­ge Model­le unter­stützt. Hier kann man schau­en, ob die vor­han­de­ne Hard­ware dazu­ge­hört. Das Schö­ne ist, dass DD-WRT auf jedem Rou­ter gleich aus­sieht – die Bedie­nung hängt also nicht mehr vom Typ des Rou­ters ab. Mit DD-WRT erhal­ten vie­le güns­ti­ge Rou­ter Funk­tio­nen, von denen wesent­lich teu­re­re Busi­ness-Acces­s­points träu­men – ich zäh­le hier mal die offen­sicht­lichs­ten auf:

  • an den Switch eines modi­fi­zier­ten Rou­ters kön­ne wei­ter Rou­ter ange­steckt wer­den (wei­te­rer WLAN-Ausbau)
  • der Rou­ter kann als Acces­s­point, als Repea­ter oder als Bridge kon­fi­gu­riert wer­den – das ist gera­de in schlecht aus­ge­bau­ten Alt­bau­ten von ful­mi­nan­ter Bedeutung
  • Man kann eine Hot­spot­funk­tio­na­li­tät wie an Unis oder Hotels rea­li­sie­ren (der IServ bringt übri­ges fast alles dafür schon mit)
  • Vie­le Rou­ter kön­nen mit DD-WRT zeit­ge­steu­ert wer­den, d.h. das WLAN ist z.B. nachts oder an Wochen­en­den inaktiv
  • usw.

DD-WRT ist sehr gut in Eng­lisch doku­men­tiert – auch deutsch­spra­chi­ge Foren gibt es. Für Linux­er ist es auch kein Pro­blem, eine Zeit­steue­rung für das WLAN zu inte­grie­ren. DD-WRT bringt eine Kon­so­le mit, über die man via Script den WLAN-Chip ein und aus­schal­ten kann. Ich habe dafür einen Cron­job auf unse­rem IServ erstellt, der das per Key-Auth auf fast jedem Rou­ter bei uns in der Schu­le erle­digt. Oder man kann den WLAN-Schlüs­sel für die gesam­te Schu­le zen­tral per Kon­so­le set­zen… Ich hal­te bei­des für einen Sicherheitsgewinn.

Ich habe zur­zeit zwei Gerä­te­ty­pen mit DD-WRT hier im Schul­netz im Ein­satz: Den Link­sys WRT54GL als Para­de­ver­tre­ter von Sta­bi­li­tät und Robust­heit und den TP-Link TL-WR1043ND, den man mehr als „jun­gen Wil­den“ bezeich­nen kann. Bei­de wer­den von DD-WRT gut unter­stützt, beim TP-Link muss man die Zeit­steue­rung per Kon­so­le nach­rüs­ten, wäh­rend sie beim WRT54G über die Ober­flä­che ein­ge­stellt wer­den kann. Bei­de fun­ken nur m 2,4Ghz-Band – die nächs­ten Rou­ter bei mir wer­den auf jeden Fall dual­band­fä­hig sein, also auch 5Ghz unter­stüt­zen. Der TP-Link funkt auch im N‑Modus und erreicht hier übli­che Über­tra­gungs­ge­schwin­dig­kei­ten von 65–107Mbit/s, wäh­rend der Link­sys auf maxi­mal 54Mbit/s kommt (G‑Standard).

Kon­fi­gu­ra­ti­ons­tipps:

  1. Web­ober­flä­che nur per HTTPS zugäng­lich machen und auch die Sta­tus­sei­te von DD-WRT mit einem Pass­wort schützen
  2. SSH-Zugriff nur über Key-Auth
  3. Alle Rou­ter einer Schu­le soll­ten unter einer ein­heit­lich SSID sen­den – dann klappt sogar „Han­do­ver“, bzw. man merkt nicht, dass man kurz­zei­tig beim AP-Wech­sel kei­ne IP hat. Ich kann fast durch das gan­ze Schul­ge­bäu­de lau­fen ohne die WLAN-Ver­bin­dung zu ver­lie­ren. Zudem ver­mei­den man bei uner­fah­re­nen Nut­zern, dass sie meh­re­re Netz­wer­ke ein­rich­ten müs­sen. Ist ein AP über­las­tet, sucht sich das Gerät zudem in der Regel einen ande­ren – wesent­lich(!) weni­ger Fra­gen von Benutzern…
  4. N‑Router soll­ten nur die AES-Ver­schlüs­se­lung zulas­sen, da TKIP nur für WLAN‑G spe­zi­fi­ziert ist und man so nicht die N‑typischen hohen Daten­ra­ten erhält
  5. Die Rou­ter soll­ten ihre exter­ne IP nach Mög­lich­keit per DHCP bekom­men, weil ich so zen­tral am DHCP-Ser­ver bestim­men kann, wer wel­che IP erhält
  6. Ein extrem wich­ti­ger Hel­fer beim Set­zen der Acces­s­points ist ein Han­dy mit einem WLAN-Ana­ly­zer. Den gibt es für alle gän­gi­gen Mobilplattformen.

Ande­res The­ma: Ist das mei­ne Aufgabe?

Nein. Aber wenn ich möch­te, dass mobi­les Ler­nen mög­lich wird, kann ich entweder:

  • dar­auf war­ten, dass sich die uner­müd­li­cher For­de­rer poli­tisch durch­set­zen, so dass der Schul­trä­ger zum Han­deln gezwun­gen wird. Lei­der sehe ich wenig Einig­keit dar­über, was denn der Stan­dard sein soll oder in wel­chem Bereich er sich bewegt.
  • heu­te etwas tun, um die bestehen­de Situa­ti­on kon­kret zu ver­bes­sern. Dazu bedarf es nichts außer der Bereit­schaft in die­sem tech­ni­schen Bereich zu ler­nen – das Wis­sen dazu ist im Netz.
  • bei­des kombinieren

Rea­li­tät ist, dass sich ein­zel­ne Leh­rer zur­zeit aus Not selbst etwas bas­teln, z.B. mit dem mit­ge­brach­ten Hot­spot. Das kann ich auch und habe es lang so gemacht. Es nützt dem Sys­tem Schu­le m.E. aber über­haupt nichts. Die Abhän­gig­kei­ten wer­den nur ande­re. Daten müs­sen irgend­wo lie­gen, um aus­ge­tauscht zu wer­den. Eine Schul­cloud fin­de ich sym­pa­thi­scher als Web2.0‑Dienste oder im bes­te Fall ange­mie­te­ten Webspace.

 

Barcamp vor 20 Jahren

Das Bar­camp als Unkon­fe­renz ken­ne ich vom Prin­zip her seit über 20 Jah­ren – das klingt ver­mes­sen. Die Struk­tur war auf unse­ren dama­li­gen Zelt­frei­zei­ten ein sehr fes­ter Bestand­teil. Die „Ses­si­ons“ hie­ßen dort bloß „Inter­es­sen­grup­pen“. Man traf sich mit einem Teil­neh­men­den und Mit­ar­bei­tern in einem gro­ßen Kreis und setz­te sich auf den Rasen. Danach konn­te jeder eine Inter­es­sens­grup­pe vor­stel­len – Teil­neh­men­de und Mit­ar­bei­ten­de glei­cher­ma­ßen. Eini­ge Vor­stel­lun­gen gelan­gen, eini­ge nicht. Zum Gelin­gen war es gut:

  • deut­lich und mit Prä­senz zu sprechen
  • etwas dabei­zu­ha­ben, was man pro­du­zie­ren wollte
  • eine Bezie­hung zwi­schen der inten­dier­ten Tätig­keit und dem Publi­kum herzustellen

Jeder „Ses­si­on­lei­ter“ bestimm­te einen Ort als Treff­punkt (das ist unter frei­em Him­mel auf einem gro­ßen Zelt­platz auch ohne Ses­si­onplan mög­lich) und dort­hin kamen dann Inter­es­sier­te oder auch nicht. Es gab Inter­es­sen­grup­pen, in denen musi­ziert, in denen gewerkt (Sil­ber­draht­bas­tel­ar­bei­ten bis Loch­ka­me­ra), gespielt, vor­ge­le­sen oder dis­ku­tiert wur­de. Wem  es wäh­rend der Ses­si­on zu lang­wei­lig wur­de, setz­te sich ab oder ging zu einer ande­ren. Die Pro­duk­te der Ses­si­on flos­sen nach und nach ins Frei­zeit­le­ben ein (z.B. Gesangs­vor­trä­ge am Lager­feu­er), waren an den Teil­neh­men­den selbst zu sehen (Schmink­ses­si­on), wur­den aus­ge­stellt oder, oder, oder… Wir hat­ten kei­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik. Aber es gab die ers­ten PCs mit Comic Sans als Schrift (für die Frei­zeit­zei­tungs­re­dak­ti­on). The­ma­tisch stand unser Bar­camp nicht unter einem Ober­be­griff. Aber es gab erfass­ba­re Pro­duk­te aus jeder Session.

Mir wird heu­te bewusst, dass wir dort Bil­dungs­ar­beit geleis­tet haben, die ihrer Zeit aus heu­ti­gem Blick­win­kel um zwei Jahr­zehn­te vor­aus war. Dis­zi­plin­pro­ble­me? Nun­ja – gab es. Aber auch genug Men­schen, die sich dann eben einen Tag Zeit neh­men konn­ten: Auf vier Teil­neh­mer kam ein Mit­ar­bei­ten­der. Sehr vie­le Kin­der fuh­ren auf Kos­ten des Sozi­al­am­tes mit. Wer das war, wuss­te kei­ner, weil es irrele­vant war. Viel­leicht ist alles viel ein­fa­cher als wir den­ken: Ein­fach mehr Zelt­frei­zeit an die Schu­len bringen.

PS:

Wir sag­ten irgend­wann nicht mehr „Zelt­la­ger“, „Kin­der­la­ger“ und „Jugend­la­ger“. Das lag an unse­ren Besu­chen in Auschwitz/Birkenau und war in unse­rer Mit­ar­bei­ter­grup­pe hef­tig umstrit­ten. Leu­te, die das umge­setzt haben woll­ten, hie­ßen spöt­tisch „Schweb­is“.

1 10 11 12 13 14 21